Mikro- und Nanopartikel verschmutzen die Umwelt, das ist bekannt. Was aber machen sie mit menschlichen Zellen? Sind sie schädlich? Das untersuchen Forschende am Universitätsspital Zürich (USZ) schon länger.
«Eine Forschergruppe aus Wien hat letzten Herbst nachgewiesen, dass menschlicher Stuhl Mikropartikel von Plastik enthält», erzählt Michael Scharl, Prof. Dr. med. Er ist Forschungsleiter an der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie am USZ und untersucht, was Mikro- und Nanopartikel im menschlichen Körper anrichten. «Mikropartikel – also Teile im Millimeterbereich – sind so gross, dass sie vom Körper nicht aufgenommen werden», erklärt er.
Sie werden zwar mit der Nahrung eingenommen, vom menschlichen Körper aber direkt wieder ausgeschieden. Mikropartikel oder noch grössere Partikel scheinen daher für den menschlichen Körper – im Gegensatz zu beispielsweise Fischen, die daran sterben können – keine grössere Relevanz zu haben. «Was für die Menschen wichtig ist, sind die Nanopartikel», sagt Michael Scharl.
Körper nimmt Nanopartikel auf
Dabei handelt es sich um Teilchen, die unter einem Millimeter gross sind. Der Klinikdirektor der Gastroenterologie und Hepatologie, Gerhard Rogler, Prof. Dr. med. Dr. phil., hat schon vor 15 Jahren begonnen, diese zu untersuchen. Michael Scharl treibt diese Forschung nun weiter. «Wir konnten vor zwei Jahren nachweisen, dass Nanopartikel von den Darmschleimhautzellen aufgenommen werden», erläutert er.
Die winzigen Teilchen wandern dann durch die Schleimhautzellen hindurch und werden von den Immunzellen vom Körper aufgenommen. Darin lösen sie eine Entzündungsreaktion aus. Mit den Immunzellen verteilen sie sich anschliessend im ganzen Körper. Die Forschungsgruppe konnte nachweisen, dass Patienten mit chronischen Darmentzündungen eine deutlich höhere Konzentration von Nanopartikeln im Blut haben als gesunde Menschen.
Unklare Ursache von Darmentzündungen
«Diesen Patienten fehlt die erste Barriere im Darm, dadurch nehmen sie mehr Nanopartikel, z.B. aus der Nahrung, auf», weiss Michael Scharl. Allerdings konnte bisher nicht bewiesen werden, dass die Nanopartikel die Darmentzündungen auslösen. Ursache und Wirkung müssen noch geklärt werden. Genauer untersucht haben die Forscher Titandioxid, das als E 181 bekannt ist. Diese Substanz kommt in fast allen weissen Lebensmitteln und in Hygieneprodukten vor: Mehl, Zucker, Kaugummis, Zahnpaste.
Von der WHO wird Titandioxid als potenziell krebserregend eingestuft. Es gibt aber keine Regularien in der Industrie, in welchen Mengen Titandioxid eingesetzt werden soll oder darf. Und: E181 muss auf Lebensmitteln nicht einmal deklariert sein. «Wenn Sie ein Produkt kaufen, auf dem kein E181 aufgeführt wird, kann es trotzdem sein, dass Titandioxid drinsteckt», erklärt Michael Scharl. «Kausal konnten wir bis jetzt jedoch noch nicht nachweisen, dass Titandioxid in der Nahrung alleine tatsächlich krankmacht. Nur, dass es Darmentzündungen verstärkt», sagt Michael Scharl.
Am besten ausgewogen ernähren
Zusammenfassend kann Folgendes festgehalten werden: Es gibt Hinweise, dass Nanopartikel für Menschen gesundheitsschädigend sein können. «Wir können zum heutigen Zeitpunkt aber nicht sagen, dass diese direkt für Krankheiten verantwortlich sind», betont Michael Scharl. Vermutlich sind sie einer von vielen Faktoren, die dazu beitragen, dass Menschen beispielsweise an chronischen Entzündungen erkranken. Es existieren nämlich unzählige andere Giftstoffe, die in Lebensmitteln und Verpackungen vorkommen und potenziell schädlich sind. Zum Beispiel Nanoplastik.
Michael Scharl untersucht dies aktuell in einer Studie: «Wenn man Nanoplastik in hohen Konzentrationen auf menschliche Zellkulturen gibt, sterben diese». Das passiert mit anderen Nanopartikeln nicht gleichermassen. Kleinste Teilchen Plastik scheinen also direkt giftig zu sein. Aber: Es gibt noch keine Daten dazu, was Nanoplastik mit Menschen tatsächlich macht. «Das testen wir gerade. Die Ergebnisse dürften nicht nur für uns, sondern für die ganze Bevölkerung von grosser Relevanz sein», sagt Michael Scharl. Seine Empfehlung bezüglich Essen: «Am besten von allem ein wenig und möglichst abwechslungsreich und frisch. So leisten Sie einen essentiellen Beitrag zu Ihrer Gesundheit».
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