Viele Menschen reagieren allergisch auf einen Wespen- oder Bienenstich und jedes Jahr sterben einige von ihnen an einem allergischen Schock. In der Regel sind Insektenbisse und -stiche zwar schmerzhaft, aber harmlos in ihrer Wirkung.
Prof. Dr. med. Aristomenis Exadaktylos, Chefarzt und Klinikdirektor Universitäres Notfallzentrum (Inselspital Bern), zum Thema Insektenstich.
Herr Exadaktylos, die meisten wissen sicherlich gar nicht, dass sie gegen Insektengifte allergisch sind. Muss man vor jeder Mücke Angst haben?
Nein, man muss nicht aus jeder Mücke eine Vogelspinne machen – eine generelle Angst ist unbegründet. Allergisch kann der Mensch auf viele Stoffe reagieren, die im Alltag vorkommen, also auch auf Insektengifte. Die Bandbreite von harmlosen Insektenstichen bis zu Stichen oder Bissen mit ernsthaften Folgen ist sehr gross. Die hängt nicht nur vom Verursacher, sondern auch von der Körperstelle oder dem geografischen Ort ab. Der Oberschenkel ist beispielsweise weniger empfindlich als das Auge oder der Mund – und in den Ferien im Ausland gibt es andere Stich- oder Beisslinge als in unseren Wäldern. Prinzipiell ist es aber immer ratsam, Stiche und Bisse durch Kleidung, Cremes und Sprays zu vermeiden.
Vom Bienen- bis zum Mückenstich, welche Behandlungstipps gelten generell?
Entfernen, desinfizieren, kühlen und lokal behandeln. Falls ein Fremdkörper (z.B. Stachel) noch vorhanden und einfach erreichbar ist, sollte dieser entfernt werden. Danach sollte man die Einstichstelle desinfizieren. Auf keinen Fall darf man jedoch selber «komplex chirurgisch» tätig werden und versuchen mit Schnitten oder anderen Eingriffen einen Stachel zu entfernen. Dies sollte ein Arzt machen, um Infektionen zu vermeiden. Gegen den ersten Schmerz und die Schwellung hilft Kühlen. Hierbei ist es wichtig, das Eis nie zu lange direkt auf der Haut anzuwenden, denn das kann die Haut schädigen. Lieber das Kältepack mit einem Handtuch umwickeln. Juckreizmindernde Mittel gibt es in jeder Apotheke. Personen, bei denen Insektenallergien bekannt sind, sollten unbedingt ein Allergieset bei sich führen. Diese können auf Notfallstationen oder beim Hausarzt bezogen werden.
Können solche Stiche auch Krankheiten übertragen?
Ja, diese Stiche können teilweise auch Krankheiten übertragen. Aber das ist in unseren Regionen eher die Ausnahme. Vor Reisen in entfernte Regionen sollte man sich ausführlich beim Hausarzt oder einem Reisemediziner beraten lassen. Wenn es einem nach der Fernreise länger als üblich schlecht geht, sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen. Häufig sind Grippesymptome, Fieber und Abgeschlagenheit klassische Symptome. Aber die Bandbreite ist gross.
Warum sind Insektenstiche im Gesichts- und Mundbereich besonders gefährlich?
Das Hauptproblem bei Stichen in diesem Bereich ist die Schwellung, aufgrund der empfindlichen Schleimhäute und Weichteile kann dies im schlimmsten Fall zu einer Verengung des Atemweges führen. Ein Zuschwellen der Augen führt zu zusätzlicher Panik. Da ist schnelle professionelle medizinische Hilfe unbedingt notwendig, im Notfall sollte sogar die Ambulanz gerufen werden.
Wann muss man wegen einem Insektenstich auf den Notfall?
Sicherlich bei einer generalisierten allergischen Reaktion. Diese äussert sich durch Atemnot, einen schnellen Puls, starke Schwellungen, Hautausschlag nicht nur an der Einstichstelle oder tiefen Blutdruck. Ausserdem sollte ein Arzt den Patienten anhand einer infizierten Einstichstelle beurteilen.
Ist es richtig oder falsch, dass einige Menschen mehr und andere weniger gestochen werden?
Das ist durchaus richtig und es wird aktuell viel dazu geforscht. Zum einen scheint die Blutgruppe eine Rolle zu spielen – in einem Experiment in Japan wurden Menschen mit der Blutgruppe 0 häufiger gestochen. Es sind aber nicht nur die Gene, denn eineiige Zwillinge sind unterschiedlich stark betroffen. So spielt sicherlich auch die individuelle Zusammensetzung des produzierten Schweisses eine Rolle. Aber leider: Irgendwann wird jeder einmal gestochen.
Prävention gegen Insekten im In- und Ausland:
- Fliegengitter für die Fenster
- Moskitonetze für die Nacht
- Abends wenig Licht machen
- Lange Kleidung und festes Schuhwerk
- Keine starken Parfums verwenden
- Mückenschutzmittel
- Abends duschen gegen Schweiss, der zieht Mücken an
- Informationen über Reiseziele einholen
- Notwendige Impfungen und Malariaprophylaxe durchführen
- Reiseapotheke mitführen