Zähneknirschen: Etwa 20 Prozent sind betroffen

Bild
Dr. Markus Schulte, Zahnarzt Team Luzern
Dr. Markus Schulte, Zahnarzt Team Luzern
Quelle: TCS MyMed

Es ist äusserst wichtig, auf eine gute Zahngesundheit achtzugeben. Doch was, wenn man das Problem selbst gar nicht erkennt, da es immer nur im Schlaf auftritt? Herr Dr. Markus Schulte vom Zahnarzt Team Luzern erklärt, wie es zum Zähneknirschen kommt und was dagegen gemacht werden kann.

Herr Schulte, weshalb knirschen einige Menschen mit den Zähnen?
Zahnknirschen (Bruxismus) ist ein häufiges Phänomen: Etwa 20 Prozent der Menschen knirschen unbewusst mit ihren Zähnen oder pressen diese extrem fest zusammen, was meistens nachts im Schlaf erfolgt. Es gibt aber auch Personen, die tagsüber, z.B. in Stresssituationen, knirschen und pressen. Insgesamt sind Frauen deutlich häufiger von Bruxismus betroffen als Männer. Mehrere Ursachen kommen in Frage:

  • Stress und psychische Belastung
  • Störungen des Bisses, Zahnfehlstellungen
  • Spezielle neurologische Erkrankungen und Schlafstörungen


Meist tritt das Knirschen nachts auf und die Betroffenen bemerken es selbst gar nicht. Woran erkennt man, ob man betroffen ist?
In vielen Fällen hört man das nächtliche Knirschen, und so kann z.B. der Partner die betroffene Person informieren. Wenn man morgens mit verspannter oder schmerzender Kaumuskulatur aufwacht, ist das auch ein Symptom, das auf Bruxismus hinweist, ebenso wie Zahnabdrücke in der Zunge oder Wange.

Was passiert genau beim nächtlichen Zahn-Aerobic?
Auf welche Weise die Kaumuskulatur zu ihrer unbewussten Aktivität angeregt wird, ist unbekannt. Man unterscheidet den zentrischen Bruximus, bei dem die Zähne in der normalen Bissposition maximal zusammengepresst werden, vom exzentrischen Bruxismus, bei dem die Zähne seitlich hin- und herbewegt werden, was das typische Knirschen bewirkt.

Wie schädlich ist das Knirschen für unsere Zähne und welche Kräfte wirken dabei?
Beim Pressen und Knirschen wirken enorme Kräfte von bis zu 500 kg/cm2, was etwa das Zehnfache des normalen Kaudrucks bedeutet. Da die nächtlichen Knirschphasen bis zu 45 Minuten anhalten können, sind langfristig erhebliche Zahnschäden die Folge. Durch den Druck können Zähne oder Zahnersatz absplittern oder sogar komplett brechen. Der zahntragende Knochen ist der extremen Belastung auf die Dauer auch nicht gewachsen und kann sich zurückbilden, auch im Bereich von Implantaten. Die grössten Schäden gehen aber von der sogenannten Abrasion aus, bei der durch das Knirschen zunächst der Zahnschmelz und danach das darunter gelegene Dentin abgeschmirgelt wird.

Welche Beschwerden können dadurch ausgelöst werden?
Wenn der Schmelzmantel der Zähne abgerieben (abradiert) ist, kommt das viel weichere Dentin zum Vorschein, das auch empfindlich ist. Dadurch können Überempfindlichkeiten auf heisse, kalte oder süsse Speisen oder beim Kauen entstehen. Da sich Dentin viel schneller abnutzt als Schmelz, ist ein rascher Substanzverlust der Zähne die Folge, die immer kürzer werden. Dadurch sinkt der Biss weiter ab, was z.B. Kiefergelenksprobleme verursachen kann. Ästhetische Beeinträchtigungen treten auf, wenn auch die vorderen Zähne abgerieben werden.

Wie wird Zähneknirschen behandelt und wie gut stehen die Chancen für einen kompletten Stopp?
Auch beim Bruxismus gilt: «Wehret den Anfängen». Wenn man Hinweise auf nächtliches Zahnknirschen hat, sollte man zuerst den Zahnarzt konsultieren. Dieser wird im Regelfall zunächst eine sogenannte Schutzschiene aus durchsichtigem Kunststoff anfertigen, die nachts getragen wird und die Zähne vor Abrieb schützt. Dabei handelt es sich um eine preiswerte Massnahme, die zwar das eigentliche Problem, den Bruxismus, nicht löst, aber schwerwiegende Folgeschäden verhindert. Eine ursächliche Behandlung muss individuell auf den Patienten abgestimmt werden. Bei psychischen Stressfaktoren kann deren Abbau zu einem vollständigen Abklingen des Bruxismus führen. Liegt ein Problem mit dem Biss vor, z.B. zu tiefer Biss, fehlende oder falsch stehende Zähne, sollte es korrigiert werden. Manchmal hilft auch eine Injektion von Butulinumtoxin (Botox) in die Kaumuskulatur, um die Verkrampfung dieser Muskeln und die Kraft beim Pressen und Knirschen zu reduzieren.

Behandelnder Arzt: Dr. Markus Schulte – Luzern
Zahnrekonstruktion eines starken «Zähneknirschers»

Was passiert, wenn keine Behandlung erfolgt?
Ohne Behandlung kommt es zu einem zunehmenden Substanzverlust der Zähne, die immer kürzer werden. Dies führt am Ende zu einer schweren Störung der Kaufunktion und zu ästhetischen Beeinträchtigungen, die nur äusserst aufwendig behoben werden können. Im Extremfall müssen alle Zähne mit Keramikkronen wieder aufgebaut werden, was natürlich mit hohen Kosten verbunden ist.

Kann man präventiv etwas gegen das Zähneknirschen tun?
Die beste Prävention ist der regelmässige Besuch des Zahnarztes, der allfällige Probleme erkennen und behandeln kann, bevor es zu spät ist.

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

Weitere Artikel zum Thema Krankheiten