Prof. Dr. med. Aristomenis Exadaktylos, Chefarzt und Klinikdirektor Universitäres Notfallzentrum (Inselspital Bern), im Interview.
Herr Professor, endlich darf man wieder reisen. Werden Sie auch in die Sommerferien fahren?
Ja natürlich. Ferienzeit ist auch Familienzeit. Es wurde sozusagen endlich Zeit!
Packen Sie Ihre Reiseapotheke aufgrund von Corona anders als sonst?
Gesichtsmasken und reichlich Handdesinfektionsmittel braucht es dieses Jahr extra.
Bei vielen Schweizern und Schweizerinnen reist die Angst mit, denn die Delta-Variante verbreitet sich auch in Ländern mit hohen Impfquoten schnell. Wie ist das möglich?
Je nach Art des Impfstoffs wird der Organismus mehr oder weniger gut vor der neuen Variante geschützt. Die mRNA-Impfstoffe, die in der Schweiz verimpft werden, schneiden dabei sehr gut ab. Allerdings kann man auch weiterhin Träger des Virus sein oder leicht erkranken und so das Virus weitergeben. Die Anzahl der geimpften oder genesenen Menschen variiert von Land zu Land sehr. In manchen Ländern freute man sich leider eventuell auch ein wenig zu früh und warf den gesunden Menschenverstand, die Distanzregeln und Hygienemassnahmen über Bord. Aber vermutlich ist es eine Mischung von vielen Faktoren, die wir nicht alle durchschauen. Und leider hat das griechische Alphabet noch viele Buchstaben.
Können Geimpfte durch die Delta-Variante schwere Verläufe haben und gar daran sterben, wie in Grossbritannien?
Das ist grundsätzlich möglich, aber sehr selten. Vor allem Menschen mit komplexen Grunderkrankungen oder betagte Seniorinnen und Senioren haben weiterhin ein erhöhtes Risiko.
Sind die Lockerungen in der Schweiz in Hinblick auf die Delta-Variante zu riskant?
Nein, ich denke, bis jetzt macht man es richtig. Wenn der gröbste Regen vorbei ist, läuft man ja auch nicht mit dem aufgespannten Regenschirm durch die Gegend, aber man hat ihn weiterhin in der Tasche.
Finden Sie es sinnvoll, so rasch wie möglich auch Kinder und Jugendliche zu impfen?
Diese Frage müssen die Impfspezialisten des Bundes beantworten. Ältere Jugendliche, welche sich wie Erwachsene im Alltag bewegen, können sicher profitieren. Bei sehr jungen Kindern kenne ich die Daten noch nicht genug gut. Hier werden wir sicher in den nächsten Wochen und Monaten viel Neues hören. Aber es ist sicher sinnvoll, das zu diskutieren.
Was raten Sie Schweizerinnen und Schweizern, die sich nun auf Ihre Reise freuen und genug von Corona-Schlagzeilen haben?
Ich habe im Urlaub ein gut gekühltes «Corona-Bier» ganz gern und hoffentlich weiter Hopp und Allez Schwiiz. Und zwischendrin den gesunden Menschenverstand nicht zu Hause lassen. Es ist noch nicht vorbei. Allen Lesern gesunde und erholsame Sommertage!