Sicherheit von Medikamenten während der Schwangerschaft: Was werdende Mütter wissen sollten

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Wochenbett, Kantonsspital Uri
Wochenbett, Kantonsspital Uri
Quelle: TCS MyMed

Während der Schwangerschaft steht die Gesundheit von Mutter und Kind an erster Stelle. Besonders die Einnahme von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln wirft oft viele Fragen auf. Welche Medikamente sind sicher? Was sollte vermieden werden? Und wie kann man typische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Erkältungssymptome oder Übelkeit lindern? Dr. med. Panagiotis Kanellos, leitender Arzt Gynäkologie und Geburtshilfe des Kantonsspitals Uri, klärt auf.

Herr Kanellos, wie wird die Sicherheit von Medikamenten für schwangere Frauen beurteilt?
Staatliche Behörden, die die Arzneimittelsicherheit überwachen, stufen Medikamente auf der Grundlage des aktuellen Wissensstands über die Sicherheit während der Schwangerschaft ein. In den USA liefert die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) Informationen über die Arzneimittelsicherheit während der Schwangerschaft.

Das Wissen über die Arzneimittelsicherheit während der Schwangerschaft basiert auf Forschungen an Menschen und Tieren und auf Nebenwirkungen, die von Personen gemeldet werden, die das Medikament eingenommen haben. Im Allgemeinen beraten Ärzte schwangere Frauen über die Einnahme von Medikamenten auf der Grundlage der vorliegenden Forschungserkenntnisse.


Es wird empfohlen, schon vor dem Beginn einer Schwangerschaft Folsäure einzunehmen. Wozu dient sie?
Die frühzeitige Folsäure-Prophylaxe senkt das Risiko von Früh- und Fehlge­burten sowie von Tumoren des Zentral­ner­ven­systems bei Neuge­borenen. Folsäure ist wichtig für den reibungslosen Zelltei­lungs­prozess beim Kind. Wichtig ist auch das Timing: Spätestens drei Monate vor der Zeugung und bis zur zwölften Schwan­ger­schaftswoche sollte jede werdende Mutter zusätzlich Folsäure in Tablet­tenform zu sich nehmen.

Welche Medikamente dürfen bei Kopfschmerzen eingenommen werden?
Bei Kopfschmerzen können bestimmte Medikamente in der Regel sicher eingenommen werden, darunter Paracetamol, bestimmte entzündungshemmende Medikamente (NSAR bis zur 20. Schwangerschaftswoche), Opiate (Vorsicht: Bei regelmässiger Einnahme kann es beim Neugeborenen zu Entzugssymptomatiken kommen) und Sumatriptan.

Die Einnahme von Ibuprofen im letzten Drittel der Schwangerschaft sollte vermieden werden. Wieso ist das so?
Die Einnahme von Ibuprofen kann zum vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus Botalli beim Fötus und zu einer Schädigung der fötalen und neonatalen Nierenfunktion führen. Der Ductus arteriosus Botalli ist ein wichtiges Blutgefäss im fötalen Kreislauf, das eine direkte Verbindung zwischen der Pulmonalarterie und der Aorta darstellt. Diese Struktur spielt eine entscheidende Rolle während der fötalen Entwicklung, indem sie das Blut vom Lungenkreislauf wegleitet und direkt in den systemischen Kreislauf leitet, da die Lungen des Fötus vor der Geburt noch nicht funktional sind.

Gibt es weitere Unterschiede in der Medikamentensicherheit zwischen den verschiedenen Trimestern?
Fast alle Medikamente sind plazentagängig. Wichtige Parameter sind u.a. das Timing der Gabe: Medikamente, die in den ersten Wochen eingenommen werden, können die gesunde Organentwicklung beeinträchtigen, welche bis zur 20. SSW stattfindet. Dementsprechend sollte in der Frühschwangerschaft (5. bis zur 10. Schwangerschaftswoche) der Gebrauch von Arzneimitteln so niedrig wie möglich gehalten werden, um die Organentwicklung nicht zu beeinträchtigen. Präparate, die in einem späteren Stadium der Schwangerschaft eingenommen werden, können dann das Wachstum des Babys hemmen und zu einem niedrigen Geburtsgewicht oder einer Schädigung der fötalen Organe führen.

Dürfen Vitaminpräparate ohne schlechtes Gewissen benutzt werden?
Während der Schwangerschaft ist eine erhöhte Mineralstoff- und Vitaminzufuhr unerlässlich, damit der Fötus sich gut entwickeln kann. Wichtig sind vor allem Folsäure, Vitamin D, Magnesium, Jod und B-Vitamine. Bei einer ausgewogenen Ernährung ist die Versorgung mit relevanten Nährstoffen – abgesehen von Folsäure und Jod – jedoch meistens gegeben. Aber auch bei Schwangerschaftsübelkeit im ersten Trimester können Schwangerschaftsvitamine helfen, den Nährstoffhaushalt auszubalancieren.

Medikamente zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen

1. Linie: Vitamin B1, B6
2. Linie: Doxylamin, Meclozin
3. Linie: Chlorpromazin, Metoclopramid
4. Linie: Ondansetron
5.Linie: Methylprednisolon

Wie sollten werdende Mütter bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln vorgehen?
Normalerweise lässt sich der Nährstoffbedarf eines erwachsenen Menschen gut über eine gesunde, ausgewogene Ernährung abdecken. Allerdings kann es im Rahmen der Schwangerschaft dazu kommen, dass mehr Nährstoffe benötigt werden, als die werdende Mutter zu sich nimmt – gerade bei einer veganen oder vegetarischen Ernährung rät man dazu, beispielsweise Vitamin B12 zu supplementieren, welches entscheidend für die Stoffwechselprozesse und neuronale Entwicklung ist.

Nicht selten kommt es bei Schwangeren zu Bluthochdruck. Wie wird dieser behandelt und können Blutdrucktabletten schädlich für das Ungeborene sein?
Bluthochdruck (Hypertonie) während der Schwangerschaft ist eine häufige Komplikation und kann verschiedene Formen annehmen, darunter chronische Hypertonie, schwangerschaftsinduzierte Hypertonie und Präeklampsie. Die Behandlung von Bluthochdruck bei Schwangeren zielt darauf ab, sowohl die Gesundheit der Mutter als auch des ungeborenen Kindes zu schützen. Hier die gängigsten Medikamente, welche zur Behandlung eingesetzt werden:

  • Alpha-Methyldopa: ein häufig verschriebenes Medikament, das als sicher gilt und gut untersucht ist.
  • Metoprolol: ein Betablocker, der oft bei schwangeren Frauen verwendet wird und als sicher gilt.
  • Nifedipin: ein Kalziumkanalblocker, der ebenfalls sicher verwendet werden kann.
  • Dihydralazin: wird gelegentlich verwendet, insbesondere in akuten Situationen.
  • Urapidil: ein Medikament, das in bestimmten Fällen eingesetzt wird und als relativ sicher gilt.
     

Wird es draussen kälter, steigt auch die Zahl der Grippekranken. Welche Möglichkeiten gibt es für Schwangere, Symptome wie Husten oder eine verstopfte Nase zu behandeln?
Für Schwangere gibt es verschiedene Möglichkeiten, um Symptome wie Husten oder eine verstopfte Nase zu behandeln, die sicher und wirksam sind:

Verstopfte Nase behandeln

  • Ein Meersalznasenspray kann helfen, die Nasenschleimhäute zu befeuchten und die Nase zu reinigen.
  • Inhalieren oder Bronchialsalbe mit ätherischen Ölen wie Pfefferminz oder Engelwurz mit Thymian und Majoran hilft, die verstopfte Nase zu öffnen.
  • Erkältungsbäder mit ätherischen Ölen wie Thymian oder Nadelholzölen können beruhigend wirken und helfen, die Atemwege zu öffnen.


Halsschmerzen und Husten behandeln

  • Tee aus Anis, Kamillenblüten oder Pfefferminz kann beruhigend auf den Hals wirken und bei der Linderung von Husten helfen.
  • Lutschbonbons mit Kamille-, Glycerin-, Salbei- oder Echinacea-Extrakt können Halsschmerzen lindern und Hustenreiz mildern.
  • Gurgeln mit einer Lösung von Wirkstoffen wie Benzydamin, Chlorhexidin, Dequalinumchloridum, Cetylpyridinumchlorid oder Hexetidin kann ebenfalls bei Halsschmerzen helfen.
  • ACC Brausetabletten können helfen, festsitzenden Schleim zu lösen und das Abhusten zu erleichtern.


Wichtig ist, dass Schwangere vor der Anwendung von Medikamenten oder bestimmten Inhaltsstoffen immer Rücksprache mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt halten sollten, um sicherzustellen, dass die gewählte Behandlung für sie und ihr ungeborenes Kind sicher ist.

Verbotene Medikamente in der Schwangerschaft

Schmerzmittel
- Metamizol (Novalgin)
- NSAR (nicht steroidale Antirheumatika) bis zur 20. Schwangerschaftswoche


Antibiotika
- Makrolide (cave: mit Vorsicht, leicht erhöhtes Risiko für Herzfehlbildungen 1,06 Prozent vs. 0,66 Prozent)
- Clindamycin (keine ausreichende Daten)
- Metronidazol (Tierexperiment: erhöhte Rate an Rippen- und Wirbelfehlbildungen)
- Nitrofurantoin (leicht erhöhtes Risiko für Gelbsucht)
- Vancomycin (keine Daten im ersten Trimenon)

- Fosfomycin (keine Daten)
- Co-Trimoxazol (Folsäureantagonist)
- Aminoglykosiden
- Tetracycline
- Gyrasehemmern (z.B. Ciprofloxacin)


Antivirale Medikamente
- Famciclovir
- Abacavir/Lamivudin (mit Vorsicht)
- Zanamivir (mit Vorsicht)


Antimykotika
- Fluconazol als orales Mittel der 1. Wahl: Eine systemische antimykotische Therapie mit Fluconazol sollte nur bei zwingender Indikation und möglichst nicht im 1. Trimenon erfolgen (erhöhtes Risiko für Herzfehlbildungen ).
- Lokale Therapien, zum Beispiel mittels Clotrimazol, Miconazol oder Nystatin sind problemlos.


Migräne:
- Naratriptanand Rizatriptan (nur eingeschränkte Daten vorhanden)
- Ergotamin (Verminderung und Unterbrechung der fötalen Blutversorgung)


Arterielle Hypteronie
- ACE-Hemmer
- Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten
- Diuretika (nur bei Lungenödem)

Antidepressiva
- Benzodiazepinen (nur bei potenziell lebensbedrohlicher Indikation; besser untersucht gegen Angststörungen: Promethazin)


Antiepileptika
- Valproinsäure (teratogene Wirkung in 5 bis 10 Prozent der Fälle)

Schilddrüsenüberfunktion
Thiamazol/Carbimazol: nur schwach teratogen (plasia cutis – meist im Bereich des Kopfes, Choanalatresie, Ösophagusatresie, tracheo-ösophageale Fisteln, hypoplastische Brustwarzen und faziale Dysmorphien)

Chemotherapie
Möglich erst nach der embryonalen Phase (12 0/7 SSW, idealerweise ab 14 0/7 SSW). Bei Krebserkrankungen in der frühen Schwangerschaft muss ein Schwangerschaftsabbruch besprochen werden.

Varia
- OAKs
- Orale Antidiabetika
- Lebend-Impfstoffe

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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