Osteoporose: Kalzium und Vitamin D sind wichtig für den Knochenbau

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Quelle: TCS MyMed

Dr. med. Catherine Lamm und Dr. med. Bernard Chappuis, Abteilung für Diabetologie / Endokrinologie des Spitals Emmental, zum Thema Osteoporose

Was ist Osteoporose?
Osteoporose – auch Knochenschwund genannt – ist eine Krankheit des Knochens, welche meistens im Alter auftritt. Der Knochen ist ein lebendiges Organ. Er baut sich zu 10 Prozent pro Jahr um. Während die Knochenmasse bis ins 25. Lebensjahr aufgebaut wird, nimmt diese ab dem Alter von 40 Jahren bei jedem Menschen stetig ab. Geht diese Abnahme über ein gewisses Mass des Normalen hinaus, spricht man bei einer leichten Abnahme von einer Osteopenie, bei einer stärkeren von einer Osteoporose. Der Knochen wird dabei dünner und poröser, verliert so seine Stabilität und wird damit brüchiger.

Wie häufig kommt Osteoporose vor und wer ist betroffen?
Osteoporose nimmt weltweit zu und entwickelt sich zu einer Volkskrankheit. In der Schweiz rechnet man zurzeit mit mehr als 400 000 Betroffenen. Mit zunehmendem Alter wird die Erkrankung häufiger, Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer. Jede zweite Frau und jeder fünfte Mann über 50 Jahre muss früher oder später mit einem Knochenbruch wegen Osteoporose rechnen.

Wie merke ich, dass ich Osteoporose habe?
Bei einer Osteoporose kann der Knochen schneller brechen. Schon ein leichter Sturz oder eine falsche Bewegung kann zum Knochenbruch führen. Die Heilung ist meistens langwierig und verbunden mit Schmerzen, einem Spitalaufenthalt oder sogar einer Operation. Die Osteoporose ist eine schleichende Erkrankung, die man nicht sieht und spürt. Erste Anzeichen für eine Osteoporose können ein Krummwerden des Rückens oder die Abnahme der Körpergrösse im Alter sein.

Gibt es Körperstellen, welche besonders oft von der Krankheit betroffen sind?
Sie kann alle Knochen betreffen. Zu Knochenbrüchen kommt es am häufigsten an den Wirbelkörpern der Brust- und Lendenwirbelsäule, der Hüfte (Schenkelhals), dem Becken und den Armen.

Inwiefern schränkt die Krankheit die Betroffenen in ihrem Alltag ein?
Die Krankheit und die daraus resultierenden Knochenbrüche können sehr schmerzhaft sein und zu starken Einschränkungen bei der Beweglichkeit führen. Dies führt zu Problemen in der Bewältigung des Alltags und zuweilen gar zum Verlust der Selbständigkeit.

Wie erfolgt die Diagnose?
Die Diagnose wird oft gestellt, wenn ein Knochenbruch bei nur leichter Beanspruchung des Knochens aufgetreten ist. Osteoporose kann aber auch bereits vor dem Auftreten eines Knochenbruchs mittels der sogenannten Knochendichte-Messung diagnostiziert werden. Diese Untersuchungsmethode, auch Osteodensitometrie genannt, ist ein Röntgenverfahren, bei welchem mit geringer Strahlendosis die Knochenmineraldichte gemessen und mit Normalwerten von knochengesunden jungen Menschen verglichen wird. Auf der Grundlage dieses Messverfahrens hat die WHO die Diagnose Osteoporose definiert. Eine Knochendichte-Messung sollte dann erfolgen, wenn bei Personen ein erhöhtes Risiko für eine Osteoporose besteht und/oder die daraus gewonnenen Informationen zum Therapieentscheid beitragen. Dies ist insofern wichtig, da die Knochendichte-Messung nicht in allen Fällen von der Krankenkasse übernommen wird. Die Diagnose Osteoporose kann nicht anhand von Blutwerten gestellt werden. Blutuntersuchungen können uns jedoch helfen, die Ursache der Osteoporose zu finden.

Wodurch kann die Osteoporose ausgelöst werden?
Wichtige Risikofaktoren für Osteoporose sind Alter, Geschlecht und familiäre Veranlagung, Kalzium- und Vitamin-D-Mangel, gewisse Krankheiten wie Darm- oder Rheumaerkrankungen, Hormonstörungen, Nebenwirkungen von Medikamenten, ungünstiger Lebensstil und Untergewicht.

Welche Rolle spielen Kalzium und Vitamin D?
Kalzium und Vitamin D sind wichtig für den Knochenbau. Kalzium ist Hauptbestandteil des Knochens und verleiht diesem Festigkeit. Vitamin D sorgt für die Aufnahme des Kalziums aus dem Darm und dessen Einbau in den Knochen. Bildlich gesprochen ist Kalzium also der Baustein und Vitamin D der Handwerker mit der Aufgabe, die Bausteine an den richtigen Ort zu bringen. Ein Mangel an Bausteinen (Kalzium) oder Handwerkern (Vitamin D) führt zu brüchigen Knochen. Der Kalziumhaushalt wird durch ein Hormon (Botenstoff) gesteuert, welches in den Nebenschilddrüsen – erbsengrosse, neben der Schilddrüse gelegene Drüsen – gebildet und ins Blut abgegeben wird. Eine gestörte Ausschüttung dieses Hormons (Parathormon) kann zu einer Fehlsteuerung des Kalziumhaushalts und zu übermässigem Knochenabbau führen.

Wieviel Kalzium braucht es für die Vorsorge?
Als Erwachsener sollten Sie ca. 1 g Kalzium pro Tag zu sich nehmen. Kalzium findet sich vor allem in Milchprodukten wie Käse, Milch, Joghurt, aber auch im Mineralwasser. Da lohnt es sich, auf die Etiketten zu schauen. Ein kalziumreiches Mineralwasser kann durchaus 500 mg Kalzium pro Liter enthalten. Im Internet existieren auch diverse Kalziumrechner, mit welchen Sie abschätzen können, ob die von Ihnen konsumierte Kalziummenge ausreicht.

Wie komme ich zu genügend Vitamin D?
80 Prozent des täglichen Vitamin-D-Bedarfs wird durch dessen Produktion in der Haut durch Sonnenlicht gedeckt. Den Rest erhalten wir über die Ernährung, wobei Vitamin D nur in vereinzelten Nahrungsmitteln wie fettigem Fisch, Pilzen und Eigelb vorkommt. In der Schweiz besteht vor allem bei älteren Personen eine Vitamin-D-Unterversorgung, aber auch Kinder können bereits betroffen sein. Einerseits liegt dies daran, dass die Haut vor allem im Alter das Vitamin D nicht mehr so gut produzieren kann, und andererseits, dass wir immer weniger an der Sonne sind. Zudem ist die traditionelle Schweizer Küche nicht reich an Vitamin-D. Daher empfiehlt die Schweizerische Ernährungskommission, dass Kinder und Jugendliche pro Tag 600 Internationale Einheiten – abgekürzt I.E. – Vitamin D in Form von Präparaten zu sich nehmen sollten und Menschen ab 60 Jahren 800 I.E.

Wo und in welcher Form bekommt man die entsprechenden Präparate?
Die Hausärztin oder der Apotheker können Sie beraten, wie Sie Vitamin D als Tropfen, Lösung, Kapseln oder Tabletten zu sich nehmen können und welche Dosierung für Sie sinnvoll ist. Eine Vitamin-D-Messung im Blut ist meistens nicht notwendig. Generell sollte man das ganze Jahr regelmässig kurz an die Sonne gehen. Ein ausgedehntes Sonnenbad ist nicht notwendig und auch nicht sinnvoll. 20 Minuten pro Tag mit entblössten Unterarmen und Gesicht genügen für eine ausreichende Vitamin-D-Produktion, wenn man eine helle Hautfarbe hat. Bei dunkleren und auch schon bei mediterranen Hauttypen ist eine Messung von Vitamin D im Blut und eine gezielte Ergänzung durch Vitamin-D-Präparate zu erwägen.

Wie wirken sich Hormonstörungen auf die Osteoporose aus?
Hormone sind Botenstoffe im Körper. Störungen gewisser Hormone können zu Osteoporose führen. Dazu zählen Hormonkrankheiten wie zum Beispiel die Schilddrüsenüberfunktion, eine Cortisol-Überproduktion, bei Männern der Mangel an Testosteron und bei Frauen der vorzeitige Eintritt in die Wechseljahre mit einem Abfall des weiblichen Hormons Östradiols vor dem 50. Lebensjahr.

Welche Medikamente fördern die Osteoporose?
Cortison, gewisse Blutverdünner, bestimmte Epilepsie- und Depressionsmedikamente sowie einige Medikamente aus der Krebsbehandlung fördern den Knochenschwund, sofern sie über längere Zeit eingenommen werden müssen.

Was kann ich machen, um der Osteoporose vorzubeugen?
Die Osteoporose ist eine schleichende Erkrankung und wird oft erst bemerkt, wenn der erste Knochen bricht. Daher sollten wir alle frühzeitig etwas für unsere Knochengesundheit tun. Die Prävention ist das A und O und beginnt bereits im Kindes- und Jugendalter, da der Knochen während dieser Lebensphasen aufgebaut wird. Wichtig sind ein gesunder Lebensstil, ausgewogene Ernährung mit ausreichend Eiweiss und Kalzium, Nichtrauchen, wenig Alkohol, viel Bewegung und Aktivitäten an der frischen Luft, mindestens 2- bis 3-mal pro Woche für 45 Minuten.

Welche Therapien kommen zum Einsatz, wenn eine Osteoporose diagnostiziert worden ist?
Vorerst ist eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D sicherzustellen und im Falle eines Mangels entsprechend zu behandeln. Ferner stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, die den Abbau des Knochens hemmen. Diese Medikamente können als Tabletten zum Beispiel einmal pro Woche, als Spritze alle 3 oder 6 Monate oder sogar als Jahresinfusion gegeben werden. In ausgewählten Fällen wird auch eine Therapie mit täglichen Spritzen eingesetzt, welche den Knochenaufbau fördern. Wenn wir einen behandelbaren Grund für die Osteoporose kennen, versuchen wir natürlich, diesen direkt anzugehen.

Darf man trotz diagnostizierter Osteoporose Sport treiben?
Ja, auf jeden Fall. Unser Knochen lebt und baut sich ständig um. Körperliche Aktivität hilft, dass er sich stabil aufbauen kann. Wichtig dabei ist, dass wir uns regelmässig sportlich betätigen und dass alle Körperregionen trainiert werden. Sport ist nicht nur für den Knochen wichtig, sondern hilft auch, dass die Muskeln stark bleiben, das Gleichgewicht erhalten bleibt, und es somit zu weniger Stürzen kommt. Denn diese sind meistens der Auslöser für einen Knochenbruch. Welche sportliche Aktivität sinnvoll ist, hängt vom Schweregrad der Osteoporose und dem Allgemeinzustand ab. Ideal sind Sportarten wie Spazieren, Wandern oder Walken. Angebote gibt es für jedermann, gerade auch für Senioren. Informationen dazu kann Ihnen meistens der Hausarzt geben, oder die Angebote liegen in den Gemeinden auf.

Wovor raten Sie ab?
Bei schwerer Osteoporose sollte man das Heben von schweren Gewichten bleiben lassen oder das Gewicht auf mehrere Male verteilen. Das Tragen schwerer Einkaufstaschen oder des Wäschekorbs sollte man anderen überlassen. Zu vermeiden sind auch übermässige Bewegungen im Rücken wie das Bücken nach vorne oder das Überstrecken nach hinten. Wenn Sie unsicher sind, zeigt Ihnen die Physiotherapie gerne passende Übungen. Hilfreiche Unterlagen hat auch das Bundesamt für Unfallverhütung BFU auf seiner Homepage zusammengestellt.

Wann sollte man einen Termin beim Arzt vereinbaren?
Wir empfehlen, spätestens mit 60 Jahren das Thema Osteoporose mit dem Hausarzt zu besprechen. Fragen Sie Ihren Arzt, ob eine Vitamin-D-Zugabe nicht sinnvoll wäre. Sprechen Sie ihn an, wenn sie den Eindruck haben, dass Sie weniger als 1 g Kalzium täglich zu sich nehmen und Sie die Ernährung nicht umstellen können. Weiter sollten Sie mit Ihrem Arzt diskutieren, ob eine Osteoporose-Abklärung sinnvoll wäre, gerade wenn einer der oben erwähnten Risiko-Faktoren vorhanden ist. Ihr Arzt kann dann zum Beispiel mit dem sogenannten FRAX-Score Ihr Risiko für einen Osteoporose-bedingten Knochenbruch berechnen, nötige Laboruntersuchungen durchführen, eine Knochendichte-Messung organisieren und falls angezeigt die notwendige Therapie in die Wege leiten. 

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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