Gross, klein, braun, hautfarben, rund oder oval – Muttermale können ganz unterschiedlich aussehen. Dr. med. Hero P. D. Schnitzler, leitender Arzt des derma competence center in Zürich, erklärt, worauf man achtgeben sollte und wie eine Muttermalkontrolle abläuft.
Herr Schnitzler, jeder kennt sie: die Muttermale. Doch wissen nicht alle, wie sie entstehen. Können Sie dies kurz erklären?
Muttermale sind die Vermehrung und Anhäufung von Pigmentzellen (Melanozyten) in der Haut. Die Veranlagung dazu ist zum grössten Teil genetisch bedingt. Diese Pigmentzellen bilden den Farbstoff Melanin, welcher für die Hautfarbe und Haarfarbe verantwortlich ist. Durch UV-Strahlung wird der Farbstoff vermehrt produziert und in die umgebenen Zellen abgegeben – die Haut wird braun. Durch Zellnester mit einer hohen Ansammlung an Melanozyten grenzen sich die Male farblich ab und treten so auf der Haut und den Schleimhäuten auf. Die Palette reicht von hautfarben, rötlich, braun bis hin zu schwarzbraun.
Sie haben gesagt, dass Muttermale zum grössten Teil genetisch bedingt sind. Gibt es weitere Faktoren?
Manche Muttermale sind bereits bei der Geburt vorhanden (kongenitale Nävi) oder entstehen in der ersten Zeit danach. Die meisten Muttermale zeigen sich aber erst im Laufe des Lebens. Trotzdem ist ihre Entstehung meistens genetisch vorgegeben – die Anzahl ist von Person zu Person verschieden und vom Hauttyp abhängig. Aber auch äussere Faktoren, wie UV-Strahlung, können zu ihrer Entstehung beitragen. Gerade durch UV-Exposition der Haut im Kindesalter, kann sich die Anzahl der erworbenen Muttermale erhöhen. Auch ist es möglich und wichtig zu wissen, dass sich die Male verändern, und zwar nicht immer zum «Guten».
Gibt es verschiedene Arten oder Klassifizierungen von Muttermalen?
Ärztinnen und Ärzte unterscheiden viele unterschiedliche Muttermale. Diese Unterscheidungen stützen sich auf Farbe, Form und die Zellen, aus denen die Muttermale hervorgehen, sowie die Stelle, wo die Zellnester in der Haut liegen. So kann die Grösse von wenigen Millimetern über einige Zentimeter bis hin zu grossflächigen, ganze Körperpartien betreffende, reichen. Muttermale können in ihrer Ausprägung sehr unterschiedlich sein: flach oder erhaben, mit glatter oder unregelmässiger Oberfläche, und es können sogar Haare aus ihnen spriessen. Muttermale können sich im Laufe des Lebens verändern. Beispielsweise werden angeborene Muttermale teils durch das Körperwachstum grösser, andere werden mit zunehmendem Alter heller.
Woran erkennt man ein verdächtiges Muttermal und worauf sollte man besonders achtgeben?
Um einen ersten Eindruck zu gewinnen, ob ein Muttermal gefährlich sein könnte, bietet sich die einfach zu Hause anzuwendende ABCDE-Regel für den Betroffenen an:
- A: Asymmetrie – Flecken, die nicht gleichmässig rund oder oval sind, gelten als auffällig.
- B: Begrenzung – Die Begrenzung des Muttermals sollte scharf sein. Bei einer verwaschenen Begrenzung ist dagegen Vorsicht geboten.
- C: Color – Weist das Muttermal mehrere Farbtöne auf, sollte es vom Hautarzt kontrolliert werden.
- D: Durchmesser – Muttermale, die grösser als fünf Millimeter sind, sollten beobachtet werden.
- E: Entwicklung – Besondere Beachtung sollte Muttermalen geschenkt werden, die sich in einem der vier genannten Punkte verändern.
Bestimmte Muttermale, die sogenannten atypischen Nävi, sehen anders aus als «gewöhnliche» Muttermale. Besonders die Nävi gilt es zu entdecken und regelmässig durch einen Facharzt untersuchen zu lassen. Wie zum Beispiel im derma competence center in Zürich Enge, der Hautarztpraxis des Dermatologen Dr. med Hero Schnitzler.
Wann ist es sinnvoll, ein Muttermal beim Spezialisten abklären zu lassen?
Hat man besonders viele Muttermale (etwa über 40 Stück), wenn es scheint, dass die Muttermale sich verändert haben oder wenn ein verdächtiges Muttermal (ABCDE-Regel) entdeckt wurde, sollte man umgehend einen Hautarzt aufzusuchen. Denn wird Hautkrebs in einem frühen Stadium erkannt, betragen die Heilungschancen nahezu 100 Prozent. Zudem sollte man auch einen Hautarzt aufsuchen, wenn man ein Muttermal aufgekratzt hat oder wenn ein Muttermal schmerzt, nässt oder blutet.
Wie läuft eine Muttermalkontrolle ab und was passiert, wenn es sich um ein bösartiges Mal handelt?
Bei einer routinemässigen Hautkrebsvorsorge oder Muttermalkontrolle schaut sich der Dermatologe die Haut von Kopf bis Fuss genau an. Er schaut sich die hautnahen Schleimhäute ebenfalls an, und auch die Kopfhaut wird inspiziert. Dies kann beim liegenden Patienten, aber auch wenn der Patient steht, gut durchgeführt werden. Werden mit blossem Auge auffällige bzw. verdächtige Muttermale entdeckt, erfolgt die genauere Beurteilung durch das Dermatoskop. Dies ist eine spezielle Lupe für Hautärzte.
Was wird mit der digitalen Dermatoskopie festgestellt?
Anhand des dermatoskopischen Bildes legt der Hautarzt fest, ob es ausreicht, das Muttermal mithilfe einer digitalen Demoskopie zu fotodokumentieren und erneut nach ein paar Monaten zu kontrollieren oder ob das verdächtige Muttermal sicherheitshalber entfernt werden sollte. Verdächtige Muttermale sollten chirurgisch entfernt und zur genauen Analyse an ein Speziallabor gesendet werden. Dort wird die Probe histologisch untersucht, um zweifelsfrei festzustellen, dass es sich nicht um Hautkrebs handelt.
Was ist die digitale Dermatoskopie?
Als digitale Dermatoskopie bezeichnet man die digitale Aufnahme des Bildes, welches der Dermatologe durch seine Speziallupe, dem Dermatoskop, sieht. Das digitale Dermatoskop ermöglicht das Fotografieren, Markieren, Speichern und Übertragen von dermatoskopischen Aufnahmen. Anhand der digitalen dermatoskopischen Bilder können selbst kleinste Veränderungen des Muttermals entdeckt und festgestellt werden. Sie helfen, eine bösartige Veränderung frühestmöglich zu erkennen und die entsprechenden Massnahmen einzuleiten. Es gibt verschiedene Hersteller von digitaler Dermatoskopie, die sich in ihrer Qualität nicht gross unterscheiden. Wichtig ist aber, dass diese Art der modernen Diagnostik bei einem Hautcheck zur Verfügung stehen sollte und zur Anwendung kommt. Dies ist heutzutage Standard.
Viele haben Angst davor, sich ein Muttermal entfernen zu lassen. Was wird beim Eingriff genau gemacht und wie schmerzhaft ist er?
Muttermale sollten nur entfernt werden, wenn sie von einem Hautfacharzt, einem Dermatologen, als kritisch eingestuft werden. Das prophylaktische Entfernen von Muttermalen ist heutzutage obsolet. Verdächtigt der Dermatologe ein Muttermal, bösartig zu sein, kann es ohne grossen Aufwand ambulant entfernt werden. Normalerweise kommt der Patient zu dem geplanten Termin in die Praxis. Er wird dann in den Eingriffsraum gebracht und so auf die Eingriffsliege positioniert, dass das Muttermal gut zugänglich ist. Nach der ersten Desinfektion des Eingriffsgebietes wird dieses mithilfe einer Lokalanästhesie (ähnlich der Spritze beim Zahnarzt) unempfindlich gemacht. Dabei kommt es zu einem kleinen Piks und gelegentlich zu einem leichten Brennen.
Wie geht es weiter?
Anschliessend wird das Muttermal mit einem Skalpell oder einem runden Messer (Punch) entfernt. Die Wunde wird dann mit wenigen Stichen genäht und ein Verband appliziert. Normalerweise kann der Patient im Anschluss daran seinen alltäglichen Gewohnheiten nachkommen – lediglich der Kontakt mit Wasser, starkes Schwitzen und Sport sind zu vermeiden. Nach 7 bis 14 Tagen, je nach Lokalisation, werden die Fäden entfernt. Leicht schmerzhaft ist dabei lediglich die Lokalanästhesie, und im Anschluss daran kann es zu leichten Wundschmerzen, ähnlich einer Schürfwunde, kommen.
Gibt es Lebensumstände, welche die Erscheinung von Muttermalen fördern?
Die Prädisposition, Muttermale zu bekommen, ist zum grössten Teil genetisch, also familiär, veranlagt. Dennoch kann bei einer vermehrten UV-Belastung der Haut, sei es durch das Freizeitverhalten oder im Rahmen der beruflichen Tätigkeit, ein verstärktes Auftreten von Muttermalen beobachtet werden. UV- und Sonnenexposition fördert darüber hinaus auch das Auftreten von Hautkrebs. Zudem können in der Schwangerschaft Muttermale zunehmen.
Menschen mit vielen Muttermalen altern langsamer. Stimmt das?
Ob man dies so generell behaupten kann, ist noch nicht ausreichend erforscht. Aber britische Forscherinnen haben herausgefunden, dass zwischen dem Alterungsprozess und der Anzahl der Muttermale ein direkter Zusammenhang besteht: Wer bei dieser Studie mehr als 100 Muttermale hatte, alterte deutlich langsamer als andere. Dazu wurde hauptsächlich eine grössere Knochendichte und geringere Falten zur Beurteilung herangezogen. Den Grund für das langsamere Altern sehen die Forscher in den Chromosomen – den Bestandteile von Zellen, die für die Weitergabe der Erbinformation während der Zellteilung verantwortlich sind. Diese Chromosomen werden an ihren Enden durch sogenannte Telomere geschützt. Bei jeder Zellteilung verkürzen sich die Telomere, und die Länge gibt Aufschluss über das Alter eines Menschen. Je kürzer sie sind, umso älter wirkt der Mensch, unabhängig von seinem Lebensalter. Menschen mit vielen Muttermalen haben überdurchschnittlich lange Telomere. Es ist aber davon auszugehen, dass dies nur einige Faktoren sind, die das Lebensalter bestimmen. Auf diesem Gebiet ist noch viel Forschung nötig, um genaue Prognosen machen zu können.