Nur die wenigsten lassen die Klimaanlage im Auto warten und desinfizieren. Dabei sammeln sich genau dort gefährliche Beifahrer an.
Gerade weil das Kühlsystem im Auto so oft genutzt wird, sollte es auch regelmässig gewartet werden. Ergebnisse einer mikrobiologischen Untersuchung des Institut IBO für Innenraumanalytik bestätigen dies eindrücklich: Überprüft wurde der Filter einer Auto-Klimaanlage, die fünf Jahre lange nicht gewartet wurde. Im gesamten Filter haben sich 600 000 lebende Bakterien, 350 000 lebende Pilze und zigtausende lebende Hefen im Laufe der Jahre angesammelt.
Besonders überraschend ist, dass vor allem Mikrolebewesen vorhanden waren, die bei rund 37 Grad, also auch Körpertemperatur, gedeihen. Bläst einem ein muffiger Geruch aus der Klimaanlage, sollte man schnellstens in die Autowerkstatt fahren. Denn die vom Gerät im Raum verteilten krankheitserregenden Keime werden ungefiltert eingeatmet.
Manche Menschen reagieren darauf allergisch mit einer Entzündung der Lungenbläschen (Alveolen) und entwickeln eine sogenannte Befeuchterlunge, was sich durch Fieber, Reizhusten und zunehmende Atemnot bemerkbar machen kann.
Klimaanlagen sind nicht wartungsfrei
Damit die Klimaanlage langfristig richtig funktioniert, ist eine regelmässige Wartung Pflicht. Beim Klimaservice werden die Funktionen der wichtigsten Bauteile wie Kühlmittelverdichter (auch Verdichter oder Kompressor genannt), Kondensator, Verdampfer und Expansionsventil geprüft. Schläuche und Dichtungen können ebenfalls altern, austrocknen und dadurch undicht werden.
Hersteller raten daher zu einem jährlichen Check der Klimaanlage in einer Fachwerkstatt. Ein guter Termin für den Klimaservice ist das Frühjahr, vor der kommenden warmen Sommerzeit und bevor die Klimaanlage wieder volle Leistung bringen muss.
Prof. Dr. med. Aristomenis Exadaktylos, Chefarzt und Klinikdirektor Universitäres Notfallzentrum (Inselspital Bern), zum Thema Befeuchterlunge.
Herr Exadaktylos, wie wird eine Befeuchterlunge behandelt?
Kommt es zu einer Infektion, dann sind in der Regel die oberen Atemwege und die Lunge betroffen. Es ist aber nicht immer einfach, einen Zusammenhang herzustellen. Bei komplizierten Verläufen kommen beispielsweise Antibiotika zum Einsatz. Moderne Fahrzeuge sind in der Regel gut gewartet, Vorsicht ist bei älteren Fahrzeugen oder Mietwagen im Ausland mit augenscheinlichem Wartungsstau geboten.
Kann eine Befeuchterlunge tödlich enden?
So ein Fall ist mir nicht bekannt. Es wurden aber schon allerlei aggressive Keime in der Klimaanlage nachgewiesen. Der Grund liegt darin, dass an der Oberfläche des Klimaanlagenverdampfers, der für die Abkühlung der angesaugten Luft zuständig ist und diese gleichzeitig reinigt und entfeuchtet, Kondenswasser entsteht. Das mischt sich mit Staub und Schmutz und ist ein Paradies für allerlei Keime. Mein Automechaniker hat mir folgendes empfohlen: Bevor man das Fahrzeug abstellt, sollte man die Klimaanlage einige Minuten vorher ausschalten damit der Verdampfer trocken kann und sich weniger Ablagerungen ansammeln können.
Sind Kinder häufiger betroffen als Erwachsene?
Kinder haben generell empfindlichere Atemwege und sind somit empfänglicher für Infektionen, oder ganz banal auch für Erkältungen durch zu kalte Klimatisierung im Auto. Vorsicht ist bei sehr heissen Temperaturen und sehr kaltem Innenraum geboten. Klimaanlagen ohne digitale Temperatureinstellung verleiten häufig dazu, kältere Temperaturen einzustellen, als die von Ärzten empfohlene Temperatur von 22-24 Grad. Kleine Kinder können schlechter auf starke Temperaturschwankungen reagieren.
Wann muss man auf den Notfall oder zum Arzt?
Bei Kindern lieber früher als später und in der Regel wenn starker Husten, Fieber und Atemschwierigkeiten auftreten. Eine weitere Komplikation können Allergien sein, welche durch schmutzige Klimafilter ausgelöst oder verstärkt werden. Von Pollen bis Staub ist alles möglich.
Wäre es gesünder, auf die Klimaanlage im Auto zu verzichten?
Auf keinen Fall. Klimaanlagen sind so wichtig wie ein ABS, also ein Temperaturairbag sozusagen. Unfallforscher haben herausgefunden, dass bei mehr als 37 Grad Innentemperatur das Unfallrisiko um ein Drittel gegenüber der Idealtemperatur steigt. Der Grund liegt darin, dass unsere Aufmerksamkeit und Reaktion unter der Hitze leiden. Der Effekt entspricht einem Blutalkoholspiegel von 0,5 bis 0,8 Promille. Bei Mietwagen im heissen Süden empfehle ich aber gerade deshalb eher Hände weg von schlecht gewarteten Autos, oder wenigstens vor Mietbeginn die Klimaanlage testen und wenn «muffig», dann unbedingt einen anderen Wagen verlangen.