Durchfall in den Ferien. Tipps zur Behandlung und wann Sie zum Arzt müssen.
Prof. Dr. med. Aristomenis Exadaktylos, Chefarzt und Klinikdirektor Universitäres Notfallzentrum (Inselspital Bern), zum Thema Reisedurchfall.
Herr Exadaktylos, wie kann man Durchfall auf einer Reise vorbeugen?
20 bis 60 Prozent aller Reisenden aus Industrieländern, also Personen mit einem eher verwöhnten Verdauungstrakt, erkranken während einer Reise in ein Schwellen- oder Drittweltland an einer Durchfallerkrankung. Auch bei bester Vorbeugung kann es dazu kommen. Empfohlen ist, dass nur gekochte (mindestens mehrere Minuten), gesottene oder geschälte Speisen konsumiert werden sollten, was allerdings utopisch ist. Wichtig: Wasser und Getränke nur aus Flaschen aus Industrieabfüllung und auch beim Zähneputzen nicht vergessen, «sauberes» Wasser zu benutzen. Ein Tipp von einem Kollegen: Wenn kein Wasser aus der Flasche vorhanden ist, hilft auch ein Gin oder Wodka zum spülen des Mundes. Dies desinfiziert und ist fast überall günstig erhältlich. Je länger man sich im Ausland aufhält, desto eher gewöhnt sich unser Verdauungstrakt an die verschiedenen Erreger und wird «immun». Bei Fernreisen kann man sich auch von einem Arzt beraten lassen und sich zum Beispiel bei Bedarf gegen Cholera oder Salmonellen impfen lassen, was aber auch nur bedingt gegen den Durchfall schützt.
Wie kann man Reisedurchfall selber behandeln?
20 bis 40 Prozent aller Durchfälle im Urlaub machen für ein bis zwei Tage krank und nur rund 1 Prozent müssen hospitalisiert werden. Meistens muss man diesen einfach nur «aussitzen». Klar, es ist äusserst unangenehm, geht aber in der Regel nach 24 bis 48 Stunden vorbei. Dennoch kann man sehr schnell viel Wasser und Elektrolyte verlieren. Im Vordergrund steht deshalb der Ersatz von beidem durch elektrolythaltige Getränke. Gezuckerter Tee, industriell hergestellte Fruchtsäfte, Bouillon und salziges Gebäck helfen die Verluste auszugleichen. Wenn man selber etwas herstellen muss, löst man am besten einen halben Teelöffel Kochsalz und etwa drei Teelöffel Zucker in einem Liter Wasser auf. Obwohl Cola-Getränke keine ideale Rehydratationsgetränke sind, werden sie erstaunlicherweise von vielen Menschen gut vertragen. Also besser als nichts.
Wann ist ärztlicher Rat nötig?
Treten blutige Durchfälle oder Fieber über 38,5°C auf, spricht man nicht mehr von einem einfachen Reisedurchfall, sondern von einer Dysenterie. In Südamerika und Afrika fallen 5 bis 10 Prozent der Durchfälle in diese Kategorie. In Südostasien sind es bis zu 20 Prozent. Eine Dysenterie, die mehr als 48 Stunden dauert oder bei geschwächten oder betagten Personen auftritt, sollte immer ärztlich abgeklärt werden. Wird bei einem Reisedurchfall ein Antibiotikum verordnet, verkürzt sich die Durchfalldauer im Durchschnitt um bis zu 1,5 Tage. Die zusätzliche Einnahme von Loperamid, einem klassischen Antidurchfallmittel, verbessert die Prognose zusätzlich.
Ist Reisedurchfall ansteckbar?
Der klassische Reisedurchfall ist nicht ansteckend. Ausser man kommt mit den Ausscheidungen einer erkrankten Person in Berührung und kontaminiert damit Gegenstände, welche beispielsweise mit dem Mund in Kontakt kommen. Hygiene ist deshalb absolut wichtig. Alkoholhaltige Händedesinfektionsmittel gibt es fast überall zu kaufen. Sonst hilft eben auch ein hochprozentiges Getränk aus dem Supermarkt. Dies ist besser als gar nichts.
Kann Reisedurchfall lebensgefährlich sein?
Bei Kleinkindern, alten Menschen oder Personen mit bekannten Magendarmerkrankungen oder einem geschwächten Immunsystem können bei schweren Verläufen durchaus verschiedene Komplikationen auftreten. Werden diese nicht behandelt, kann es durchaus lebensgefährlich werden. Deshalb sollte bei Verläufen von länger als 48 Stunden immer möglichst rasch ein Arzt konsultiert werden.
Dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. med. Aristomenis Exadaktylos, Chefarzt und Klinikdirektor Universitäres Notfallzentrum Inselspital (Universitätsspital Bern), realisiert.
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