Professor David Baud, Doktor der Medizin und Biologie, ist Facharzt für Geburtshilfe mit dem Schwerpunkt Fetomaternale Medizin und derzeit als Leiter der Abteilung für Geburtshilfe im Universitätsspital Lausanne (CHUV) in der Schweiz tätig. Er ist zertifiziert in Geburtshilfe und Gynäkologie sowie operativer Gynäkologie. Nach seiner Facharztausbildung hat er sich in verschiedenen Spitälern weltweit weitergebildet, mit denen er gemeinsame aktive Forschungsprojekte und klinische Zusammenarbeit betreibt.
Reisen in der Schwangerschaft Prof. Baud, worauf ist bei der Wahl des Transportmittels zu achten?
Das angenehmste und ungefährlichste Transportmittel ist der Zug. Es gibt weniger Erschütterungen, weniger seitlichen Druck, man kann besser sitzen, sich einfacher bewegen und die Beine ausstrecken, wodurch das Thromboserisiko im Vergleich zum Autofahren geringer ist. Für kurze Strecken ist auch die Fahrt mit dem Auto in Ordnung. Ich empfehle meinen Patientinnen jedoch, viel zu trinken, damit sie öfter anhalten müssen, um Toilettenpausen einzulegen. Denn durch diese Bewegung wird das Thromboserisiko verringert. Ferner empfehle ich bei langen Fahrten eine Pause pro Stunde einzulegen.
Welche Dokumente empfehlen Sie mitzuführen?
Nichts Besonderes, ausser einem Dokument, aus welchem die Schwangerschaftswoche hervorgeht und bei medikamentöser Behandlung eine Liste der eingenommenen Medikamente. Wenn der Impfstatus nicht aktuell ist, empfehle ich ferner, vor der Abreise ans Impfen zu denken, denn ab dem zweiten Schwangerschaftstrimester sind die meisten Impfungen wieder zulässig. Wenn ein Umzug ins Ausland geplant ist, sollte man die gesamte Patientenakte mitnehmen.
Kann die Strahlenbelastung im Flugzeug dem Ungeborenen schaden?
Von der Strahlenbelastung her ist Fliegen ungefährlicher als eine Röntgenaufnahme. Somit entsteht erst bei häufigem Fliegen eine mögliche Gefahr für das Baby. Die Druckverhältnisse im Flugzeug entsprechen denen auf 1500–2500 Höhenmetern, wobei der Druck allmählich zunimmt. Somit besteht so gut wie keine Gefahr durch zu hohen Druck. Wenn Sie jedoch bspw. nach Zermatt fahren und sich mit der Seilbahn auf 4000 Höhenmeter begeben wollen, würde ich davon abraten, da diese abrupte Veränderung der Druckverhältnisse dem Baby nicht guttut.
Wann sollte ich als Schwangere mit dem Reisen aufhören?
Dies hängt davon ab, wohin, wie lange und mit welchem Transportmittel Sie reisen. So sind bspw. Reisen nach Frankreich weiterhin möglich, ich würde Ihnen jedoch die Fahrt mit dem Zug empfehlen. Von Reisen in Tropenländer sowie Langstreckenreisen rate ich jedoch selbst zu Beginn der Schwangerschaft ab. Am Ende der Schwangerschaft sind ausschliesslich dringend erforderliche Reisen zulässig. Dies muss jedoch individuell entschieden werden. Nach der 24. Schwangerschaftswoche, wenn der Fötus überlebensfähig ist, sollten weite und lange Reisen vermieden werden.
Es gibt kein gynäkologisches Attest, um die Unbedenklichkeit von Flugreisen zu bescheinigen. Es kann bescheinigt werden, dass die Schwangere flugfähig ist. Dies sagt jedoch nichts darüber aus, ob dann während des Fluges alles gutgeht. Einige Fluggesellschaften stimmen der Beförderung von Frauen im fortgeschrittenen Schwangerschaftsstadium zu. Dies obliegt jedoch ihrer Verantwortung.
Professor Baud, von der Reise in welche Länder raten Sie Schwangeren ab?
Sie sollten Reiseziele mit angemessener, schnell erreichbarer medizinischer Infrastruktur bevorzugen und gut versichert sein. Bei einer Risikoschwangerschaft sollten Sie Reisen vermeiden. Von Reisen in Tropenländer oder solche mit zu heissem Klima, Malaria-, Dengue-Fieber- oder Zikavirus-Gebieten ist abzuraten. Aufgrund der Covid-19-Pandemie befinden sich bestimmte Länder in Quarantäne, auch dorthin sollte man nicht reisen. Ob eine Reise angetreten werden sollte, hängt jedoch auch von den geplanten Aktivitäten ab: So wäre am Ende der Schwangerschaft von Windsurfen auf Bora Bora abzuraten, nicht jedoch in jedem Fall zu Schwangerschaftsbeginn. Tiefseetauchen ist jedoch in der gesamten Schwangerschaft verboten, da dabei eine hohe Gefahr von Missbildungen und Fehlgeburten besteht.
Wie verhält man sich richtig bei Komplikationen oder gar einer Frühgeburt während der Reise?
Ich stehe meinen Patientinnen auch weiterhin zur Verfügung, wenn sie mich im Ausland wegen eines Problems anrufen oder einen Rat brauchen. Viele Länder verfügen über eine angemessene medizinische Infrastruktur und ähnliche Behandlungsprotokolle bei Komplikationen oder Frühgeburten wie in der Schweiz. Gegebenenfalls nehme ich zum Spital vor Ort Kontakt auf, um die Situation zu begleiten. In manchen Fällen ist eine Entbindung vor Ort der Entbindung nach einer Reiserückholung vorzuziehen. So braucht ein Frühgeborenes möglicherweise Atemunterstützung, zusätzlichen Sauerstoff oder muss zur Temperaturregulation in den Inkubator. Es muss warmgehalten werden. Möglicherweise benötigt es auch eine Magensonde oder Antibiotika, was den Transport erschweren würde und auch der Transportlärm bedeutet für ein Baby Stress Daher sollte es besser so lange vor Ort bleiben, bis es ein Gewicht von über 2 kg erreicht hat, welches dem einer Schwangerschaftsdauer von sieben bis acht Monaten entspricht.
Ab wann kann man mit einem Säugling fliegen?
Ein Säugling kann ab zwei Monaten fliegen, es gibt diesbezüglich jedoch keine strengen Vorschriften. Am wichtigsten ist, dass es während der Reise gefüttert und warmgehalten wird und zwar für den Komfort aller Fluggäste.
Andere Länder, andere Nahrungsmittel. Was muss bei der Nahrungszubereitung für Babys beachtet werden?
Je nach Land und Hygienestandard sollte das Wasser abgekocht oder Wasser aus der Flasche verwendet werden. Es sollten gekochte Lebensmittel, gewaschenes und geschältes Obst verwendet werden.
Was gehört bei Reisen mit Kindern in die Notfallapotheke?
Folgendes empfehle ich immer dabei zu haben: Desinfektionsmittel, Mückenabwehrspray sowie Paracetamol bei Fieber oder Schmerzen. Gegebenenfalls sollte vor Ort ein Arzt aufgesucht werden.
Reisen in der Schwangerschaft
Bild
Reisen in der Schwangerschaft
Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.