Dr. med. & Dr.med. dent. Jürgen Andreas Zix, Facharzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und Fachzahnarzt für Oralchirurgie in Bern, zum Thema Weisheitszähne.
Herr Zix, stimmt es, dass jeder Mensch Weisheitszähne besitzt?
Nein, der sogenannte «Achte» ist nicht bei jedem Menschen vorhanden. Es kommt vor, dass nur einzelne oder sogar gar keine Weisheitszähne vorhanden sind. Auf der anderen Seite gibt es auch Fälle mit zusätzlichen, überzähligen Weisheitszähnen.
Haben Weisheitszähne heute noch einen Nutzen?
Weisheitszähne, welche genügend Platz im Kiefer haben, dienen der Kaufunktion. Ist der Kiefer aber zu klein, treten häufig medizinische Probleme auf.
Wird empfohlen, Weisheitszähne in jedem Fall zu entfernen?
Die Entfernung wird nicht in jedem Fall empfohlen. Haben die Zähne genügend Platz, sind gut putzbar und stehen achsengerecht, können sie belassen werden .
Wenn ja, werden die Zähne immer operativ entfernt?
Ist der Zahn durchgebrochen, also freiliegend, braucht es in der Regel keinen operativen Eingriff. In den meisten Fällen wird die Stelle lokal betäubt und der Zahn entfernt. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen es Sinn macht den Eingriff unter Allgemeinnarkose durchzuführen. Dies ist der Fall, wenn es sich um einen Angstpatienten oder einen Patienten mit geistiger Behinderung handelt. Auch bei schweren Infektionen, grösseren Zysten oder ausgeprägter Verlagerung der Weisheitszähne kann eine Vollnarkose notwendig werden.
Können Weisheitszähne den anderen Zähnen schaden?
Ja, es ist durchaus möglich, dass andere Zähne beschädigt werden. Eine falsche Lage im Kiefer kann, insbesondere wenn der Weisheitszahn horizontal verlagert ist, den benachbarten Zahn zerstören. Häufiger als Nachbarzahnschädigungen sind jedoch Infektionen. Diese können sich in gewissen Fällen im gesamten Gesicht und Hals ausbreiten und müssen dann stationär im Spital behandelt werden. Ein anderes, durch Weisheitszähne verursachtes Problem sind sogenannte Zysten. Dies sind Hohlräume im Knochen, die längere Zeit symptomlos bleiben und den Knochen von innen aushöhlen.
Wann sollte ein Zahnarzt aufgesucht werden?
Optimal ist es, wenn der Patient im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung abklären lässt, ob die Weisheitszähne vorhanden sind und genügend Platz haben. Mittels Panorama-Röntgenbild können die Verhältnisse einfach geklärt werden.
Was muss nach der Entfernung eines Weisheitszahnes beachtet werden?
Nach dem Eingriff sollten die Schmerzmittel in regelmässigen Zeitabständen eingenommen, auf eine gute Mundhygiene geachtet und auf das Rauchen verzichtet werden. Die Ernährung ist in ersten Tagen danach am besten kalt und gemixt. Auch lokale Kühlung ist hilfreich. Hierzu wird der Arzt dem Patienten genaue Informationen mitteilen.
Gibt es einen optimalen Zeitpunkt für die Extraktion?
Grundsätzlich sollte der Eingriff durchgeführt worden sein, bevor allfällige Symptome oder sogar Schäden eintreten. Aus diesem Grund ist eine Abklärung im Jugend- bzw. jungen Erwachsenenalter sinnvoll. Weisheitszahnbedingte Risiken bestehen lebenslang, nicht selten muss ich auch Weisheitszähne bei über achtzigjährigen Patienten entfernen.
Stimmt es, dass der Eingriff bei jungen Leuten unproblematischer ist?
Ja, das stimmt. Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen sind die Weisheitszähne bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen noch nicht so stark im Knochen verankert und die Wurzeln häufig nicht vollständig ausgebildet. Zum anderen ist die Wundheilung in diesem Alter sehr viel besser als bei älteren Erwachsenen. Die Weisheitszahnentfernung ist zwischen dem 15. bis 30. Lebensjahr also einfacher, schneller und sicherer. Ab einem Alter von ca. 30 Jahren werden die Weisheitszähne nur noch dann entfernt, wenn sie Probleme verursachen. Weisheitszahn bedingte Beschwerden können insbesondere im höheren Erwachsenalter manchmal unangenehm werden, insbesondere wenn Begleiterkrankungen vorliegen oder Medikamente eingenommen werden müssen, die die Wundheilung beeinträchtigen.
Welche Risiken bringt die Weisheitszahnentfernung mit sich?
Grundsätzlich kann wie bei jedem operativen Eingriff eine Infektion, eine Wundheilungsstörung oder eine Blutung nicht ausgeschlossen werden. Allerdings hört sich die Bezeichnung «operative Zahnentfernung» schlimmer an als sie ist. Bei einem erfahrenen Spezialisten (vorzugsweise bei einem Facharzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie oder einem Fachzahnarzt für Oralchirurgie) ist der Eingriff tägliche Routine und Komplikationen somit selten. Zu den sehr seltenen möglichen Komplikationen gehört die Verletzung von Nerven, die die Zunge und die Unterlippe mit Gefühl versorgen. Auch die Eröffnung der Kieferhöhle ist möglich.
Mit welchen Kosten muss ein Patient durchschnittlich rechnen?
Einen ungefähren Betrag zu nennen ist schwierig, da die Kosten von der Anzahl der zu entfernenden Zähne, den anatomischen Verhältnisse und dem Ausmass sowie Art der Verlagerung abhängen. Ich empfehle den Betroffenen im Vorfeld einen Kostenvoranschlag zu verlangen. Liegt bereits ein Krankheitswert (z.B. Zyste, Infektion oder Beschädigung der benachbarten Zähne) vor, übernimmt die Krankenkasse die Kosten.
Für Anregungen und Inputs, können Sie uns gerne per Mail kontaktieren: med@tcs.ch