Prof. Dr. med. Aristomenis Exadaktylos ist Chefarzt und Direktor des Universitären Notfallzentrums am Inselspital und Co-Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin.
Herr Professor, zuerst eine Leserfrage: Kann man durch kurzes Luftanhalten, zum Beispiel im Lift, oder wenn jemand eng vorbeiläuft, eine Aerosol-Ansteckung verhindern?
Das ist eine gute Frage. Ich denke, das Risiko verringert sich, wenn nicht gesprochen wird, solange man sich in kleinen, ungelüfteten Räumen befindet. Da man aber solche Apnoe-Übungen besser geübten Tauchern überlassen sollte, empfehle ich das konsequente Tragen von qualitativ guten Masken.
Hinsichtlich des Ansteckungsrisikos sind Innenräume mit eingeschränktem Luftaustausch oder geschlossener Luftzirkulation sowie mit vielen Menschen bedenklich. Soll man im Herbst und Winter überhaupt noch Restaurants besuchen?
Wenn das Restaurant über ein Corona-Schutzkonzept und Lüftungskonzept verfügt, dann sollte das gehen.
Wie passt es zusammen, dass es derzeit mehr Infizierte, aber weniger schwere Verläufe gibt?
Das verstehen wir auch nicht vollständig, eventuell hat es etwas mit dem Alter der Infizierten zu tun, der Grossteil der Infizierten ist jünger als im Frühjahr. Auch das milde Wetter könnte eine Rolle spielen, aber wir dürfen uns nicht täuschen lassen, die Zahl der hospitalisierten Patienten steigt stetig an. Der November wird, meiner Meinung nach, der Monat der Wahrheit.
Adipositas, Diabetes und Bluthochdruck sind laut einer aktuellen Studie Risikofaktoren, die auch zu einem schweren Verlauf bei jungen Menschen führen können. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen?
Ja, das stimmt: Risiko ist Risiko. Und auch jüngere Menschen mit solchen Risikoerkrankungen sind gefährdet.
Treffen Sie und Ihr Team für den Winter spezielle Vorkehrungen auf der Notfallstation des Inselspitals?
Wir sind seit acht Monaten im Dauereinsatz, wir haben nie aufgehört, um zu entspannen. Beim Fussball würde man sagen, nach erster und zweiter Halbzeit geht’s jetzt halt in die Verlängerung und dann vielleicht noch ins Elfmeterschiessen. Aber ich kann Ihnen versichern, unsere Mannschaft wird gegen das Virus gewinnen.
Ab wann macht es Sinn, sich für die kommende Influenza-Saison impfen zu lassen?
Ab sofort!
Die Grippe-Saison auf der Südhalbkugel war dieses Jahr wegen der Corona-Schutzmassnahmen praktisch inexistent. Ist es für die Forschung nun schwieriger, einen wirksamen Influenza-Impfstoff zu finden?
Im Moment ist nichts einfach. Wir sind froh, dass es aufgrund der Corona-Schutzmassnahmen in der südlichen Hemisphäre weit weniger Grippeerkrankungen gegeben hat als in den Vorjahren.