Bei Gallensteinleiden führt oft kein Weg an einer Operation vorbei. Die gute Nachricht: Danach lebt es sich in der Regel ohne grosse Einschränkungen weiter.
Der Experte zum Thema: Dr. med. Oliver Rittmeyer, Chefarzt Chirurgie Spital Riggisberg.
Es gibt Krankheiten, die haben ihre «Hauptsaisons». Bei den Gallensteinen sind das die Zeiten nach Festtagen, wenn reichhaltig und ausgiebig gegessen wurde. Häufig sind es auch nur bestimmte Nahrungsmittel, die auf die Gallenblase schlagen. Plötzlich machen sich im rechten Oberbauch heftige, kolikartige Schmerzen bemerkbar; in leichteren Fällen entsteht lediglich ein Druck-und Völlegefühl, es kommt zu Aufstossen und Blähungen.
Die Gallenblase ist der Zwischenspeicher für die Galle. Diese wird in der Leber gebildet, von welcher der Hauptgallengang zum Dünndarm führt. Auf halbem Weg zweigt der Gallenblasengang ab, der zur Gallenblase führt. In Zeiten, wo die Leber mehr Galle produziert, als im Darm gebraucht wird, fliesst dieser Verdauungssaft durch den Gallenblasengang zurück in die Gallenblase.
Dort steht sie dann reichlich zur Verfügung, wenn im Verdauungstrakt wieder Hochbetrieb herrscht. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn fette Speisen abgebaut werden müssen. Die Galle, die zur Hauptsache aus Wasser, Gallenfarbstoff und Cholesterin besteht, baut aber nicht nur Fette ab, sondern trägt auch zur Neutralisierung des Nahrungsbreis bei, der nach dem Magendurchlauf stark sauer ist. Zudem ist sie verantwortlich für das Cholesterin-Gleichgewicht im Körper.
Stau im Gallenblasengang
Die Gallenblase hat also nur einen Ein-und Ausgang, sie ist gewissermassen ein «stehendes Gewässer». Dies macht sie anfällig für Ablagerungen aus der Galle. Denn wenn das Verhältnis der verschiedenen Komponenten nicht mehr stimmt, wird aus der normalerweise flüssigen Galle ein dicker, klebriger Brei, aus dem sich Sedimente absetzen. Diese können verkleben, sodass schliesslich ein Stein entsteht, der ohne Weiteres die Grösse eines Hühnereis erreichen kann, in seiner Konsistenz aber auch an Sand oder Kies erinnern kann.
Eine Prävention gegen Gallensteine gibt es kaum, von einem allgemein gesunden Lebensstil einmal abgesehen, Risikogruppen hingegen sehr wohl (siehe Infobox). Zahlen aus Deutschland zeigen, dass etwa 12 Prozent der Bevölkerung Gallensteine in sich tragen. Die meisten dieser Steinträger merken jedoch nichts, ihre Steine werden höchstens per Zufall entdeckt. Nur jede fünfte Person mit Gallensteinen leidet tatsächlich unter Symptomen. Dies ist dann der Fall, wenn der Stein entweder den Ausgang der Gallenblase verstopft und diese mit Kontraktionen versucht, dennoch Galle nach draussen zu befördern. Oder wenn sich kleinere Gallensteine durch den Gallenblasengang davonmachen, unterwegs stecken bleiben und die Galle dort stauen. In beiden Fällen kommt es zu den bekannten Koliken, die sehr unangenehm sein können.
Anfällig für Komplikationen
Ein Gallenstein kann aber auch zu weiteren Komplikationen führen, etwa zu Entzündungen der Gallenblase, der Bauchspeicheldrüse oder des Bauchfells sowie zu einer Gelbsucht, wenn die Galle bis in die Leber zurückgestaut wird. Es kann geschehen, dass ein Gallenstein durch die Gallenblasenwand in den Bauchraum austritt und dort für weiteres Ungemach sorgt. Schliesslich erhöhen Gallensteine das Risiko eines Gallenblasenkarzinoms.
Beim Verdacht auf Gallensteine befragt der Arzt oder die Ärztin die zu behandelnde Person zur Vorgeschichte und führt eine allgemeine Untersuchung durch. Eine Blutuntersuchung kann Entzündungszeichen oder eine Erhöhung des Gallenfarbstoffs im Blut an den Tag bringen. Im Ultraschall ist ein Gallenstein gut sichtbar. In bestimmten Fällen kann auch eine Magnetresonanztomografie oder eine Computertomografie Klarheit bringen. Steckt der Stein im Gallengang, kann er unter Umständen über eine Spiegelung des Dünndarms gesehen werden.
Kaum Einschränkungen ohne Gallenblase
Um einen Gallenstein loszuwerden, kommen verschiedene Möglichkeiten infrage. Weitaus am häufigsten ist dabei die Entfernung der Gallenblase samt Gallenstein mit der Schlüssellochmethode (Laparoskopie). Dies ist allerdings eine Operation, die in erfahrene Chirurgenhände gehört. Die Anatomie rund um die Gallenblase ist kompliziert, sodass die Gefahr besteht, am falschen Ort zu schneiden und beispielsweise den Hauptgallengang zu kappen. Weniger häufig ist die Entfernung der Gallenblase mittels einer offenen Operation. Nach einer Laparoskopie bleibt die Patientin oder der Patient noch rund fünf Tage zur Genesung im Spital, bei einer offenen Operation dauert dies etwas länger.
Zwar leistet sich die Natur keine überflüssigen Organe, und auch die Gallenblase hat ihre Funktion im Organismus. Dennoch leben Patientinnen und Patienten, bei denen der Eingriff vorgenommen wurde, in aller Regel weiter wie zuvor und müssen auch keine spezielle Diät einhalten. Die Galle fliesst dann einfach fortlaufend in Richtung Dünndarm, statt dass ein Teil für spätere Verwendung zwischengelagert wird. Gewisse Unverträglichkeiten können auftreten, lassen sich aber vermeiden, wenn auf die entsprechenden Nahrungsmittel verzichtet wird.
Nicht bewährt hat sich die Methode, die Gallensteine ohne die Gallenblase zu entfernen, wobei die Steine medikamentös aufgelöst oder mit Ultraschall zertrümmert werden. Dabei kann es allerdings passieren, dass der erst halb aufgelöste Stein oder die Trümmer in den Gallenblasengang gelangen und diesen verstopfen. Da Personen, die bereits einen Gallenblasenstein hatten, häufig weitere Steine bilden, ist es in der Regel angezeigt, die Gallenblase gleich ganz zu entfernen. Welches allerdings die Methode der Wahl ist, wird der Arzt oder die Ärztin im Einzelfall entscheiden.
Quelle und mehr Infos: www.inselgruppe.ch