Was tun, wenn man sich bei einer Wanderung verletzt?

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Wanderung
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Quelle: TCS MyMed

Dr. Markus Luethi vom medizinischen Team des TCS erklärt uns, was bei Verletzungen, Stichen oder Bissen zu tun ist, wenn das Problem bei einer Wanderung auftritt.

Herr Dr. Luethi, wie kann man sich vor dem Aufbruch gut auf eine Wanderung vorbereiten?
Grundsätzlich sollte man die Strecke gut studieren, den Schwierigkeitsgrad der Wanderung bestimmen, damit sie dem eigenen Niveau entspricht, und schliesslich, wenn möglich, immer mindestens zu zweit gehen. Bei schweren Vorerkrankungen – wie ein Herzleiden, eine Lungenkrankheit, Diabetes, etc. – sollte man den behandelnden Arzt fragen, ob Niveau, Höhe und Schwierigkeitsgrad des Weges dem aktuellen Gesundheitszustand angemessen sind.

Was sind typische Verletzungen von Wanderern?
Am häufigsten sind Entzündungen der Knochenhaut/Sehnen (femoropatellares Schmerzsyndrom (Schmerzen vorne im Knie) / Tendinopathie der Achillessehne), Knöchelverstauchungen, Blasen, schwarze Nägel, Krämpfe, Schnitt- und Schürfwunden.

Was sollte die Verbandstasche des perfekten Wanderers enthalten?
Meiner Meinung nach muss die ideale Tasche Folgendes enthalten:

  • Elastische Binde mit 8 cm Breite
  • Selbstklebende Stützbandage 6 cm (Sportfix)
  • Desinfektionsmittel (Betadine oder Octenisept)
  • Sterile Kompressen für Wundverbände
  • Heftpflaster (Compeed)
  • Wundnahtstreifen (Steristrip)
  • Schmerzmittel (Dafalgan, Ibuprofen)
  • Antihistaminika (Cetallerg)
  • Taschenmesser (Schere)
  • Flexible Schiene zur Fixierung eines Körpergliedes
  • Sicherheitsnadeln zum Befestigen einer Armbinde
  • Zettel mit Notfallnummern (Polizei, Rettung, REGA, nahestehende Personen, die informiert werden müssen)


Bereitet man sich gut genug auf Hitze, Regen oder Kälte vor?
Nicht immer. Allerdings ist das unerlässlich, vor allem, wenn man in den Bergen unterwegs ist. Nehmen Sie immer eine warme Jacke, Regenschutz, eine Mütze, Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor und ausreichend Wasser mit. Helle Kleidung aus dichtem Stoff und eine Mütze schützen gut gegen die Sonne. In den heissesten Stunden während der Mittagszeit sollten Sie intensive körperliche Anstrengung vermeiden und vergessen Sie nicht, regelmässig zu trinken.

Was tut man bei Blasen am Fuss?
Kleine Blasen behandelt man mit selbstklebenden Pflastern (Heftpflaster, Leukotape), um Reibung zu verhindern. Wenn die Blasen grösser sind, verwendet man spezielle, dickere Pflaster, die besser vor zusätzlicher Reibung schützen. Wenn die Blasen sehr gross sind, sollte man eine Pause einlegen. Oder man kann sie einstechen, unter möglichst sterilen Bedingungen (Desinfektion, sterile Nadel, steriles Pflaster ohne Salbe), aber das Infektionsrisiko ist gross. Deshalb wird empfohlen, die Blasenhaut auf der Wunde zu belassen, damit sie als Barriere gegen Reibung und Entzündungen wirkt. 

Was tut man bei Schürfwunden?
Man muss die Wunde mit sauberem Wasser reinigen, wenn möglich, desinfizieren und mit einer sterilen Kompresse oder einem Heftpflaster vor Reibung schützen.

Was tut man bei einem Insektenstich?

  • Bei Bienen-/Wespen-/Hornissenstichen im Mund handelt es sich um lebensgefährliche Notfälle: Falls man Antihistaminika mit sich führt, sollte man diese geben, den Stich mit Eis kühlen und die Rettung rufen (Rettungswagen/Helikopter). Dasselbe Verfahren gilt, wenn es sich um eine bekannte Allergie handelt und keine Notfallbehandlung möglich ist.
  • Bienen lassen den Stachel und die Giftdrüse in der Haut stecken. Ziehen Sie den Stachel in diesem Fall schnell mit dem Fingernagel, der stumpfen Seite eines Messers (indem sie es parallel über die Hautoberfläche ziehen) oder einer Kreditkarte heraus. Verwenden Sie keine Pinzette, da die Giftdrüse platzen und noch mehr Gift freisetzen könnte.
  • Wespen und Hornissen lassen beim Stechen keinen Stachel zurück. Ihr Gift ist zum Teil thermolabil (wird von Hitze zerstört). Deshalb kann man die Wunde mit einem Föhn erhitzen oder indem man das brennende Ende einer Zigarette in einigen Millimetern Entfernung – ohne die Haut zu berühren!  – daran hält, und das etwa zwei Minuten lang.
  • Mücken- und andere Insektenstiche behandelt man mit Eis oder Essigumschlägen. Gegen den Juckreiz kann man Antihistaminika lokal auftragen (Fenistil-Gel) oder oral einnehmen (Cetallerg-Tabletten oder andere). 


Was tut man bei Bissen?
In Gegenden, wo Tollwut endemisch ist (hauptsächlich Afrika, Asien einschliesslich Zentralasien, Osteuropa und einige südamerikanische Länder) muss jeder Tierbiss als Notfall behandelt werden und es sollte in kürzester Zeit eine postexpositionelle Impfung durchgeführt werden. In der Praxis muss man die Wunde mit sauberem Wasser reinigen, wenn möglich, desinfizieren und mit einer sterilen Kompresse schützen. Ist die Bisswunde tief, muss man einen Arzt aufsuchen, der den Impfstatus für Tetanus überprüft und sich über die Tollwutgefahr informiert (Fledermäuse, halterlose Hunde). Bei Schlangenbissen muss man sich schnellstmöglich beim toxikologischen Zentrum der Schweiz informieren (044 251 51 51) und, falls möglich, ein Foto der Schlange machen.

Inwieweit kann man Schnittwunden behandeln?
Das kommt ganz auf die Lage und Tiefe der Schnittwunde an. Wenn Muskeln und Sehnen offen liegen oder es stark blutet, muss man sofort einen sterilen Kompressionsverband anlegen und schnellstmöglich Hilfe bei einer medizinischen Fachkraft suchen. Ist ein kleiner Fremdkörper in der Wunde zu sehen, kann man diesen entfernen, bevor man die Wunde mit sterilen Kompressen abdeckt. Wenn Sie den Verletzten transportieren müssen, sollten Sie den Bereich mit der Schnittwunde hoch lagern und den Verletzten vorsichtig tragen.

Was tut man bei schweren Verletzungen?
Zunächst muss man den Unfallort absichern. Danach sollte man, falls möglich, die Ortsdaten ermitteln und die Ambulanz/Rettung (Notruf 144) oder die Luftrettung per Helikopter (REGA unter 1414) alarmieren. Geben Sie hierbei die genaue Anzahl der Verletzten und die Schwere der Verletzungen an.

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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