Es gibt viele Ursachen für einen Hörverlust – Alter ist nur ein Faktor

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Hörverlust
Hörverlust
Quelle: TCS MyMed

Das Gehör ist ein elementarer Bestandteil in unserem Leben, der uns die Kommunikation und die Interaktion im sozialen wie auch im beruflichen Alltag ermöglicht. Was aber, wenn das Hören plötzlich schwerfällt und die gehörten Worte und Geräusche nicht mehr klar zu erkennen sind? Im Interview mit TCS MyMed beantwortet Heike Zimmermann von Pro Audito Schweiz wichtige Fragen zum Thema «Schwerhörigkeit».

Frau Zimmermann, es ist bekannt, dass mit zunehmendem Alter das Hörvermögen abnimmt – jedoch verpassen viele den Moment, etwas dagegen zu unternehmen. Welche Folgen können durch die Hörminderung auftreten?
Das Hören ist für Menschen der Schlüssel zur Sprache und damit zu sozialen Beziehungen. Hörverlust geht häufig mit sozialer Isolation, Abhängigkeit, Frustration und Depression einher. Ausserdem scheint Hörverlust ein Risikofaktor für Demenz zu sein. Eine frühzeitige Versorgung ist daher ratsam und wichtig.

Laut WHO steht die Altersschwerhörigkeit an fünfter Stelle der Erkrankungen, welche die Lebensqualität am meisten beeinträchtigen. Gibt es Zahlen, welche Altersgruppen wie stark betroffen sind?
In der Schweiz gibt es keine gute Statistik zur Altersverteilung. Was man heranziehen könnte, ist die Zahl der Hilfsmittelbezüger – diese decken allerdings nur jene Personen ab, die bei der IV/AHV Beiträge für die Hörgeräte bekommen haben. Hier sind ca. zwei Prozent der Hörgerätebezüger 0 bis 19 Jahre alt, 20 Prozent sind 20 bis 65 Jahre alt, und rund 80 Prozent sind 65+. Gemäss WHO ist ab 60 Jahren gut ein Drittel betroffen, bei der Altersgruppe 70+ sind es bereits zwei von drei und bei den über 80-Jährigen schon 80 Prozent.

Kann es auch jüngere Menschen treffen?
Ja, es gibt viele Ursachen für einen Hörverlust – Alter ist nur ein Faktor. Weitere Faktoren sind starke Lärmexposition, genetische Veranlagung, Komplikationen bei der Geburt, Schwerhörigkeit durch Infektionskrankheiten und chronische Ohrenentzündungen sowie der Kontakt mit für das Ohr giftigen Substanzen.

Gibt es Begleiterkrankungen, die durch das schlechte Hören auftreten?
Hörverlust kann mit einigen Begleiterkrankungen oder auch Begleitsymptomen einhergehen. Personen, die zum Beispiel einen plötzlichen Hörsturz (z. B. bei einer Infektion oder wegen genetischer Ursachen) erleiden, haben häufig auch Symptome wie Tinnitus (Ohrgeräusch), Schwindel und eine Überempfindlichkeit gegenüber Schall. Hörverlust im Alter ist zudem ein Risikofaktor für Demenz und Depressionen. Ausserdem scheinen ältere Menschen mit Hörverlust häufiger zu stürzen, haben ein erhöhtes Risiko für Frakturen und Infarkte.

Meistens fällt es den Betroffenen selbst gar nicht auf, dass sie schlechter hören, sondern dem Umfeld. Wie sollte man in dieser Situation kommunizieren?
Wir empfehlen, darauf zu sensibilisieren und die Person zu motivieren, einen Hörtest zu machen. Auf unserer Website kann man ganz unverbindlich und kostenlos einen solchen Test machen: www.pro-audito.ch/hoertest/.

Gibt es einen Tipp, wie man sein Gehör selbst einschätzen kann?
Durch unseren Online-Hörtest erhält man eine erste Einschätzung des eigenen Gehörs. Sollte der Test eher negativ ausfallen oder hat man das Gefühl, dass etwas mit dem Gehör nicht stimmt, sollte man sich durchchecken lassen. Das eigene Gehör ist sehr wichtig, und man sollte sich gut darum kümmern.

Lässt sich die Altersschwerhörigkeit behandeln? Wenn ja, wie?
Es gibt im Moment keine Möglichkeit, die Haarzellen im Innenohr zu reparieren. Die beste Möglichkeit ist, sich mit Hörgeräten und Hilfsmitteln zu versorgen sowie aktiv zu bleiben und sich mit anderen auszutauschen. Gratis Lippenlese-Training von Pro Audito oder unsere Hörtrainings in Kombination mit Lippenlesen können unterstützend in Anspruch genommen werden.

Wie gut stehen die Chancen, durch eine richtige Therapie das Hören zu verbessern?
Wichtig ist es, zwischen Hören und Verstehen zu unterscheiden – das Ohr leitet den Sinneseindruck an das Gehirn weiter, und dieses muss das Gehörte dann verarbeiten. Durch das Tragen eines Hörgeräts kann der Teil des Hörens schon mal optimiert werden, was essenziel ist. Es kann sein, dass das Gehirn einen Moment braucht, um sich an die neuen Höreindrücke mit Hörgerät zu gewöhnen. Hat es das einmal geschafft, geht es nun noch um das Verstehen des Gehörten. Es ist wichtig, dass die Geräte gut eingestellt sind und dann jeden Tag getragen werden. Hierzu gilt die 12x12-Regel: 12 Wochen à 12 Stunden tragen, bis sich das Gehirn daran gewöhnt hat. Es kann zudem helfen, sich andere Sinne als Ergänzung des Hörens zu Hilfe zu nehmen Pro Audito bietet Hör- und Lippenlesetrainings.

Welche Hilfsmittel stehen den Betroffenen zur Verfügung, die bereits an einer fortgeschrittenen Altersschwerhörigkeit leiden?
Hörgeräte, aber auch Cochlea Implantationen werden mittlerweile vermehrt auch bei älteren Personen angewandt. Idealerweise in Kombination mit Hörtrainings mit Lippenlesen. Zudem können auch Hilfsmittel für Telefonieren, Partnermikrofone, Höranlagen, Signalanlagen, Lichtwecker usw. zusätzlich unterstützen.

Wie stark schränkt die Hörminderung die Betroffenen in ihrem Alltag ein?
Hier kann keine pauschale Aussage getroffen werden, da es sehr individuell ist. Es kommt auf den Schweregrad, die kognitiven Ressourcen, das Umfeld sowie die Versorgung und diverse weitere Faktoren an.

Pro Audito Schweiz hat diverse Angebote für Betroffene. Was sind das für Angebote?
Wir versuchen, den Betroffenen eine bestmögliche Unterstützung zu bieten und dadurch ihr Leben wieder leichter zu machen. Zu unseren Angeboten gehören Hörtrainings mit Lippenlesen, Online-Training auf lippenlesen.ch/login, Informationsveranstaltungen, das Magazin «Dezibel», Schriftdolmetschen, verschiedene Workshops und Kurse zu Beruf und Schwerhörigkeit, digitale Helfer usw. Alle Angebote findet man auf unserer Website: www.pro-audito.ch.

Quelle und in Zusammenarbeit mit Pro Audito Schweiz. Pro Audito ist eine unabhängige Non-Profit-Organisation, die sich dafür einsetzt, dass die rund 1,3 Million Menschen mit Schwerhörigkeit in der Schweiz die gleichen Rechte und Chancen haben.

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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