Gesund essen: Was ist dran am Hype um Superfoods?

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Superfoods
Superfoods
Quelle: Universitätsspital Zürich & TCS MyMed

Sie sollen uns leistungsfähiger machen, beim Abnehmen helfen oder vor Krebs schützen. Superfoods sind aus unserem Speiseplan kaum mehr wegzudenken. Doch wie gesund sind Chiasamen, Gojibeeren und Co. wirklich? Philipp Gerber, leitender Arzt an der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und klinische Ernährung am Universitätsspital Zürich, mit spannenden Fakten.

Zum Frühstück ein Quinoa-Granola-Müsli, zum Mittagessen eine Chia-Power-Bowl mit Avocado und für den kleinen Hunger zwischendurch den Powerriegel mit Gojibeeren: Ein solches Superessen ist heutzutage in aller Munde. Kein Wunder, denn Superfoods wie Chiasamen, Goji- und Açaibeeren, Quinoa, Spirulina- oder Weizengraspulver sollen unserer Gesundheit ganz besonders guttun – so versprechen es zumindest die Vertreiber solcher Produkte.

Als sogenannte Superfoods werden pflanzliche Lebensmittel und daraus hergestellte Produkte wie Pulver oder Tabletten bezeichnet, die besonders reich an bestimmten Nährstoffen sind. Schon der Verzehr kleiner Mengen soll den Tagesbedarf an bestimmten Vitaminen oder Mineralien decken. Zudem sollen sie ein hohes antioxidatives Potenzial haben. Will heissen: Sie neutralisieren freie Radikale im Körper besonders gut. Daher gelten sie oftmals als Anti-Aging-Wundermittel oder sollen vor Krebs schützen. Einige senken das Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko, andere den Blutzuckerspiegel, wieder andere machen uns besonders leistungsfähig, stärken das Immunsystem oder helfen beim Abnehmen.

Super teuer, super Marketing
Fakt ist: Der Begriff Superfood ist gesetzlich nicht geschützt. Es ist ein reiner Marketingbegriff, den man genauso gut für Randen oder Kiwis verwenden kann. Beide Lebensmittel sind ebenfalls reich an bestimmten Nährstoffen, aber beide gehören längst zu unserem Speiseplan. Bei Superfoods ist das etwas praktischer. Sie kommen immer aus exotischen Ländern und werden in unseren Breitengraden neu eingeführt – zusammen mit ihrer Marketing-Geschichte.

Die gesunde Wirkung und den Stempel «Superfood» lassen sich Konsumentinnen und Konsumenten gerne etwas kosten. 100 Gramm Bio-Weizengraspulver ist für rund 11 Franken erhältlich, 100 Gramm Acerola-Lutschtabletten bekommt man für knapp 23 Franken. Dagegen sind 100 Gramm getrocknete Bio-Gojibeeren für 6 Franken ein Schnäppchen.

Und was ist dran an der besonderen Wirkung der Superfoods?
Tatsächlich lässt sich die besonders hohe Konzentration einzelner ausgelobter Nährstoffe oder Antioxidantien unter Laborbedingungen nachweisen. «Die Frage ist, ob sie in unserem Körper auch so wirken, wie es auf der Verpackung behauptet wird», sagt Philipp Gerber, leitender Arzt an der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und klinische Ernährung am Universitätsspital Zürich. Zu den einzelnen Superfoods gebe es keine guten wissenschaftlichen Studien, wie das etwa bei Medikamenten der Fall sei. Es bräuchte Langzeitstudien über mehrere Jahre, bei denen beispielsweise 1000 Personen ein bestimmtes Superfood nutzen und eine Kontrollgruppe von 1000 Personen, die es nicht nutzen, aber sich ansonsten gleich ernähren. «Das würde mehrere Millionen Franken kosten, einfach um herauszufinden, ob jetzt Chiasamen tatsächlich das Herzinfarktrisiko senken», gibt Gerber zu bedenken.

Sinn oder Unsinn: Mit Superfoods zur gesunden Ernährung
Sicher: Superfoods sind in dem Sinne gesund, wie es auch heimische Äpfel oder Haferflocken sind. «Sie enthalten Inhaltsstoffe, bei denen man davon ausgehen kann, dass sie gesund sind», fast Gerber zusammen. Die Frage sei vielmehr, wie die Ernährung als Ganzes aussehe. Wer sich ungesund ernährt mit vielen fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln und wenig Obst und Gemüse, kann das nicht einfach mit Maca-Wurzel-Pulver, Gojibeeren und Acerolakirschen wettmachen. «Eine ungesunde Ernährung lässt sich nicht kompensieren – auch nicht mit Superfoods», sagt Gerber.

Auch wer sich zu stark auf Superfoods fokussiert, tut seinem Körper damit nicht automatisch Gutes. «Zum einen besteht die Gefahr einer einseitigen Ernährung, sodass gewisse Nährstoffe zu kurz kommen. Zum anderen ist die Deklaration als Superfood ja einer gewissen Beliebigkeit unterworfen, weil der wissenschaftliche Beleg für die Wirkung nicht erbracht werden muss», sagt Gerber. Gefährlich werde es dann, wenn aus der Fokussierung ein Zwang entstehe, sich möglichst gesund zu ernähren. Man spricht dann auch von «Orthorexie». «Für Betroffene kann dies sehr belastend werden, denn sie büssen dadurch an Lebensqualität ein.»

Besser für Umwelt und Portemonnaie
Nicht nur sind Äpfel, Blaubeeren oder Hirse wesentlich günstiger als ihre exotischen Pendants. Sie sind auch besser für unsere Umwelt und das Klima. Denn der Transportweg um die halbe Welt fällt weg und die Anbauregionen werden geschont. Nicht selten wird für einen kurzfristigen Hype um ein bestimmtes Superfood Wald gerodet, und es entstehen Monokulturen, die dem Boden und der Biodiversität schaden. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage kann sich die einheimische Bevölkerung die eigenen traditionellen Nahrungsmittel plötzlich nicht mehr leisten. Besonders problematisch ist das bei Grundnahrungsmitteln wie Quinoa.

Super ist vielseitig und heimisch
Eine gesunde Ernährung braucht keine Superfoods, sondern gesunde Lebensmittel. Gerber empfiehlt eine faserreiche Ernährung mit viel heimischem Gemüse und Früchten, pflanzlichen Ölen, genug Eiweiss ohne zu hohem Fleischkonsum und mit wenig zugesetztem Zucker und tierischen Fetten. «Mit einem abwechslungsreichen Speiseplan inklusive heimischem, saisonalem Gemüse und Obst macht man eigentlich alles richtig», sagt Gerber und fügt an: «Eine gute Orientierung gibt die Lebensmittelpyramide. Aber auch die mediterrane Ernährungsweise kann ich empfehlen.»

Quelle und Zusammenarbeit: Universitätsspital Zürich www.usz.ch.

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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