Süssstoffe im Fokus: Wie gesund sind Aspartam, Stevia und Co. wirklich?

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Süssstoffe
Süssstoffe
Quelle: TCS MyMed

Süssstoffe stehen immer wieder in der Kritik und werfen Fragen auf: Sind Sie tatsächlich krebserregend? Verursachen sie Heisshunger und führen so zu Gewichtszunahme? Verändern sie die Darmflora und schaden sie dem Körper insgesamt? In diesem Artikel klären wir die häufigsten Mythen und zeigen, welche Süssstoffe empfehlenswert sind – und worauf Verbraucherinnen und Verbraucher achten sollten.

Süssstoffarten

  • Aspartam
  • Saccharin  
  • Sucralose
  • Cyclamat
  • Acesulfam-K
  • Steviaglycoside

Zuckeralkohole 

  • Sorbit
  • Xylit
  • Erythrit
  • Maltit
  • Isomalt

Frau Pfändler, sind Süssstoffe wie Aspartam, Stevia und Erythrit wirklich gesünder als Zucker?
Die WHO empfiehlt, maximal zehn Prozent der täglichen Kalorienzufuhr in Form von Zucker aufzunehmen. Bei einem Energiebedarf von 2’000 kcal/Tag resultiert daraus eine empfohlene Tageshöchstmenge von 50 Gramm Zucker. Zur Veranschaulichung: Bereits ein Glas Süssgetränk (2,5 Deziliter) und ein Schokoriegel (50 Gramm) decken diese Menge vollständig ab. Laut Schätzungen des BLV (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen), die sich auf die Daten von Agristat stützen, konsumiert die durchschnittliche Schweizer Bevölkerung etwa doppelt so viel Zucker wie die empfohlene Höchstmenge von 50 Gramm pro Tag. Dies erhöht unter anderem das Risiko für Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes Typ 2. Um den Zuckerkonsum zu reduzieren, können Süssstoffe einen sinnvollen Beitrag leisten.

Welche Unterschiede gibt es zwischen künstlichen und natürlichen Süssstoffen?
Der Unterschied liegt in der Gewinnung der Süssstoffe. Die künstlichen werden synthetisch im Labor hergestellt und die natürlichen werden aus Pflanzen wie der Stevia-Pflanze extrahiert. Aufgrund des hohen Verarbeitungsgrads unterscheiden sich die Süssstoffe am Ende nicht in ihrer Funktion. Daher ist die weitverbreitete Annahme «natürlich = besser» nicht haltbar. Gemeinsam haben sie, dass sie kalorienfrei sind, mit Ausnahme von Aspartam, das geringe Eiweisskalorien liefert, und ein Vielfaches der Süsskraft von Haushaltszucker haben.

Wie sieht es bei den Zuckeralkoholen aus?
Wichtig ist die Abgrenzung zu den Zuckeralkoholen, die ebenfalls als Süssungsmittel verwendet werden. Da sie vom Körper nur teilweise verstoffwechselt werden, liefern sie nur etwa halb so viele Kalorien wie der Haushaltszucker (2,4 kcal/g), sind jedoch ähnlich in der Süsskraft. Erythrit ist als einziger Zuckeralkohol kalorienfrei. Es ist zu beachten, dass der Konsum von grösseren Mengen an Zuckeralkoholen zu unerwünschten Symptomen wie Blähungen, Bauchschmerzen oder Durchfall führen kann. Diese Beschwerden entstehen, wenn Bakterien im Dickdarm die unverdaulichen Kohlenhydrate fermentieren.

Eine positive Eigenschaft von Süssstoffen und Zuckeralkoholen ist, dass sie zahnfreundlich sind und keine Karies verursachen.

Gibt es wissenschaftliche Hinweise darauf, dass Süssstoffe den Stoffwechsel oder die Darmflora beeinflussen?
Einige Studien zeigen, dass Süssstoffe wie Acesulfam K, Aspartam, Saccharin, Sucralose und Steviolglykoside die Zusammensetzung des Darmmikrobioms verändern können. Als Folge davon können sich ungünstige Bakterien vermehren und die guten verdrängen. Dieses Ungleichgewicht kann zu Verdauungsproblemen, Entzündungen oder Stoffwechselveränderungen führen. Die Ergebnisse in Humanstudien sind jedoch nicht eindeutig und es bleibt unklar, ob und in welchem Ausmass diese Veränderungen langfristige gesundheitliche Folgen haben.

Kann der regelmässige Konsum von Süssstoffen Heisshungerattacken oder andere Nebenwirkungen auslösen?
Die Wirkung von Süssstoffen auf den Appetit und die Nahrungsaufnahme ist umstritten. Es wird diskutiert, ob der süsse Geschmack in Kombination mit der fehlenden Kalorienzufuhr den Appetit steigert und dadurch zu einer erhöhten Energieaufnahme führt. Die aktuelle Studienlage dazu ist jedoch sehr widersprüchlich und es bedarf weiterer Forschung, um klare Erkenntnisse zu gewinnen. Was jedoch nachweislich bekannt ist: Süssstoffe fördern weder die Freisetzung von Sättigungshormonen noch reduzieren sie das hungerauslösende Hormon Ghrelin.

Welche Süssstoffe gelten als besonders empfehlenswert, welche sollte man eher meiden?
Es gibt keine offizielle Rangliste der zugelassenen Süssstoffe, jedoch werden Saccharin und Sucralose mit möglichen Auswirkungen auf den Blutzucker und einer verringerten Insulinsensitivität in Verbindung gebracht. Dies könnte ein Grund sein, andere Süssstoffe zu bevorzugen. Wir empfehlen generell einen bewussten Umgang mit Süssstoffen – mit dem Ziel, sich langfristig vom süssen Geschmack zu entwöhnen. Da manche Süssstoffe geschmacklich als bitter, metallisch oder künstlich wahrgenommen werden, sollte ihre Auswahl den individuellen Vorlieben angepasst werden.

Wie wirken sich Süssstoffe auf den Blutzuckerspiegel und die Insulinausschüttung aus?
Die meisten Süssstoffe haben keinen nachweisbaren Einfluss auf den Blutzuckerspiegel oder die Insulinfreisetzung. Lediglich Sucralose und Saccharin stehen im Verdacht, einen Blutzuckeranstieg und eine daraus resultierende Insulinantwort auszulösen. Dabei ist zu beachten, dass bei der Einnahme von Sucralose und Saccharin individuelle Reaktionen stark variieren und es sowohl Responder als auch Non-Responder gibt. In moderaten Mengen konsumiert, haben Süssstoffe in der Regel keinen Einfluss auf den Blutzucker oder die Insulinreaktion.

Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es zum potenziellen krebserregenden Risiko von Süssstoffen?
Süssstoffe werden im Rahmen des Zulassungsverfahrens auf ihr Krebsrisiko geprüft und nur zugelassen, wenn keine gesundheitliche Gefährdung besteht. Erst kürzlich hat die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) den Süssstoff Aspartam erneut bewertet und ihn in die Kategorie «möglicherweise krebserregend» eingestuft. Das bedeutet aber nicht, dass Aspartam tatsächlich Krebs verursacht. Der wissenschaftliche Beweis dafür ist schwach. In Ernährungsstudien ist es oft schwierig, klare Aussagen zu treffen, da viele Faktoren das Ergebnis beeinflussen können. 

Im Rahmen der Zulassung wird zudem ein ADI-Wert (Acceptable Daily Intake) der Süssstoffe festgelegt. Dies beschreibt die tägliche Aufnahmemenge pro Kilogramm Körpergewicht, die ohne gesundheitliche Folgen konsumiert werden kann. Er basiert auf einem hohen Sicherheitsfaktor (meist 100), sodass gelegentliche Überschreitungen unbedenklich sind. Ein massvoller und bewusster Umgang mit Süssstoffen bleibt dennoch wichtig.

Wie beeinflusst Werbung unser Kaufverhalten bei Süssstoffen und «zuckerfreien» Produkten?
Viele süssstoffhaltige Produkte werben mit Begriffen wie «zuckerfrei», «ohne Zuckerzusatz» oder «kalorienarm». Diese Begriffe suggerieren, dass sie grundsätzlich gesund sind, obwohl ein Produkt ohne Zucker nicht automatisch nährstoffreich oder förderlich für die Gesundheit ist. Diese irreführenden Kennzeichnungen können dazu führen, dass Verbraucher unbewusst grössere Mengen konsumieren.

Werden in der Werbung oft übertriebene oder falsche Gesundheitsversprechen gemacht? Wie kann man sich davor schützen?
Das Lebensmittelrecht sorgt für Transparenz und schützt vor Täuschung bei der Deklaration von Produkten, dennoch bleibt Spielraum für geschicktes Marketing. Daher lohnt es sich, die Zutatenliste und Nährwerttabelle kritisch zu prüfen. Die zuerst aufgeführten Zutaten auf der Zutatenliste sind mengenmässig am meisten enthalten. In der Nährwerttabelle umfasst der Begriff «davon Zucker» sowohl natürliche (zum Beispiel Fruchtzucker) als auch zugesetzte Zucker (zum Beispiel Haushaltszucker). Ein Blick auf die Zutatenliste hilft, den Unterschied zu erkennen. Lebensmittel, die Süssungsmittel enthalten, müssen mit der Angabe «mit Süssungsmitteln gesüsst» oder ähnlich gekennzeichnet werden.

Was ist Ihr wichtigster Tipp für Verbraucher, die Zucker reduzieren oder ersetzen möchten?
Der erste Schritt zur Zuckerreduktion besteht darin, eine persönliche Motivation zu entwickeln. Dies kann beispielweise die positive Beeinflussung des Körpergewichts oder die Prävention von Erkrankungen wie Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Mit einem konkreten Ziel fällt die Umsetzung leichter. Wir empfehlen eine schrittweise Reduktion des Zuckerkonsums, um sich langsam vom süssen Geschmack zu entwöhnen. Süssstoffe können dabei als Übergangslösung hilfreich sein. Mit der Zeit passt sich unser Geschmacksinn an weniger süsse Reize an, das Verlangen nach Zucker nimmt ab und der natürliche Geschmack wird wieder mehr geschätzt. Bei allen Produkten ist die Menge entscheidend. Werden Süssstoffe in hohen Mengen eingesetzt, können wir uns nicht vom süssen Geschmack entwöhnen. Daher lohnt sich ein sinnvoller Umgang mit allen Süssungsmitteln.

Ein guter Einstieg: Trinken Sie Ihren Kaffee oder Tee ungesüsst und geben Sie sich mindestens drei Wochen Zeit. Danach wird der natürliche Geschmack oft bevorzugt.

die Expertin


Fabienne Pfändler, Studierende BSc Ernährung und Diätetik, Spital Limmattal

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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