Akutbehandlung: Wenn ein Mensch vor sich selbst geschützt werden muss

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Quelle: TCS Info Feed

Die Privatklinik Wyss AG in Münchenbuchsee eröffnet im September eine neue Abteilung für Akutbehandlungen, da sich die Ansprüche in den letzten 20 Jahren verändert haben. Das gesamte Haus wird künftig in drei Bereiche aufgeteilt, die jeweils getrennt, offen oder geschlossen geführt werden können. Doch wer wird auf der Akutabteilung behandelt und wie gestaltet sich ein solcher Aufenthalt? Dr. med. Christian Imboden EMBA, ärztlicher Direktor und Vorsitzender der Klinikleitung der Privatklinik Wyss AG, gibt Antworten auf die Fragen rund um die Akutbehandlung.

Herr Imboden, Sie eröffnen im September eine neue Akutabteilung. Wer kann hier behandelt werden?
Grundsätzlich können auf einer psychiatrischen Akutabteilung verschiedene Krankheitsbilder mit akuter und schwerer Symptomatik wie Manie, Psychose, schwere Depression aber auch Suchterkrankungen gut behandelt werden.

In der Privatklinik Wyss können Akutbehandlungen wie auch Kriseninterventionen durchgeführt werden. Wie unterscheiden sich diese Behandlungen?
Bei der Krisenintervention steht in der Regel eine akute psychische Krise, ausgelöst durch belastende Umstände wie Trennung, Verlust oder Konflikte, im Vordergrund. Dabei wird stark im «Hier und Jetzt» gearbeitet und auf das Bewältigen der Krise fokussiert. In der Akutbehandlung werden eher schwere psychiatrische Krankheitsbilder behandelt, welche zum Teil auch aufgrund von Eigen- oder Fremdgefährdung, erhöhte Ansprüche an die Sicherheit der Patientinnen und Patienten mit sich bringen.

Über welchen Zeitraum können Betroffene auf der Akutabteilung behandelt werden?
Dies kann stark variieren und hängt von der Erkrankung und deren Symptomatik ab. Die Behandlungsdauer ist bei jedem Betroffenen individuell abzustimmen.

Wie läuft ein solcher Aufenthalt ab?
Bei Eintritt erfolgt eine diagnostische Einschätzung inklusive einer eventuellen Eigen- oder Fremdgefährdung. Diese kann in den ersten Tagen durch weitere Untersuchungen sowie Angaben von Angehörigen und vorbehandelnden Ärzten ergänzt werden. In einer schweren psychiatrischen Krisensituation sind tagesstrukturierende Elemente sowie Psychopharmaka wichtige Bestandteile der Behandlung. Die Medikamente sollen helfen, dass sich die Symptomatik möglichst rasch verbessert und somit eine Weiterbehandlung auf einer anderen Abteilung oder im ambulanten Rahmen wieder möglich wird.

Ist die Behandlung für die Betroffenen in jedem Fall freiwillig?
Grundsätzlich wird eine freiwillige Behandlung angestrebt. Es kann aber sein, dass Patientinnen oder Patienten mit erheblicher Eigen- oder Fremdgefährdung und fehlender Krankheitseinsicht, respektive Behandlungsmotivation, für eine begrenzte Zeit gegen ihren Willen per Fürsorgerischer Unterbringung (FU) in die Klinik eingewiesen werden.

Bei welchen Anzeichen sollten Familie oder Freunde handeln?
Sobald ein Mensch Äusserungen macht, dass er nicht mehr weiterleben möchte oder sich das Umfeld von jemandem bedroht fühlt, muss gehandelt werden. Auch bei neuen und deutlichen Verhaltensänderungen wie vermehrtem Antrieb, bizarren Äusserungen oder plötzlicher Aggressivität kann eine schwere psychiatrische Erkrankung vorliegen. Ansprechpersonen können der behandelnde Arzt, Hausarzt oder auch die Polizei sein.

Wie erfolgt eine Klinikeinweisung?
Eine Klinikeinweisung erfolgt in der Regel durch einen Arzt oder eine Ärztin.

Was sollte beim Eintritt in die Klinik mitgebracht werden?
Das, was man für einige Tage für sich selbst braucht. Also Kleider, Toilettenartikel, etwas zum Lesen, Handyladegerät und so weiter. Was die Betroffenen mitnehmen, ist sehr unterschiedlich und auf ihre eigenen Bedürfnisse abgestimmt.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei einer Akutbehandlung?
Auf einer Akutabteilung erfolgen regelmässige therapeutische Gespräche mit Ärzten/Ärztinnen und Psychologen, Gruppentherapien mit körperlichem und gestalterischem Fokus sowie der Einsatz von Medikamenten.

Werden die Kosten für die Behandlung von der Krankenkasse übernommen?
Beim Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung werden die Kosten eines Aufenthalts von der Krankenkasse übernommen.

Was raten Sie Betroffenen mit psychischen Erkrankungen?
Es ist hilfreich, die eigene Erkrankung sowie Frühwarnzeichen gut zu kennen und auch zu wissen, welche Verhaltensweisen individuell stabilisierend wirken und was eher problematisch ist. Des Weiteren empfiehlt es sich, regelmässig bei einem Arzt und eventuell einem psychologischen Psychotherapeuten in Behandlung zu sein. Verordnete Medikamente sollten regelmässig eingenommen werden. Weitere hilfreiche Möglichkeiten sind Selbsthilfegruppen, Unterstützung durch einen Peer – selbst von psychiatrischen Erkrankungen betroffenen Menschen mit spezieller Ausbildung – und der psychiatrische Spitex.



Für Anregungen und Inputs, können Sie uns gerne per Mail kontaktieren: med@tcs.ch

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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