Egal ob Allergien auf Lebensmittel, Pollen oder Hausstaubmilben: Allergien nehmen zu. Rund 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung leiden unter einer Pollenallergie – also jede fünfte Person. Vor 100 Jahren war es lediglich ein Prozent.
Doch wieso sind die Zahlen so gestiegen und welche weiteren Allergien plagen die Schweizer und Schweizerinnen? In Zusammenarbeit mit dem aha! Allergiezentrum Schweiz erhalten Sie im Rahmen des 13. Nationalen Allergietages (25. März 2021) Informationen rund ums Thema.
Wieso nehmen Allergien laufend zu?
Gründe dafür finden wir in unserem westlichen Lebensstil. Unser Speiseplan wird vielseitiger und exotischer, was dazu führt, dass wir mit mehr möglichen Auslösern in Kontakt kommen als früher. Auch halten wir uns an einen sehr hohen Hygienestandard, wodurch sich das Immunsystem weniger mit echten Erregern auseinandersetzen muss und harmlose Stoffe bekämpft.
Einen weiteren Einfluss hat die Veränderung des Klimas. Die Saison von Hasel, Birke und Esche beginnt aufgrund des Klimawandels etwa zwei bis drei Wochen früher als vor dreissig Jahren. Auch die Vegetation verändert sich. In Zukunft könnte sich die Birke in höheren Gegenden ausbreiten, so dass ihre Pollen auch in Bergregionen vermehrt anzutreffen sind. Weiter siedeln sich immer mehr neue Pflanzen, zum Beispiel der Olivenbaum, die Zypresse oder das Glaskraut, in unseren Breiten an und bringen so neue Pollen mit sich.
Nicht zu vergessen: Luftschadstoffe spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie können die Atemwege zusätzlich reizen.
Welches sind die häufigsten Allergien in der Schweiz?
Am häufigsten sind Schweizerinnen und Schweizer betroffen von:
- Pollenallergie (Gesamtbevölkerung Schweiz): 20 Prozent
- Hausstaubmilben (Gesamtbevölkerung Schweiz): 6,25 Prozent
- Sensibilisierung* Katzen (Erwachsene Schweiz): 3,8 Prozent
- Insektengiftallergie (Bienen und Wespen, EU/Schweiz): 3,5 Prozent
- Nahrungsmittelallergien (Kinder Schweiz): 2 bis 6 Prozent
- Nahrungsmittelallergien (Erwachsene Schweiz): 2 bis 4 Prozent
- Sensibilisierung* Hunde (Erwachsene Schweiz): 2,8 Prozent
*Eine Sensibilisierung ist noch keine Allergie. Sie gibt an, dass der Körper auf das Allergen eine Immunantwort aufgebaut hat, so dass es bei erneutem Kontakt zu einer allergischen Reaktion kommen kann.
Pollenallergie
Aktuell leiden rund 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung an einer Pollenallergie. Davon sind die meisten – etwa 70 Prozent – auf Gräserpollen allergisch, die vom Mai bis in den Herbst hinein fliegen. Weil die Pollen vom Wind fast überallhin getragen werden, ist ein Kontakt kaum zu vermeiden. Linderung bringt der Regen: Nach zirka 30 Minuten Niederschlag, sollten alle Pollen aus der Luft gewaschen sein.
Bei Allergikern oder Allergikerinnen, die auf Hasel oder Birke reagieren, kommt häufig eine sekundäre Lebensmittelallergie, eine sogenannte Kreuzallergie, dazu. Weil die Allergene in bestimmten Lebensmitteln von der Struktur her jener der Pollen ähneln, reagiert das Immunsystem auch auf sie. Die meist harmlosen Symptome betreffen den Mund- sowie Rachenbereich und werden typischerweise durch Kern- und Steinobst, Haselnuss, Walnuss, Mandeln, Tomaten, Karotten, Sellerie, Mango, Avocado, Fenchel, Kiwi und Litschi ausgelöst.
Wird eine Pollenallergie nicht richtig therapiert, kann sich daraus Asthma entwickeln. Um Heuschnupfen zu behandeln, reichen meistens Antihistaminika in Form von Tropfen, Tabletten oder Sprays sowie Kortisonpräparate aus. Langfristig kann Heuschnupfen ursächlich angegangen werden – mit einer Desensibilisierung. Dabei wird der Körper langsam an das Allergen gewöhnt, was die Symptome um rund 75 bis 80 Prozent reduziert.
Hausstaubmilbenallergie
In der Schweiz sind etwas mehr als sechs Prozent der Kinder und Erwachsenen allergisch auf Hausstaubmilben. Das Hauptallergen kommt vor allem im Milbenkot vor, aber auch der Körper des rund 0,3 Millimeter kleinen, für das Auge unsichtbaren Spinnentieres ist allergen. Die Milbe lebt und vermehrt sich vor allem in belebten, warmen Räumen – am liebsten in unseren Betten.
Typische Symptome einer Hausstaubmilbenallergie sind Niesen, eine laufende oder verstopfte Nase, gerötete Augen und Husten; ähnlich wie bei der Pollenallergie, doch treten die Beschwerden das ganze Jahr auf. Besonders morgens und in den kühleren Jahreszeiten leiden Betroffene stark.
Zentraler Bestandteil der Behandlung einer Hausstaubmilbenallergie ist, den Kontakt mit dem Allergen zu vermeiden. Als erster Schritt gilt es Matratze, Kopfkissen und Duvet in milbendichte Überzüge, sogenannte Encasings, einzupacken. Zusätzlich sollte der Hausstaub durch regelmässiges Staubsaugen oder feuchtes Aufnehmen möglichst reduziert werden. Bei Bedarf können die Symptome mit Medikamenten wie Antihistaminika behandelt werden. Helfen all diese Massnahmen nicht, kann eine allergenspezifische Immuntherapie (Desensibilisierung) angegangen werden.
Tierallergie
Umgangssprachlich wird diese Allergie gerne als «Tierhaarallergie» bezeichnet. Jedoch reagieren die Betroffenen nicht auf die Tierhaare allergisch, sondern auf den Speichel, die Talgdrüsen und die Hautzellen, die beim Lecken auf dem Fell verteilt werden. Rund vier Prozent der Erwachsenen in der Schweiz sind sensibilisiert auf Katzenallergene, rund drei Prozent auf Hundeallergene.
Die Tierallergie zeigt sich durch Schnupfen, Bindehautentzündungen und starkes Asthma. In Einzelfällen kann es auch zu einer allergischen Schockreaktion kommen. Auch hier gilt als Therapie in erster Linie, das Allergen zu meiden und keinen Kontakt mehr mit dem Tier zu haben. Das geliebte Haustier abzugeben, ist jedoch selten einfach. Ein paar Massnahmen können helfen, die Allergenbelastung zu reduzieren wie etwa Staubsaugen und das Tier nicht in den Schlafraum lassen. Medikamente wie Antihistaminika oder Kortisonpräparate können die Symptome mildern.
Insektengiftallergie
In der Schweiz sind drei bis vier Prozent der Bevölkerung von einer lebensbedrohlichen Insektengiftallergie betroffen. Meist reagieren Allergiker und Allergikerinnen auf Bienen- oder Wespenstiche. Die Symptome nach einem Stich treten innerhalb von Minuten bis maximal einer Stunde auf und reichen von lokalen Schwellungen über Juckreiz, Nesselfieber, Erbrechen, Atemnot, Herzrasen, Blutdruckabfall, Bewusstlosigkeit, Atemstillstand bis hin zum Herz-Kreislauf-Kollaps.
Betroffene müssen nach einem Stich umgehend handeln: Den Stachel entfernen (wenn eine Biene zugestochen hat), die vom Arzt verordneten Medikamente wie Antihistaminika und Kortison einnehmen sowie sich allenfalls eine Adrenalinfertigspritze verabreichen. Zudem ist sofort der Notarzt unter der Telefonnummer 144 zu rufen.
Eine Insektengiftallergie kann man ganz loswerden – mit einer allergenspezifischen Immuntherapie, bei der der Körper langsam an das Allergen gewöhnt wird. Sie führt bei über 95 Prozent der Wespengiftallergiker und bei etwa 85 Prozent der Bienengiftallergikerinnen zum vollständigen Schutz. Die Therapie bei der Allergologin, dem Allergologen dauert drei bis fünf Jahre.
Nahrungsmittelallergie
Eine Nahrungsmittelallergie entsteht aufgrund einer Abwehrreaktion des Körpers gegenüber harmlosen pflanzlichen oder tierischen Eiweissen. Oft genügen schon kleinste Mengen des Nahrungsmittels, um eine allergische Reaktion auszulösen. Häufig kommt es bei Nahrungsmittelallergien zu harmlosen Reaktionen wie Juckreiz an Lippen und im Hals, ein pelziges Gefühl in Mund und Gaumen, Schwellungen der Lippen, der Zunge sowie der Schleimhaut von Wangen und Rachen. Bei einer Nahrungsmittelallergie können aber auch schwere Symptome wie Erbrechen, Magen- oder Bauchkrämpfe, Durchfall, Urtikaria, Asthmaanfälle, allgemeines Schwächegefühl/Kraftlosigkeit, Blutdruckabfall, Herzrasen bis hin zu einem anaphylaktischen Schock auftreten.
Erwachsene sind am häufigsten allergisch auf Haselnüsse, Sellerie, Äpfel, Baumnüsse und Kiwi. Kinder reagieren typischerweise auf Kuhmilch, Hühnerei, Erdnuss und Nüsse.
Wer an einer Nahrungsmittelallergie leidet, sollte das allergieauslösende Lebensmittel meiden. In der Schweiz müssen 14 Zutaten, die Allergien oder andere unerwünschte Reaktionen auslösen können, auf der Verpackung klar deklariert sein (z.B. fett markiert). Im Offenverkauf muss das Verkaufspersonal Auskunft geben.
Was sind die häufigsten Auslöser für lebensbedrohliche anaphylaktische Reaktionen?
Die häufigsten anaphylaktischen Reaktionen bei Erwachsenen erfolgen auf Insektengifte, Medikamente und Nahrungsmittel. Kinder reagieren am häufigsten auf Nahrungsmittel, gefolgt von Insektengift und Medikamenten. Betroffene Personen sollten immer ein Notfallset mit den vom Arzt, von der Ärztin verschriebenen Medikamenten bei sich tragen, um im Ernstfall handeln zu können. Eine von 300 Personen ist im Laufe ihres Lebens von einer Anaphylaxie – einer schweren allergischen Reaktion – betroffen.
Gibt es Möglichkeiten, Allergien zu verhindern?
Jeder Mensch kann während seiner Lebenszeit eine Allergie entwickeln, ganz egal wie alt er ist. Es besteht aber ein erhöhtes Risiko, wenn bereits ein oder beide Elternteile von einer Allergie betroffen sind.
Nebst den Genen spielen sowohl Umwelt als auch der Lebensstil eine nicht zu unterschätzende Rolle. Deshalb beginnt der Prozess der Prävention bereits im Mutterleib. Es ist wichtig, sich in der Schwangerschaft abwechslungsreich und ausgewogen zu ernähren sowie auf das Rauchen, auch Passivrauchen zu verzichten. Wenn möglich sollte das Baby mindestens während der ersten vier Lebensmonate gestillt werden. Ab dem fünften Lebensmonat wird zusätzlich zum Stillen zur schrittweisen Einführung von Beikost geraten. Indem das Kind möglichst viele verschiedene Nahrungsmittel kennenlernt, soll das Allergierisiko und Asthmarisiko gesenkt werden.
Quelle und Zusammenarbeit mit aha! Allergiezentrum Schweiz (www.aha.ch).