Schlafapnoe: Wenn die Atmung nachts stoppt

Bild
Dr. med. Franziska Spycher, Spital Tiefenau Bern.
Dr. med. Franziska Spycher, Spital Tiefenau Bern.
Quelle: TCS MyMed

Einer von 15 Erwachsenen leidet an einer mittelschweren Form des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms. Männer sind von den kurzen Atemaussetzern häufiger betroffen als Frauen. Doch ein Grossteil der Erkrankten weiss nichts davon.

Die Expertin zum Thema: Dr. med. Franziska Spycher, Fachärztin FMH für Allgemeine Innere Medizin und für Pneumologie. Oberärztin Pneumologie Spital Tiefenau, Bern.

Als Schlafapnoe bezeichnet man das kurzzeitige Aussetzen der Atmung im Schlaf. Treten mehrere solcher Atemaussetzer in einer Nacht auf, spricht man vom Schlafapnoe-Syndrom. Bei Frauen sind die Symptome meist weniger spezifisch; die Krankheit wird oft als solche nicht erkannt. Zwar betreut die Lungenliga nach offiziellen Zahlen um die 65 000 Schlafapnoe-Patienten in der Schweiz, doch laut Schätzungen sind mehr als 150 000 Menschen von der Krankheit betroffen. Dabei liegt der Anteil der diagnostizierten Schlafapnoen bei Frauen bei rund 13 Prozent.

Ursachen der Schlafapnoe
Grund für ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom ist die Erschlaffung der Muskulatur im Mund- und Rachenbereich im Schlaf, insbesondere der Muskulatur des Mundbodens, der Zunge und des Rachens. Der Rachen-Querschnitt verengt sich, bis schliesslich der beim Einatmen erzeugte Unterdruck dazu führt, dass die oberen Atemwege kollabieren, das weitere Einatmen verhindern und so Atempausen entstehen.

Neben Atemaussetzern (Apnoen) kann es im Schlaf auch nur zu einer Verminderung des Atemflusses (Hypopnoen) kommen. Die Apnoen und Hypopnoen dauern zwischen zehn Sekunden und zwei Minuten an und führen dazu, dass der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt, begleitet von einem Anstieg des Pulses. Das Gehirn reagiert darauf mit einer Stressreaktion und schickt ein Aufwecksignal an den Körper, die Atmung wieder aufzunehmen, womit die Schlafqualität beeinträchtigt wird. Gewöhnlich wacht der Betroffene aber dabei nicht ganz auf, sondern schläft weiter.

Folgende Faktoren begünstigen das Auftreten der Schlafapnoe: Fettleibigkeit (Adipositas) mit einem BMI (Body Mass Index) von mehr als 30 kg/m² oder zuweilen auch Übergewicht mit einem BMI zwischen 25 und 30 kg/m², vergrösserter Halsumfang, vergrösserte Rachen- und Gaumenmandeln, Kieferfehlstellung (vor allem des Unterkiefers), vergrösserte Zunge, Verformung der Nasenscheidewand, erschwerte Nasenatmung, Alkohol, Nikotin, Medikamente (Beruhigungsmittel, Schlafmittel), Schlafentzug, Schichtarbeit, Schilddrüsen-Unterfunktion, familiäre Veranlagung, Schlafen in Rückenlage sowie das Geschlecht. Schlafapnoen kommen häufiger bei Männern vor als bei Frauen. Bei Frauen steigt das Risiko hingegen während der Schwangerschaft (vor allem bei übergewichtigen Frauen) und nach der Menopause.

Erkennen eines Schlafapnoe-Syndroms
Typische Symptome eines obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms sind lautes, unregelmässiges Schnarchen (93 Dezibel im «Guinness-Buch der Rekorde»), beobachtete Atempausen während des Schlafs, ungewöhnliche Tagesmüdigkeit, Tagesschläfrigkeit, Erschöpfung und nächtliches Erstickungsgefühl.

Weitere mögliche Schlafapnoe-Symptome sind ein unruhiger Schlaf, nächtliches Schwitzen, Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen, Durchschlafstörungen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Persönlichkeitsveränderungen, depressive Verstimmung, Libidoverlust und Potenzstörungen sowie vermehrter nächtlicher Harndrang und/oder Bettnässen, aber auch trockener Mund am Morgen und morgendliche Kopfschmerzen. Eine unbehandelte Schlafapnoe kann zu Bluthochdruck und einer Erhöhung der Anzahl roter Blutkörperchen führen. Weitere mögliche Folgen sind Schlaganfall, Diabetes, Herzinfarkt sowie Unfälle am Arbeitsplatz oder im Strassenverkehr durch Einschlafen am Steuer.

Diagnose der Schlafapnoe
Im Patientenerstgespräch werden das Ausmass der Beschwerden, Lebensgewohnheiten (Medikamente, Alkohol, Rauchen, Schlafverhalten usw.) sowie Vorerkrankungen erfragt, gefolgt von einer körperlichen Untersuchung. Im Mund-Rachen-Raum lassen sich Einengungen wie vergrösserte Mandeln oder Zunge erkennen. Der Body Mass Index wird bestimmt und der Halsumfang gemessen. Zur Erfassung einer Tagesschläfrigkeit erhalten die Patienten einen spezifischen Fragebogen (sogenannte Epworth Sleepiness Scale). Dabei wird die subjektive Einschätzung einer Person hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit abgefragt, in acht vorgegebenen Situationen einzuschlafen.

Zur weiteren Abklärung wird eine Schlafuntersuchung empfohlen, die ambulant zu Hause in der gewohnten Umgebung durchgeführt werden kann. Diesbezüglich erhält die betroffene Person im Rahmen der Schlafsprechstunde ein tragbares Gerät (sogenannte respiratorische Polygrafie), welches Atembewegungen, Sauerstoffversorgung, Luftfluss durch die Nase und die Herzaktivität aufzeichnet. Am Folgetag werden die Daten der letzten Nacht ausgewertet und die Patienten über die Befunde und, falls nötig, weitere Behandlungsschritte informiert.

Bei unschlüssigen Befunden in der respiratorischen Polygrafie, welche beispielsweise bei der Abklärung eines milden bis leichten Schlafapnoe-Syndroms auftreten können, wird die Durchführung einer komplexeren Schlafuntersuchung, einer sogenannten Polysomnografie, im Schlaflabor des Inselspitals Bern empfohlen. Mit der Ableitung der Hirnstromkurve (EEG) kann in dieser Untersuchung zusätzlich beurteilt werden, ob und wie viel der Patient geschlafen hat und wie viele Aufwachreaktionen infolge der Schlafapnoe aufgetreten sind. Daneben können mit der Audio-Videografie die Art des Schnarchens und Verhaltensauffälligkeiten aufgezeichnet werden.

Behandlung des Schlafapnoe-Syndroms
Die bekannteste und wirksamste Therapie ist die Atemhilfe mittels Überdruckmaske, CPAP-Therapie (engl. continuous positive airway pressure) genannt. Dabei wird beispielsweise mit einer Nasenmaske ein kontinuierlicher Überdruck in den oberen Atemwegen erzeugt. Man bezeichnet diese Methode auch als «pneumatische Schienung», da die eingeblasene Luft verhindert, dass der Rachenraum im Schlaf zusammenfällt. Diese Therapie der Schlafapnoe erfordert eine gewisse Eingewöhnungszeit und muss in der Regel ein Leben lang angewendet werden. Aus diesem Grund lehnen viele Betroffene die CPAP-Therapie ab, obwohl sie sehr wirksam ist. In diesem Fall werden mit den betroffenen Personen alternative Therapieoptionen besprochen, zu denen die Anpassung einer speziell vom Zahnarzt angefertigten Zahnspange (sogenannte Protrusionsschiene), chirurgische Eingriffe und Verhaltensempfehlungen zählen.

Die Protrusionsschiene verschiebt den Unterkiefer nach vorne, was die oberen Atemwege mechanisch offen hält. Allerdings führt diese Therapie nicht bei allen Betroffenen mit Schlafapnoe zum Erfolg. Ausserdem können Nebenwirkungen wie übermässiger Speichelfluss, Mundtrockenheit, Schmerzen im Kiefergelenk und Zahnschmerzen auftreten. Mit den Betroffenen werden ergänzend Verhaltensmassnahmen bezüglich der Lebensumstände besprochen. Handelt es sich um ein mildes bis leichtes Schlafapnoe-Syndrom, das ausschliesslich in Rückenlage auftritt, können die Betroffenen versuchen, nachts die Rückenlage zu vermeiden. Hier hilft zum Beispiel das Tragen eines kleinen Rucksacks oder der Einsatz eines Schlaf-Positions-Trainer-Geräts (sogenannte NightBalance). Oftmals treten dennoch Atemaussetzer in der Seitenlage auf, sodass es nicht genügt, lediglich auf der Seite zu schlafen.

Schlafapnoe-Risikotest für Patienten auf: www.lungenliga.ch/schlafapnoe-test

Quelle und mehr Infos: www.inselgruppe.ch

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

Weitere Artikel zum Thema Krankheiten