Roxane Guillod, Expertin von aha! Allergiezentrum Schweiz, zum Thema Wespenstiche.
Frau Guillod, was sollte man tun, wenn man von einer Wespe oder Biene gestochen wurde?
Wenn man keine Insektengiftallergie hat, sollte man die Stelle kühlen und allenfalls Antihistaminika nehmen. Schwellungen bis zu zehn Zentimeter sind normal. Sie kann von einer Rötung und Juckreiz begleitet sein, verschwindet aber innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen wieder.
Was passiert, wenn es im Mundraum zu einem Stich kommt oder man eine Wespe verschluckt?
Wichtig ist: Sind Mund- oder Rachenbereich betroffen, dann muss man in jedem Fall und sofort den Notarzt rufen und in der Zwischenzeit – wenn möglich – einen Eiswürfel lutschen, um ein Zuschwellen der Atemwege zu verzögern.
Wie sollte man vorgehen, wenn eine Allergie vorliegt?
Menschen mit einer Insektengiftallergie müssen immer ein Notfallset bei sich tragen. Es enthält Medikamente, die eine allergische Reaktion dämpfen. Sofort nach dem Stich muss die Adrenalinfertigspritze verabreicht werden. Danach Antihistaminikum sowie Kortison einnehmen und unverzüglich den Notarzt rufen.
Was aber, wenn eine allergische Reaktion eintritt und man bisher nichts von der Allergie wusste?
Bei Bienenstichen den Stachel entfernen. Sofort den Notarzt verständigen und versuchen, Ruhe zu bewahren sowie eine bequeme Lage einnehmen, in der die Beine hoch liegen. Bei Atemnot ist der Oberkörper aufzurichten, um die Atmung zu erleichtern und das Herz zu entlasten.
Woran merkt man, dass es sich bei den Symptomen um eine Allergie handelt?
Wenn innerhalb von Minuten bis zu einer Stunde nach dem Stich folgende Symptome auftreten, handelt es sich um eine Insektengiftallergie: Juckreiz am ganzen Körper, Nesselfieber, Schwindel, Erbrechen bis hin zu Atemnot und Herzrasen. Mit Blutdruckabfall, Bewusstlosigkeit, Atemstillstand oder sogar Herz-Kreislauf-Kollaps kann diese allergische Reaktion – ein sogenannter anaphylaktischer Schock – lebensgefährlich sein.
Welche Behandlungsmethoden gibt es und kann eine solche Allergie auch plötzlich wieder verschwinden?
Eine Insektengiftallergie verschwindet nicht einfach wieder, kann aber mit einer allergenspezifischen Immuntherapie – auch Desensibilisierung genannt – wirksam behandelt werden. Diese Therapie führt bei über 95 Prozent der Wespengiftallergiker und bei etwa 85 Prozent der Bienengiftallergikerinnen zu einem vollständigen Schutz. Die Therapie wird von einer Allergologin, einem Allergologen durchgeführt und dauert drei bis fünf Jahre.
Man hört immer wieder, dass man den Stachel direkt entfernen soll. Stimmt das?
Anders als bei einem Wespenstich bleibt bei der Biene der Stachel in der Haut stecken. Diesen sollte man vorsichtig entfernen, ohne dass man die möglicherweise noch anhängende Giftblase zusammendrückt, da sonst noch mehr Gift in den Körper gelangt. Am besten zieht man den Stachel mit einer Pinzette heraus oder schiebt ihn mit dem Fingernagel zur Seite.
Wie kann man sich am besten vor einem Stich schützen?
Ein paar Verhaltensregeln helfen, Bienen- und Wespenstiche zu vermeiden:
- Bienen und Wespen sind selten alleine. Die Nähe von Wespennestern und Bienenvölkern meiden.
- Distanz zu blühenden Blumen und Pflanzen halten, nicht barfuss laufen.
- Keine hastigen Bewegungen in der Nähe von Wespen, sie können darin eine Gefahr sehen.
- Keine Essensreste offen liegen lassen und Kindern nach dem Essen den Mund abwaschen.
- Bier und Süssgetränke locken Wespen an. Nie direkt ab Flaschen oder Dosen trinken.
- Keine weite, flatternde Kleidung tragen. Im Garten Handschuhe sowie Kleider mit langen Ärmeln sowie lange Hosen anziehen.
- Keine stark parfümierten Haarsprays, Shampoos und Sonnencremen verwenden. Die Düfte ziehen Wespen und Bienen an.
- Wespen nicht anpusten, das Kohlendioxid in der Atemluft macht sie aggressiv.
- Motorradfahren nur mit geschlossenem Helm und Handschuhen und Mund schliessen beim Velofahren.
- Bei Wespennestern oder Bienenschwärmen in unmittelbarer Nähe des Wohn- oder Arbeitsortes: Mitteilung an die Polizei oder Feuerwehr.
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Quelle und Zusammenarbeit mit aha! Allergiezentrum Schweiz (www.aha.ch).