Cholesterinwert zu hoch? Was der Experte sagt

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Quelle: TCS MyMed

Herr Dr. med. Markus Klink, Bereichsleiter Bewegungsapparat und Chefarzt Innere Medizin des Bethesda Spitals in Basel, zum Thema Cholesterin.

Herr Klink, wofür ist das Cholesterin in unserem Körper zuständig?
Cholesterin ist ein lebenswichtiger Baustoff im menschlichen Körper. Unter anderem benötigt der Körper dieses als Baustoff für Zellen, genauer für Zellmembranen (das Zellinnere umschliessende Hülle) und als Baustoff für verschiedene Hormone. Ausserdem ist es Ausgangsstoff für Gallensäuren, die wir zur Verdauung benötigen.

Man hört immer wieder von gutem und von schlechtem Cholesterin. Worin unterscheiden sich die Beiden?
Die Begriffe gutes und schlechtes Cholesterin sind irreführend. Grundsätzlich besteht das im Blut gemessene Cholesterin unter anderem aus den Bestandteilen HDL, LDL und VLDL. Dieses sind Komplexe von Cholesterin und Proteinen. Jedes dieser sogenannten Lipoproteine hat im Körper seine Funktion. Für die Risikoabschätzung der Arteriosklerose gilt hohes LDL als starker Risikofaktor, ein hohes HDL dagegen als eher schützend. HDL können in der Blutbahn überschüssiges Cholesterin aufnehmen und zum Abbau in die Leber transportieren. Ebenfalls zu den Blutfetten gehören die Triglyceride. Auch hier sind hohe Werte ungünstig, da beim Abbau ungünstige Lipoproteine entstehen können. Besser wäre also zu sagen hohe Werte für LDL und Triglyceride sind schädlich, höhere HDL Werte schützend.

Wie hoch sollte der Cholesterinwert sein und ab wann ist er zu hoch?
Das kommt ganz darauf an, ob die Werte einen gesunden Patienten oder einen Patienten der bereits Zeichen von einer Blutgefässverengung (Arteriosklerose) hat, betreffen. Erneut ist weniger das Gesamtcholesterin entscheidend, als vielmehr die Zusammensetzung. Oft wird ein Wert für das Gesamtcholesterin zwischen 5,2 und 6 mmol/l als Obergrenze angeben. Dieser Wert isoliert hat jedoch praktisch keine Bedeutung. Wichtiger ist das LDL, hier liegt in der Schweiz der Durchschnitt bei 3,4mmol/l und das Gesundheitsrisiko steigt etwa ab 4mmol/l an. Auch diese Grenze muss ganz im Kontext mit übrigen Risikofaktoren gesehen werden.

Gibt es Patienten oder Patientinnen, bei denen der Wert vom Durchschnitt abweichen sollte?
Wenn jemand bereits eine Erkrankung hat, die mit Arteriosklerose zusammenhängt (Herzkranzgefässerkrankung, periphere Durchblutungsstörung (Verengung der hirnversorgenden Gefässe) oder einen oder mehrere zusätzliche Gefässrisikofaktoren (Rauchen, hoher Blutdruck, Diabetes) noch einmal anders sieht es daher aus. Dann muss das Cholesterin und vor allem das LDL zum Schutz vor weiteren Schäden viel tiefer liegen. Den individuellen Zielwert kann hier der Hausarzt berechnen.

Wodurch steigt der Wert?
Der Cholesterinwert steigt durchschnittlich mit dem Lebensalter und auch dem Körpergewicht, genauer mit dem Körperfett. Auch eine ungünstige Ernährung kann zu höheren Cholesterinwerten führen. Ausserdem gibt es verschiedene genetische und familiäre Faktoren, die zu einem hohen Cholesterinwert führen können, sowie endokrinologische Erkrankungen (zum Beispiel Schilddrüsenfunktionsstörungen oder Diabetes).

Woran merken Betroffene, dass sie zu viel Cholesterin im Körper haben?
Leider merken Betroffene oft lange Zeit nichts vom hohen Cholesterin. Spürbar wird dies erst durch Folgeerkrankungen der Arteriosklerose. Selten sind Fetteinlagerungen in der Haut (Xanthome) oder Cholesterineinlagerungen an den Augenlidern (Xanthelasmen) als Zeichen für einen erhöhten Cholesterinwert zu sehen.

Was passiert, wenn der Cholesterinwert über längere Zeit zu hoch ist?
Über lange Zeit erhöhte Cholesterinwerte fördern die Ausbildung arteriosklerotischer Plaques, das heisst Ablagerungen in den arteriellen Blutgefässen, die das Lumen einengen und damit die Durchblutung einschränken. Im schlimmsten Fall kann das zu Herzinfarkt, Schlaganfall oder anderen Durchblutungsstörungen führen. Dies ist jedoch ein statistisches Risiko. Nicht jeder Mensch mit erhöhten Cholesterinwerten wird automatisch krank. Da spielen viele andere Faktoren ebenfalls eine Rolle.

Gibt es Lebensmittel, welche den Cholesterinwert senken?
Die direkte Senkung des Cholesterinwertes durch bestimmte Lebensmittel ist leider nicht so einfach und die dazu vorliegenden Daten nicht immer sehr guter Qualität. Einen positiven Einfluss können Avocado, Zitrusfrüchte, Baumnüsse, Äpfel, Olivenöl und Ingwer haben. Dann ist da noch der rote Reis (Rotschimmelreis, fermentierter Reis), der eigentlich ein Nahrungsergänzungsmittel ist und einen Bestandteil enthält, der pharmakologischen Lipidsenkern ähnlich ist. Die Anwendung sollten jedoch mit einem Arzt besprochen werden, da diese auch Nebenwirkungen haben kann.
Wichtig sind alle Ernährungsmassnahmen, die zu einer Normalisierung (meist Reduktion) des Körpergewichtes führen. Sehr gut dokumentiert ist der positive Einfluss einer ausgewogenen oder mediterranen Ernährung mit einem hohen Anteil an Fasern (Salat, Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte…), Fisch, ungesättigten Fettsäuren (z.B. Olivenöl, Rapsöl) und Omega-3-Fettsäuren. Diese helfen Folgen erhöhter Blutfettwerte zu mindern.

Kann der Wert auch zu niedrig sein?
Auf jeden Fall kann der Werte für das HDL zu niedrig und damit schädlich sein. Im Allgemeinen sind spontan tiefere Gesamtcholesterin- oder LDL-Cholesterinwerte, nach jetzigem Stand des Wissens, in einem recht weiten Bereich nach unten nicht gefährlich. In Einzelfällen können sehr tiefe Werte, vor allem bei älteren Patienten Ausdruck einer anderen Grundkrankheit sein. Ob jedoch unter einer Cholesterinsenkenden medikamentösen Therapie, extrem abgesenkte Werte (ein LDL unter 0,4mmol/l) längerfristig nicht schädlich ist, muss sich noch zeigen.

Was passiert bei einem zu tiefen Wert im Körper?
Auch das ist noch nicht abschliessend geklärt. Da Cholesterin ein wichtiger Baustein ist, sind negative Auswirkungen auf das Gehirn, das Immunsystem, die Knochen denkbar. Wir reden hierbei jedoch nicht von etwas tieferen Werten, sondern von extrem tiefen Werten, wie sie nur unter modernsten Lipidsenkenden Therapien erreicht werden. Dort werden folgende Studien zeigen, ob und wann der positive Effekt einer Reduktion der Arteriosklerose mögliche andere Risiken überwiegt.

Nebst der Ernährung, was kann man sonst tun, um einen gesunden Cholesterinwert zu halten?
Hier müssen wir immer das Gesamtpaket im Auge behalten. Was hilft zu besseren Werten und was hilft den negativen Einfluss erhöhter Werte auf die Blutgefässe zu minimieren. Bewegung ist hier das Zauberwort. Das hilft für bessere Werte, sinkendes Gewicht und gesündere Gefässe. Mindestens drei Mal pro Woche eine halbe Stunde intensivere Bewegung wie Radfahren, Joggen oder auch intensiveres Gehen sind ein gutes Mass. Das Ganze sollte nicht im Comfortbereich sein, sondern so, dass man ins Schwitzen kommen.

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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