Schon beim Wort Gebärmutterhalskrebs läuft es vielen Frauen kalt den Rücken runter. Dennoch ist es ein wichtiges Thema, mit dem man sich auseinandersetzen und vor dem man nicht einfach die Augen verschliessen sollte. Julia Schwarz, Spezialistin für Früherkennung bei der Krebsliga Schweiz, beantwortet wichtige Fragen zu Symptomen, Früherkennung und Heilungschancen bei Gebärmutterhalskrebs.
Frau Schwarz, was ist Gebärmutterhalskrebs?
Zu Beginn der Entwicklung von Gebärmutterhalskrebs bilden sich Zellen, die sich rascher teilen und anders aussehen als normale Zellen. In diesem Stadium hat sich erst die oberste Schicht der Schleimhaut verändert. Es besteht deshalb noch kein «richtiger» Gebärmutterhalskrebs, sondern eine Krebsvorstufe. Wenn die veränderten Zellen weiter in die Schleimhaut eindringen, entsteht Gebärmutterhalskrebs. Daher müssen die Vorstufen regelmässig kontrolliert werden. Über Lymph- oder Blutgefässe können die Krebszellen in andere Organe gelangen und dort Ableger (Metastasen) bilden.
Welche Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken?
Der wichtigste Risikofaktor für Gebärmutterhalskrebs ist die Infektion mit bestimmten Arten von humanen Papillomaviren (HPV). Weitere Risikofaktoren für Gebärmutterhalskrebs sind Rauchen, zusätzliche Infektionen der Geschlechtsorgane durch sexuell übertragbare Krankheitserreger (z. B. Chlamydien) sowie eine chronische Störung der Immunabwehr. Auch die langjährige Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln (Pille) kann das Risiko von Gebärmutterhalskrebs leicht erhöhen, wenn gleichzeitig eine Infektion mit HPV besteht.
Wie kann Gebärmutterhalskrebs frühzeitig erkannt werden?
Gebärmutterhalskrebs gehört zu den wenigen Krebsarten, die man frühzeitig erkennen und behandeln kann. Das Gebärmutterhalskrebs-Screening beruht auf einem regelmässig entnommenen Abstrich vom Gebärmutterhals. Dieser kann nach zwei Methoden untersucht werden: Zum einen auf Zellveränderungen («Pap-Test»), wie es in der Schweiz bisher in der Regel gemacht wird, und zum anderen auf HP-Viren («HPV-Test»), wie es international vermehrt der Fall ist. Aktuell deckt die obligatorische Grundversicherung jedoch die Kosten für den HPV-Test nicht. Die vorhandenen Studien weisen jedoch darauf hin, dass ein HPV-Test in der Altersgruppe 30–70 Jahre im Vergleich mit dem Pap-Test wirksamer und kosteneffizient ist.
Setzt sich die Krebsliga Schweiz dafür ein, dass die Kostenübernahme für den HPV-Test durch die Krankenkasse bald auch in der Schweiz kommt?
Die Krebsliga Schweiz fordert, dass die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten der HPV-Tests für das Screening in der Zielgruppe im Alter von 30 bis 70 Jahren deckt. Sie ist Teil einer Arbeitsgruppe, die einen Antrag an die zuständige Kommission plant, damit der HPV-Test in der Schweiz als Screening-Test kassenpflichtig wird. Zudem empfiehlt sie den Kantonen, organisierte Screenings von Gebärmutterhalskrebs in Form von Programmen in Betracht zu ziehen.
Gibt es Symptome, welche auf eine Erkrankung hinweisen?
Die Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses sind in der Regel ohne Symptome. Gebärmutterhalskrebs macht sich oft erst in fortgeschrittenen Stadien mit Beschwerden bemerkbar, z. B. durch Blutungen, schlecht riechenden Ausfluss aus der Scheide, Schmerzen im Unterbauch oder eine unerklärliche Gewichtsabnahme. Diese Beschwerden haben jedoch oft eine andere, harmlosere Ursache – dennoch sollten sie abgeklärt werden. Je eher eine Krebsvorstufe oder ein Tumor entdeckt wird, desto besser sind in der Regel die Heilungschancen.
Welche Rolle spielt das humane Papillomavirus (HPV) bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs?
Aktuell sind über 200 verschiedene HPV-Typen bekannt, welche die Haut oder die Schleimhäute infizieren können. Während die meisten Virentypen harmlos sind und Infektionen ohne Symptome verlaufen, können einige von ihnen Genitalwarzen oder gar Krebserkrankungen auslösen. Fast alle Tumore des Gebärmutterhalses gehen auf eine anhaltende Infektion mit bestimmten humanen Papillomaviren (HPV) zurück. Zudem verursachen HP-Viren verschiedene andere Krebserkrankungen im Genital- und Hals-Rachen-Bereich, beispielsweise Scheiden-, Penis-, Anal- oder Rachenkrebs. HPV wird in erster Linie beim Geschlechtsverkehr übertragen. Doch auch Hautkontakt mit einer infizierten Person kann ansteckend sein, vor allem im Genital-, Anal- oder Mundbereich. 70 bis 80 Prozent der sexuell aktiven Menschen stecken sich irgendwann im Verlauf ihres Lebens an. Meistens heilt eine HPV-Infektion ohne Beschwerden und ohne Folgen aus. Auch die HPV-bedingten Vorstufen bilden sich oft spontan zurück. In einigen Fällen wird die Infektion allerdings chronisch, und die Viren bewirken ein unkontrolliertes Wachstum der Zellen. Dann steigt das Risiko für Gebärmutterhalskrebs.
Wie kann man sich vor einer HPV-Infektion schützen?
Der beste Schutz bietet eine Impfung. Sie deckt die Virentypen ab, die für den grössten Teil der von Papillomaviren verursachten Krebsarten verantwortlich sind. Kondome verhindern zwar die Ansteckung mit gewissen sexuell übertragbaren Krankheiten, sie schützen aber nicht ausreichend vor HP-Viren.
Was sollte man beachten, wenn man sich für eine Impfung entscheidet?
Der Nutzen der HPV-Impfung ist am grössten, wenn sie vor den ersten sexuellen Erfahrungen und somit vor einer Infektion mit HP-Viren abgeschlossen ist. Die Krebsliga empfiehlt deshalb die HPV-Impfung allen Jugendlichen im Alter von 11 bis 14 Jahren. Auch für 15- bis 26-Jährige kann die HPV-Impfung Sinn machen, weshalb sie als Nachhol- bzw. ergänzende Impfung empfohlen wird. Im Rahmen der kantonalen Impfprogramme ist die Impfung für 11- bis 26-Jährige kostenlos. Allerdings schützt die Impfung nicht vor allen HPV-Typen.
Welche Untersuchungen werden zur Diagnose von Gebärmutterhalskrebs durchgeführt?
Bei Verdacht auf Gebärmutterhalskrebs werden unterschiedliche Untersuchungen gemacht. Die Wahl der Untersuchungsmethoden richtet sich nach der individuellen Ausgangslage und den jeweiligen Befunden. Nebst der körperlichen Untersuchung besteht die Möglichkeit, einen Krebsabstrich (Pap-Test), einen HPV-Test und allenfalls eine Untersuchung mit der Lupe (Kolposkopie) durchzuführen. Die Diagnose Krebs stellt die Ärztin oder der Arzt jedoch anhand einer Gewebeprobe (Biopsie). Danach muss abgeklärt werden, ob sich der Krebs schon über den Gebärmutterhals hinaus ausgebreitet hat und ob Organe von Metastasen betroffen sind. Dafür nutzt die Ärztin oder der Arzt zusätzliche Methoden wie das Ausschneiden eines Gewebestückes (Konisation), den Ultraschall (Sonografie) oder die Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie).
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei Gebärmutterhalskrebs?
Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten bei Gebärmutterhalskrebs. Sie hängen vom Stadium der Erkrankung ab. Krebsvorstufen und Gebärmutterhalskrebs werden nicht auf dieselbe Weise behandelt. Der wichtigste Unterschied: Krebsvorstufen können so behandelt werden, dass die Gebärmutter erhalten bleibt. Bei Krebsvorstufen wird häufig zuerst abgewartet und beobachtet, da sich diese oft von alleine zurückbilden. Bei Gebärmutterhalskrebs kann aber eine Operation (mit oder ohne Gebärmutterentfernung) und/oder eine Radiochemotherapie (Strahlentherapie, kombiniert mit Chemotherapie) nötig sein.
Wie hoch ist die Heilungschance bei Gebärmutterhalskrebs, wenn er frühzeitig erkannt wird?
Je früher Gebärmutterhalskrebs erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Bei Vorstufen sind die Heilungschancen sehr gut – oft bilden sich die Zellveränderungen auch von selbst wieder zurück. Doch nicht immer sind die Aussichten so gut. Pro Jahr erhalten 260 Frauen neu die Diagnose Gebärmutterhalskrebs, 75 sterben jedes Jahr daran. Nach fünf Jahren leben noch 68 Prozent der Betroffenen.
Gibt es Langzeitfolgen oder Spätfolgen nach einer Behandlung von Gebärmutterhalskrebs?
Bei Gebärmutterhalskrebs in Frühstadien kann die Gebärmutter häufig erhalten werden. Frauen können so auch nach der Behandlung noch schwanger werden. In fortgeschrittenen Stadien muss die Gebärmutter meistens entfernt werden oder eine Radiochemotherapie erfolgen. In diesen Fällen kann die Frau nicht mehr schwanger werden. Betroffene Frauen sollten einen allfälligen Kinderwunsch vor der Therapie mit dem Behandlungsteam besprechen. Eventuell sind gewisse Massnahmen möglich, um die Fruchtbarkeit vorübergehend zu erhalten. Informationen dazu bietet auch die Krebsliga. Weitere Langzeitfolgen sind abhängig von der gewählten Therapieform. Müssen zum Beispiel neben der Gebärmutter auch die Eierstöcke entfernt werden, treten unmittelbar die Wechseljahre ein. Mögliche Spätfolgen einer Chemotherapie können unter anderem chronische Müdigkeit, Nervenschäden oder Herzerkrankungen sein.
Gibt es bestimmte Altersgruppen, die ein höheres Risiko für Gebärmutterhalskrebs haben?
Von HPV-Infektionen sind laut BAG besonders die 16- bis 25-Jährigen betroffen. Die Häufigkeit der HPV-Infektionen steigt mit der Anzahl Sexualpartner, und das Infektionsrisiko ist zu Beginn der sexuellen Aktivität am höchsten. In diesem Alter sind HPV-Infektionen sehr häufig, heilen jedoch meist von alleine ab. Laut dem Schweizerischen Krebsbericht von 2021, welcher den Zeitraum von 2013 bis 2017 untersucht, nahm die Neuerkrankungsrate zwischen dem 25. und 40. Lebensjahr zu. Danach blieb sie (mit Schwankungen) bis zum 85. Lebensjahr relativ stabil, bevor sie wieder zunahm. Die Sterberate nahm ab dem 25. Lebensjahr – mit Schwankungen – ständig leicht zu. Das mittlere Erkrankungsalter betrug 52 Jahre, das mittlere Sterbealter 66 Jahre.
Wie oft sollte man sich auf Gebärmutterhalskrebs untersuchen lassen?
Die Krebsliga empfiehlt allen Personen mit Gebärmutterhals im Alter von 21 bis 70 Jahren alle drei Jahre einen Krebsabstrich durchführen zu lassen. Da die HPV-Impfung nicht vor allen HP-Viren schützt, die Krebs auslösen können, empfiehlt die Krebsliga, dass auch geimpfte Personen regelmässig einen Krebsabstrich machen lassen. Wird eine Krebsvorstufe diagnostiziert, wird die Ärztin oder der Arzt den Untersuchungszeitraum und gegebenenfalls auch die Methode individuell anpassen.
Gibt es alternative Behandlungsmethoden oder ergänzende Therapien bei Gebärmutterhalskrebs?
Je nach Krankheitsbild besteht die Möglichkeit, dass zielgerichtete Therapien in Form von monoklonalen Antikörpern eingesetzt werden, welche gezielt Botenstoffe blockieren. Des Weiteren kann unter Umständen auch eine Immuntherapie sinnvoll sein. Welche Therapieform im Einzelfall jedoch am geeignetsten ist, gilt es immer mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten abzusprechen. Sie können individuelle Empfehlungen abgeben.
Gebärmutterhalskrebs – Symptome, Früherkennung und Heilungschancen
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Gebärmutterhalskrebs
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