Schnarchen ist weitverbreitet und kann zu weit mehr als einem genervten Partner führen. Welche gesundheitlichen Probleme dahinter stecken können und wann ein Arzt oder Schlafexperte aufgesucht werden sollte, erklärt der Somnologe Dr. phil. Daniel Brunner, zertifiziert in Schlafmedizin / Somnologie.
Herr Brunner, weshalb kommt es zum Schnarchen und wie entstehen die Geräusche?
Schnarchgeräusche entstehen mehrheitlich durch Schwingungen des weichen Gaumens, der das Halszäpfchen und die seitlich anliegenden Gaumenbögen umfasst. Beim Atmen gerät das schlaffe Gewebe des Gaumens (seltener des Zungengrundes) durch die Luftströmung im Rachen ins Flattern, ähnlich wie eine Fahne im Wind. Die Geräusche treten durch das Anschlagen des flatternden Gaumens an der Rachenwand oder der Zunge auf. Weil das Muskelgewebe im Schlaf erschlafft, kommt das Schnarchen im Schlaf viel schneller zustande als im Wachzustand.
Gibt es anatomische Voraussetzungen fürs Schnarchen?
Enge Platzverhältnisse im Rachen begünstigen das Schnarchen. Eine mächtige Zunge, grosse Gaumenmandeln, ein dicker Hals, ein kleiner Unterkiefer, ein hohes, spitzes Gaumendach und andere Kiefermerkmale zählen zu den Risikofaktoren. Auch Korrekturen der Zahnstellung bewirken manchmal eine Verformung und Verengungen des Rachenraums, weshalb diese unerwünschte Nebenwirkung berücksichtigt werden muss. Als häufigster Grund für enge obere Atemwege gilt aber das Übergewicht. Bei heftigem Schnarchen kommt es zudem infolge von Reibung und Reizung der Schleimhäute zu Rötungen und Schwellungen im Rachenraum, was die Schnarchneigung erhöht.
Stimmt es, dass Männer häufiger schnarchen als Frauen?
Zirka 50 Prozent der Männer schnarchen regelmässig, bei den Frauen sind es zirka 30 Prozent. Es sind die weiblichen Hormone, die vor dem Schnarchen schützen, denn mit der Abnahme der Oestrogenkonzentration in den Wechseljahren nimmt das Schnarchen auch bei den Frauen zu. Nach der Menopause schnarchen ebenfalls etwa 50 Prozent der Frauen. Das Schnarchen verstärkt sich bei beiden Geschlechtern mit zunehmendem Körpergewicht und wird im Alter wegen Veränderungen des Bindegewebes häufiger.
Wieso schnarchen Menschen häufiger, wenn sie Alkohol konsumiert haben?
Durch den Konsum von Alkohol wird die Muskelerschlaffung im Schlaf beschleunigt, wodurch das Schnarchen begünstigt wird. Unter Alkoholeinfluss verweilen viele Leute auch länger in Rückenlage, in der deutlich häufiger geschnarcht wird. Schlaf- und Beruhigungsmittel, Cannabis und Nikotin erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Schnarchen und Atemstörungen im Schlaf ebenfalls.
Kann Schnarchen die Gesundheit schädigen?
Das gutartige Schnarchen ist per Definition eine ungefährliche Geräuschbegleitung der Atmung. Ist das Schnarchen aber sehr laut und mit erhöhtem Atemwiderstand verbunden, hat es nicht nur Schlafstörungen des Bettpartners zur Folge, sondern kann auch Mikroverletzungen des Rachengewebes und vermehrte Weckreaktionen im Schlaf verursachen. Der Übergang vom Schnarchen zur obstruktiven Schlafapnoe ist fliessend. Das gutartige Schnarchen gilt auch als Vorstufe des krankhaften Schnarchens, welches mit wiederkehrenden Atempausen oder Einschränkungen des Atemflusses einhergeht.
Wann sollte ein Arzt aufgesucht werden?
Beim gutartigen Schnarchen ohne schlafbezogene Atemstörung erzeugt das lästige Geräusch hauptsächlich beim Bettpartner einen Leidensdruck. Der gestörte oder schlaflose Bettpartner ist in der überwiegenden Mehrheit die treibende Kraft für einen Arztbesuch. Auch beim Schnarcher selber steht der Wunsch im Vordergrund, den Bettpartner nicht länger zu stören. Nicht selten steht nämlich der Hausfrieden oder die Paarbeziehung auf dem Spiel. Eine Lösung für das Schnarchproblem suchen viele Paare vor ihren Hotelferien, weil dort das Ausweichen in ein anderes Zimmer nicht möglich ist. Bei Tagesmüdigkeit und weiteren Symptomen einer Atemstörung im Schlaf sollte ein Schlafapnoe-Screening oder eine Schlafberatung aufgesucht werden.
Gibt es Möglichkeiten, das Schnarchen loszuwerden?
Am wirksamsten sind die Massnahmen, die auch bei der Schlafapnoe angewendet werden. Eine garantierte Beseitigung des Schnarchens ermöglicht die Überdrucktherapie mit einem CPAP-Gerät. Durch die Materialfortschritte in den letzten Jahren wird diese Behandlung heute von den meisten Personen gut toleriert. Eine hohe Wirksamkeit gegen das Schnarchen haben Schnarch- oder Zahnspangen, die nachts den Unterkiefer in vorverschobener Position fixieren. Bei behinderter Nasenatmung kann ein Nasenspreizer, Nasenspray oder eine Nasenoperation gegen das Schnarchen helfen. Bei Übergewicht hilft eine Gewichtsreduktion und bei abendlicher Übermüdung eine echte Ruhezeit am Mittag. Tritt das Schnarchen nur in der Rückenlage auf, lässt es sich durch Vermeidung der Rückenlage unter Verwendung spezieller Hindernisse, Vesten, T-Shirts, Kissen etc. beseitigen. Schnarchoperationen im Nasen- und Rachenraum sollten nur nach einer sorgfältigen schlafmedizinischen Abklärung und durch einen in Schnarchtherapien erfahrenen Hals-Nasen-Ohren-Arzt durchgeführt werden.
Nasendusche, Gesichtsdampfbad oder Gurgeln mit Pfefferminzöl – was taugen solche Hausmittel und was halten Sie davon?
Diese Hausmittel helfen nur gegen leichtes Schnarchen und falls die verstopfte Nase bzw. die gereizten Rachenschleimhäute zum Schnarchen beitragen. Das Tragen von Ohrenpfropfen durch den gestörten Partner kann das Lärmempfinden lindern, ist aber psychoakustisch meist nicht genügend wirksam. Wichtiger sind der ernsthafte Behandlungswille und die fürsorgliche Bereitschaft der schnarchenden Person, dem schlafgestörten Partner aufrichtige Anteilnahme zu zeigen.
Schnarchen: Wenn die Schlafqualität leidet
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