Ab 2500 Metern wird es ernst – was Sie über Höhenkrankheit wissen müssen

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Trekking
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Quelle: TCS MyMed

Ab 2500 m über Meer beginnt für den Körper eine neue Herausforderung. Wer zu schnell aufsteigt oder erste Symptome ignoriert, riskiert ernste gesundheitliche Folgen. Frau Katharina Burri vom Zentrum für Reisemedizin in Zürich erklärt, wie man sich optimal vorbereitet, was im Notfall zu tun ist – und warum auch sportliche Menschen nicht geschützt sind.

Frau Burri, welche Symptome deuten auf eine Höhenkrankheit hin? 
Unter der Höhenkrankheit werden verschiedene Krankheiten zusammengefasst. Diese können bei ungenügender Akklimatisation ab einer Höhe von 2500 m ü.M. entstehen:

Akute Bergkrankheit (acute mountain sickness, kurz AMS)
Es handelt sich hier um die häufigste, eher milde Form von Höhenkrankheit welche nach ein bis drei Tagen von alleine weggeht (selbstlimitierend). Sie kann ab einer Höhe von 2500 m ü.M. (Meter über Meer) vorkommen. Aufgrund des Sauerstoffmangels und der verstärkten Hirndurchblutung kommt es zu folgenden Symptomen:

Symptome

  • Kopfschmerzen (Leitsymptom)
  • Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen
  • Müdigkeit
  • Schwäche
  • Schwindelgefühle

Kann, wenn die Symptome nicht ernst genommen werden in ein Höhen- Hirnödem übergehen

Höhenhirnödem (high altitude cerebral edema, kurz HACE)
Schwere, lebensbedrohliche Form von Höhenkrankheit. Kommt seltener vor als AMS. Führt ohne medizinische Behandlung zum Tod. Die Erweiterung der Hirngefässe führt zu einem erhöhten Druck im Hirn, die Gefässe werden durchlässig und Flüssigkeit tritt ins Hirngewebe:

Symptome

  • Sehr starke Kopfschmerzen
  • Persistierendes Erbrechen
  • Gehstörungen/Gangataxie (torkelnder Gang)
  • Verwirrtheit/Unruhe
  • Bewusstlosigkeit

Höhenlungenödem (high altitude pulmonary edema, kurz HAPE)
Schwere, auch eher selten vorkommende lebensbedrohliche Form von Höhenkrankheit, führt ohne medizinische Behandlung zum Tod. In der Lunge kommt es wegen des Sauerstoffmangels zu einer Verengung der Gefässe und damit steigt der Druck in der Lunge. Die Gefässe werden durchlässig und Flüssigkeit tritt in die Lunge, was den Gasaustausch beeinträchtigt.

Symptome

  • Plötzlicher Leistungsverlust
  • Engegefühl auf der Brust
  • Atemnot bei Anstrengung und später auch in Ruhe
  • Trockener Husten und später Husten mit schaumig, blutigem Auswurf
  • Rasselgeräusche auf der Lunge (da sich Flüssigkeit in der Lunge ansammelt)

Wie kann man sich auf Reisen in grosse Höhen optimal vorbereiten? 
Vor einem Trekking in grössere Höhen ist es entscheidend, das Höhenprofil sorgfältig zu prüfen: Wie viele Höhenmeter werden täglich zurückgelegt, und sind ausreichende Ruhetage eingeplant? Ab einer Höhe von 2500 m ü.M. ist ein langsamer Aufstieg unerlässlich, da eine zu schnelle Höhendifferenz die Akklimatisation erschwert und das Risiko für Höhenkrankheit deutlich erhöht. Genügend Zeit für den Aufstieg einzuplanen, ist daher essenziell.

Auf Substanzen wie Alkohol, Schlafmittel oder Opiate sollte während des Aufstiegs unbedingt verzichtet werden, da sie die Atmung dämpfen und die Höhenkrankheit begünstigen können.

Gibt es weitere Punkte, welche man beachten sollte?
Auch die medizinische Versorgung vor Ort sollte im Voraus bedacht werden: In abgelegenen Regionen ist die Infrastruktur oft sehr begrenzt. Es ist daher wichtig zu klären, ob der Veranstalter über Notfallmedikamente und entsprechendes Know-how verfügt. Ebenso notwendig ist ein umfassender Auslandversicherungsschutz, der auch Rettungsflüge und Rücktransporte abdeckt.

Hilfreich ist zudem ein kurzer Aufenthalt auf einer mittleren Höhe (über 2500 m ü.M.) wenige Tage vor Beginn des Trekkings, idealerweise mit Übernachtung, um den Körper vorab an die Höhe zu gewöhnen.

Wichtig: Eine gute körperliche Fitness schützt zwar nicht vor Höhenkrankheit, verringert aber das Risiko von Erschöpfung und Verletzungen und erleichtert das Trekking insgesamt deutlich.

Ganz Wichtig: Ab der Schwellenhöhe von 2500 m ü.M. ist es wichtig einige Regeln der Akklimatisation zu befolgen (Höhentaktik)! 

  • 300 bis max. 500 Höhenmeter pro Tag
  • nach 1000 Höhenmetern jeweils einen zusätzlichen Ruhetag  einplanen
  • bei ersten Symptomen wie beispielsweise Kopfschmerzen, Antriebslosigkeit oder Übelkeit nicht weiter aufsteigen
  • Erst weiter aufsteigen, wenn die Symptome ganz weg sind. Falls sich die Symptome verschlimmern: unverzüglicher Abstieg!

Warum ist langsames Aufsteigen der wichtigste Schutz vor Höhenkrankheit? 
Es kann nicht genug betont werden wie wichtig ein langsamer Aufstieg in der Prävention der Höhenkrankheit ist. In der Höhe nimmt der Sauerstoffpartialdruck in der Luft ab und damit gelangt weniger Sauerstoff in die Lunge und ins Blut. Den Organen steht weniger Sauerstoff zur Verfügung und damit nimmt die Leistungsfähigkeit ab. Der Körper reagiert mit verschiedenen Adaptionsmechanismen. Das nennt man Akklimatisation. Diese Adaptionsmechanismen brauchen Zeit. Sie sind vielseitig und komplex. Wenn dem Körper nicht genug Zeit für die Akklimatisation gegeben wird, reichen die Adaptionsmechanismen nicht aus, um den Körper vor den Folgen des Sauerstoffmangels zu schützen.

Welche Erste-Hilfe-Massnahmen sind nötig, wenn Symptome auftreten? 
Wenn Symptome einer Höhenkrankheit auftreten, ist es in jedem Fall entscheidend, diese sofort den Mitreisenden oder dem Tourguide mitzuteilen. Betroffene Personen dürfen auf keinen Fall allein gelassen werden. Bei der akuten Bergkrankheit (AMS) sollte zunächst ein weiterer Aufstieg gestoppt werden – man bleibt auf der aktuellen Höhe, bis die Symptome vollständig abgeklungen sind. Kopfschmerzen können mit Schmerzmitteln wie Paracetamol oder Ibuprofen behandelt werden, bei Übelkeit helfen Antiemetika. Zudem ist es wichtig, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Sollten sich die Beschwerden jedoch verschlimmern oder nicht bessern, ist ein sofortiger Abstieg in tiefere Lagen notwendig.

Wie sehen die zu ergreifenden Massnahmen bei einem Höhenhirnödem aus?
Bei einem Höhenhirnödem muss umgehend ein Abstieg erfolgen – idealerweise mindestens 1000 Höhenmeter und im passiven Transport, um Verletzungen zu vermeiden. Zusätzlich ist die Gabe von Kortikosteroiden wie Dexamethason wichtig, ebenso sollte Sauerstoff verabreicht werden. Eine professionelle medizinische Versorgung ist in diesem Fall unbedingt erforderlich.

Und beim Höhenlungenödem?
Auch beim Höhenlungenödem ist ein sofortiger Abstieg notwendig, ebenfalls um mindestens 1000 Höhenmeter und möglichst ohne körperliche Anstrengung, da sich der Zustand durch Belastung weiter verschlechtern kann. Die Gabe von Nifedipin Retard, das die Gefässe in der Lunge erweitert, sowie von Sauerstoff sind wichtige Massnahmen. Auch hier muss schnellstmöglich professionelle medizinische Hilfe hinzugezogen werden.

Wann sollte man eine Reise abbrechen, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden? 
Wenn sich erste Anzeichen (AMS) trotz Ruhetage verschlimmern oder nicht weggehen, muss unverzüglich abgestiegen und medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden! Bei Anzeichen der schweren Formen von Höhenkrankheit: HACE oder HAPE (lebensbedrohliche Situation) muss sofort abgestiegen werden, diese Manifestationen der Höhenkrankheit erfordern medizinische Versorgung durch Fachpersonen.

Welche Medikamente können helfen, Höhenkrankheit vorzubeugen? 
Grundsätzlich ist es wichtig zu wissen, dass es zur Akklimatisation keine medikamentöse Prophylaxe braucht, sofern ein langsamer Aufstieg und genügend Ruhetage eingeplant werden – sorgfältige Akklimatisation. Ab der Schwellenhöhe von 2500 m ü.M:  300 bis max. 500 Höhenmeter pro Tag aufsteigen und alle 1000 Höhenmeter (ca. alle zwei bis drei Tage) einen zusätzlichen Ruhetag einplanen.

Eine medikamentöse Prophylaxe gegen Höhenkrankheit kann aber in bestimmten Situationen sinnvoll sein. Besonders Menschen, die in der Vergangenheit bereits an einer Höhenkrankheit erkrankt sind, haben ein erhöhtes Risiko, erneut betroffen zu sein, und kommen daher als Kandidaten für eine prophylaktische Behandlung in Frage. Auch bei Direktflügen oder -fahrten in grosse Höhen, wie etwa nach La Paz in Bolivien, Cusco in Peru oder Leh in Indien – allesamt Orte, die über 3000 Meter über dem Meeresspiegel liegen – kann eine medikamentöse Vorbeugung in Erwägung gezogen werden. In solchen Fällen ist es grundsätzlich ratsam, sich nach der Ankunft zwei bis drei Tage Ruhe zu gönnen, körperliche Anstrengung sowie einen direkten Weiteraufstieg zu vermeiden und – wenn möglich – in etwas tiefer gelegenen Regionen zu übernachten.

Eine weitere mögliche Indikation für eine Prophylaxe besteht, wenn das Höhenprofil einer Trekkingtour nicht den Empfehlungen entspricht und täglich mehr als 300 bis 500 Höhenmeter überwunden werden müssen. Da ein solcher Aufstieg mit einem erhöhten Risiko verbunden ist, kann in diesen Fällen eine medikamentöse Unterstützung sinnvoll sein.

Medikament der Wahl: Diamox (Acetazolamid)

  • Unterstützt / beschleunigt die Akklimatisation  
  • Verschreibungspflichtiges Medikament: Es braucht vorgängig eine umfassende Beratung durch einen Arzt oder eine Ärztin  
  • Kontraindikation: Sulfonamid-Allergie  
  • Einnahmebeginn einen Tag vor Erreichen der Schwellenhöhe von 2500 m ü.M. und bis zwei Tage nach Erreichen des Gipfels – zweimal täglich (morgens und abends) 125 - 250 mg  
  • Empfehlung: Vor der Reise zu Hause während zwei bis drei Tagen ausprobieren  
  • Mögliche Nebenwirkungen: Kribbeln in den Extremitäten, komischer Geschmack im Mund, häufiges Wasserlösen  
  • Bei Unverträglichkeiten oder Allergien kann man auf Dexamethason ausweichen: Auch hier gilt, nur in Absprache mit einem Höhenmediziner 

Welche Rolle spielt die Flüssigkeitszufuhr? 
In der Höhe kommt es im Rahmen der Akklimatisation zu einer Höhendiurese, d.h. der Körper scheidet mehr Wasser aus. Zudem wird die Luft immer trockener, je höher man aufsteigt. Es ist daher sehr wichtig, viel zu trinken – am besten Wasser oder ungesüssten Tee. Zu wenig Flüssigkeit im Körper begünstigt die Entstehung einer Höhenkrankheit. Bei der Einnahme von Diamox sollte ebenfalls auf eine ausreichende Rehydrierung geachtet werden da es sich um ein wassertreibendes Medikament handelt.

Welche Risikogruppen sollten besonders vorsichtig sein? 
Grundsätzlich können alle, unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft von der Höhenkrankheit betroffen sein – auch sehr fitte Menschen! Personen mit Vorerkrankungen die das Herz, die Lunge oder das Blut betreffen, sollten vor Reisen in grosse Höhen den behandelnden Facharzt konsultieren. Diese Erkrankungen können die Entstehung einer Höhenkrankheit begünstigen oder sie können sich in der Höhe verschlimmern.

Menschen mit einer vorangegangenen Höhenkrankheit haben zudem ein erhöhtes Risiko erneut zu erkranken. Eine umfassende Anamnese ist daher sehr wichtig. Falls es sich um eine der schweren Formen gehandelt hat, sollte bei einem erneuten Aufenthalt in grosser Höhe ein Höhenmediziner oder eine Höhenmedizinerin zur Beurteilung beigezogen werden.

Gibt es neue Erkenntnisse zur besseren Anpassung an grosse Höhen? 
Diese Angaben beruhen auf den aktuellen Erkenntnissen und sind wissenschaftlich fundiert. Noch nicht alle Aspekte der Akklimatisation in der Höhe sind erforscht und immer noch gibt es, obwohl man schon viel weiss, unklare Aspekte. Es ist wichtig zu erwähnen, dass wir in der reisemedizinischen Beratung bei Unsicherheiten oder schwierigen Situationen immer einen erfahrenen Höhenmediziner oder eine Höhenmedizinerin beiziehen.

Bei Trekking-Reisen in tropischen/subtropischen Ländern ist es immer empfohlen eine reisemedizinische Konsultation in Anspruch zu nehmen um neben der Höhenmedizin auch noch weitere Aspekte zu besprechen.

  • Überprüfung des Impfstatus
  • Empfohlene Reiseimpfungen je nach Land
  • Informationen zu von Mücken übertragenen Krankheiten wie zB. Malaria oder Dengue
  • Durchfallerkrankungen
  • Tollwut

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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