Gallensteine: Einblicke in eine häufige Erkrankung – das Experteninterview

Gallensteine


Krankheiten

Quelle: TCS MyMed


Gallensteine sind nicht nur unangenehm, sie können auch zu allerlei Beschwerden führen. Dr. Erik Grossen, Leitender Arzt Chirurgie des See-Spitals in Horgen, erklärt, wie es zu Gallensteinen kommt und wie die Behandlung abläuft.

Herr Grossen, was sind Gallensteine und wie entstehen sie?
Gallensteine entstehen in der Gallenblase. Die Gallenblase ist ein kleines sackförmiges Organ im Bereich der Leber. Sie speichert Galle, eine Flüssigkeit, welche in der Verdauung eine Rolle spielt. Diese Flüssigkeit kann kristallartige Ablagerungen bilden, welche aus Cholesterin, Bilirubin (einem Abbauprodukt des Hämoglobins) und Kalzium bestehen. Bei einem Überschuss bzw. Ungleichgewicht kristallisieren sich diese Ablagerungen; sie werden Gallensteine genannt. Gallensteine können die unterschiedlichsten Grössen annehmen und mehrfach vorkommen.

Welche Symptome können auf das Vorhandensein von Gallensteinen hinweisen?
Die Symptome können stark variieren. Die klassischen Symptome sind starke Oberbauchschmerzen bzw. starke Oberbauchkoliken (Oberbauchkrämpfe), Übelkeit und Erbrechen. Diese Symptome treten oft nach der Einnahme von Mahlzeiten ein. In manchen Fällen werden die Schmerzen stärker und dauerhaft und sind mit Fieber verbunden. Dann liegt häufig eine zusätzliche Entzündung der Gallenblase vor.

Wie werden Gallensteine diagnostiziert?
Durch eine Erstuntersuchung des Arztes mittels Anamnese werden die Beschwerden aufgenommen. Das Auftreten der Koliken im oberen Bauchraum ist oft ein klares Indiz. Dieses wird durch Bildgebung vor allem mithilfe eines Ultraschalls des Bauches (Abdomens) überprüft. Blutuntersuchungen können zusätzlich die Entzündungs- und Leberwerte aufzeigen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für Gallensteine und kann man sie auch ohne Operation behandeln?
Die Behandlung der Gallensteine hängt von der Schwere der Symptome ab. Wenn Gallensteine Symptome verursachen, empfiehlt man die operative Entfernung der Gallenblase – auch Cholezystektomie genannt. Diese kann minimalinvasiv mit einer laparoskopischen Operation oder einer robotergesteuerten Operation (Da Vinci) entfernt werden. Diagnostiziert ein Arzt Gallensteine in einer Untersuchung, welche keine Symptome oder Komplikationen verursachen, ist eine akute Behandlung nicht notwendig.

Welche Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit, Gallensteine zu entwickeln?
Eine übermässige Produktion von Cholesterin in der Leber kann zu einer Cholesterinsättigung in der Galle führen, was wiederum die Entstehung von Gallensteinen begünstigt. Eine ungesunde Ernährung, welche reich an gesättigten Fetten und arm an Ballastoffen ist, kann dies zusätzlich fördern. Übergewicht, schneller Gewichtsverlust sowie gewisse Stoffwechselstörungen (Diabetes) können das Risiko erhöhen.

Gibt es Möglichkeiten, Gallensteinen vorzubeugen und kann man Gallensteine durch eine spezielle Ernährung verhindern oder behandeln?
Ein gesunder Lebensstil mit einer ausgewogenen und ballaststoffreichen Ernährung und genügend Bewegung wirken präventiv und unterstützt das allgemeine Wohlbefinden.

Wie lange dauert es normalerweise, bis Gallensteine abgehen oder behandelt werden müssen?
Die grossen Steine verbleiben meist in der Gallenblase. Je kleiner die Gallensteine sind, desto grösser ist die Gefahr, dass sie abgehen und den Abfluss der Galle verstopfen. Dann kann es zum Rückstau von Galle kommen, die sogenannte Cholostase. Diese zeigt sich in Form der Gelbsucht (das Gelbwerden der Haut und der Augen). Wenn der Stein den Hauptabfluss verstopft, muss dieser durch eine endoskopische Therapie via Magen und Dünndarm (ERCP) geborgen werden, damit es wieder zum normalen Abfluss der Galle kommt. Der Ursprung der Gallensteine muss nichtsdestotrotz entfernt werden. Dies erfolgt durch eine Gallenblasenentfernung.

Welche Komplikationen können bei Gallensteinen auftreten?
Bei Gallensteinen können fünf Hauptkomplikationen auftreten:

  • Gallenblasenentzündung (Cholezystitis): Der Ausführungsgang ist steinbedingt blockiert. Durch die Stauung kommt es zur Entzündung der Gallenblase. Symptome: starke Bauchschmerzen, Fieber, Übelkeit und Erbrechen.
  • Gallenkoliken: Gallensteine blockieren irgendwo die Gallengänge. Dies führt zu starken Bauchkrämpfen (Koliken), da das System blockiert ist. Symptome: Schmerzen im rechten Oberbauch oder Rücken mit Ausstrahlung in die rechte Schulter, häufig nach dem Essen. Meist nur von kurzer Dauer.
  • Gelbsucht (Cholostase, Ikterus): Die Gelbsucht entsteht, wenn ein grosser Gallenstein den gemeinsamen Gallengangausfluss in den Dünndarm blockiert. Hier ist der Abfluss der Galle, Leber und Bauchspeicheldrüse gemeint. Die Ansammlung der zurückgestauten Pigmente führt zur Gelbfärbung von Haut, Augen und Urin, gelegentlich auch zu hellerem Stuhl.
  • Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis): Wenn der Gallenstein den Ausführgang der Bauchspeicheldrüse blockiert, kommt es zu einer entsprechenden Bauchspeicheldrüsenentzündung. Dies ist eine schwerwiegende Erkrankung und kann auch intensivmedizinische Betreuung notwendig machen. Symptome: starke Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Fieber.
  • Gallenwegsinfektion (Cholangitis): Der Gallenstau, welcher durch einen blockierten Gallenausgang entsteht, kann zu einer direkten Infektion der Gallengänge führen. Symptome: Fieber, Schüttelfrost, Gelbsucht und allgemeines Unwohlsein.

Alle Komplikationen bedürfen einer schnellstmöglichen Behandlung. Die effektivste Therapiemethode ist die Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie).


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