Die Ultraschalluntersuchung, das «Schweizer Taschenmesser» der Diagnostik



Krankheiten

Quelle: TCS MyMed


Herr Dr. Hans-Jürg Bopp, Spezialist für allgemeine innere Medizin der FMH und SGUM (Schweiz. Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin) anerkannter Ultraschall-Ausbilder spricht mit uns über dieses besonders nützliche, schmerzfreie und risikolose Diagnoseverfahren.

Dr. Bopp, was ist eine Ultraschalluntersuchung?
Die Ultraschalluntersuchung, auch Sonografie genannt, ist eine schmerzfreie und wirksame Untersuchung, bei der ein Gerät mit Ultraschall (Hochfrequenz-Schallwellen) verwendet wird, um in Echtzeit diagnostische Bilder von Körperorganen und Fötus zu erstellen.

Wird sie nicht nur in der Gynäkologie angewendet?
Nein, ihr Anwendungsbereich ist sehr umfassend: Man kann damit auch die inneren Organe (Leber, Nieren, Geschlechtsorgane, Brüste, Gelenke, die Schilddrüse und vieles weitere) betrachten.

Wie funktioniert diese Untersuchung?
Ultraschall besteht aus mechanischen Wellen mit einer sehr hohen Frequenz, die nicht wahrnehmbar sind und sich geradeaus durch die Körperstrukturen ausbreiten. Wenn eine solche Schallwelle an die Grenze zweier unterschiedlich dichter Bereiche des Körpers kommt, «prallt» ein Teil als Echo wieder rückwärts ab, in Richtung des Ausgangspunktes. Dieses Phänomen bezeichnet man als Reflexion.

Wird diese Reflexion vom Gerät erkannt?
Ja, denn die durch die unterschiedliche Impedanz modulierte Echos werden vom Gerät erkannt. Der Widerstand gegen die Ausbreitung der Schallwellen und deren Echos hängt von der unterschiedlichen Impedanz der Gewebe statt. Aus Sicht des Ultraschalls betrachtet besteht der menschliche Körper aus drei Grundmaterialien: Luft, Weichteilgewebe und Knochen. Die Impedanz von Weichteilgewebe, Luft und Knochen unterscheidet sich sehr stark. Deshalb ist der Anteil von Schallwellen, die die Verbindungsstellen von Weichteilgewebe und Knochen oder Weichteilgewebe und Luft durchdringt, zu gering für eine brauchbare Diagnostik.

Wie wird der Ultraschall erzeugt?
Die Sonde enthält unzählige piezoelektrische Kristalle. Diese Kristalle vibrieren, wenn man Strom durch sie hindurchfliessen lässt. Sie wandeln elektrische Energie in mechanische Energie und umgekehrt.

Und wie «liest» das Gerät die Daten?
Alle elektrischen Signale der Kristalle, die durch die Echos erzeugt werden, werden analysiert und sofort vom Computer des Gerätes verarbeitet, der sie in Echtzeitbilder des untersuchten Bereichs umwandelt.

Wozu dient das Gel, das man vor der Untersuchung auf die Haut aufträgt?
Das Gel stellt den Kontakt zwischen Sonde und Haut her und ermöglicht so eine reibungslose Schallübertragung. Ohne das Gel wird die Übertragung durch die Luft unterbrochen, so dass auf dem Bildschirm kein erkennbares Bild entsteht.

Was kann man bei einer Ultraschalluntersuchung sehen? Ausschliesslich Weichteilgewebe ?
Seit Beginn ihrer Anwendung vor über 50 Jahren ermöglicht sie, den Fötus anlässlich der Schwangerschaft-Kontrollen zu sehen. Häufig wird sie auch benutzt, um Bauchorgane wie die Leber, die Gallenblase, die Bauchspeicheldrüse, die Milz, die Nieren, dann im kleinen Becken die weiblichen Geschlechtsorgane, die Harnblase und bei Männern die Prostata zu betrachten. Auch die Schilddrüse, die Speicheldrüsen sowie die Muskulatur und Sehnen kann man sehr genau sehen. Die Ultraschalluntersuchung kommt immer häufiger in der Rheumatologie zum Einsatz, um die Gelenke zu untersuchen und Ergüsse oder Entzündungen zu finden.

Sogar in der Covid-19-Epidemie spielt sie eine Rolle...
... Ja, die Covid-19-Epidemie hat bewiesen, dass die Ultraschalluntersuchung bei der Erkennung schwerer Lungeninfektionen ein sehr gutes Ergebnis liefert.

Gibt es noch weitere Anwendungsmöglichkeiten?
Nicht zu vergessen, ist ihre Bedeutung für Gefässuntersuchungen der Arterien, Venen und des des Herzes. Kombiniert mit dem Doppler erhalten wir ein farbiges Bild des Blutflusses in den Gefässen. Der Dopplereffekt ermöglicht, die Richtung und auch die Geschwindigkeit des Flusses zu messen. Darum ist der Doppler-Ultraschall ein wichtiges Diagnoseverfahren für die Kardiologie und Angiologie.

Wann wird eine Ultraschalluntersuchung benötigt?
Wie wir gesehen haben, ist ihr Einsatzbereich sehr umfassend. Da wären zunächst einmal Notfalltraumata, bei denen man nach Blutungen im Bauchraum und Thorax sucht. Bei anderen medizinischen Notfällen sucht man etwa Steine in der Gallenblase und deren Entzündung, eine Blinddarmentzündung, Nierensteine oder weitere Beeinträchtigungen der Weichteilgewebe. In einem geschwollenen Bein kann sich eine tiefe Venenthrombose verbergen. Hier ist eine rasche Ultraschalluntersuchung notwendig. Viele Untersuchungen sind gefragt, um unklare Tastbefunde des Bauchraumes und am Hals oder andere unklare Situation zu klären.

Insgesamt ist die Ultraschalluntersuchung sozusagen das «Schweizer Taschenmesser» der Diagnostik.
In der Praxis wendet man sie häufig bei unterschiedlichsten medizinischen Problemen als Ergänzung anderer Verfahren an. In den wenigsten Situationen stellt die Ultraschalluntersuchung gar keine Hilfe dar.

Welche Vorteile/Nachteile gibt es im Vergleich zu anderen bildgebenden Verfahren in der Medizin?
Ein Vorteil ist die einfache Untersuchung, die, falls nötig, auch mit einem tragbaren Gerät durchgeführt werden kann. Dass es keine schädlichen Auswirkungen wie Strahlen gibt, ist ein weiterer Trumpf. Andererseits liefern CT und MRT meistens eine deutlich bessere Bildqualität. Sie ermöglichen eine Analyse aller Körperstrukturen, ob Weichteilgewebe, Lungen oder Knochen. In der Ultraschalldiagnostik sind Knochenstrukturen und die Luft in Lungen und Darm grosse Hemmnisse.

Gibt es für die Patienten Gesundheitsrisiken wie beim Röntgen?
Bei der Ultraschalluntersuchung kommen nur Hochfrequenz-Schallwellen zum Einsatz, die nicht wahrnehmbar sind. Die verwendete Energie ist sehr schwach und schädigt das Gewebe nicht. Studien haben gezeigt, dass keinerlei Risiken für die Patienten bestehen.

Sind Auswirkungen des Ultraschalls auf den Fötus bekannt, der ja schliesslich im Laufe seiner Entwicklung mehrfach betrachtet wird?
Diese wichtige Frage wird von Forschern aus dem Bereich Biomedizin sehr ernsthaft untersucht. Bis heute wurden seit Einführung der Ultraschalluntersuchung an Föten keinerlei Missbildungen oder andere Schäden entdeckt. Darin besteht ein immenser Vorteil im Vergleich zu Röntgenaufnahmen und dem CT, das weiterhin nur im Ausnahmefall bei konkreten Schwangerschaftsproblemen angewendet wird. Im Allgemeinen genügen drei Ultraschalluntersuchungen bei einer normalen Schwangerschaft.


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