Arthrose: Knie- oder Hüftbeschwerden langfristig selbständig managen



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Quelle: TCS MyMed


Susanne Neuenschwander, Standortleiterin Physiotherapie des Spitals Emmental in Langnau, erklärt im Interview mit TCS MyMed, wie das neu eingeführte Good Life with Osteoarthritis Denmark Programm (GLA:D) Knie- und Hüftarthrose-Betroffenen hilft.

Frau Neuenschwander, seit Juni bietet das Spital Emmental das GLA:D-Schweiz-Programm an. Welches Ziel verfolgt dieses Programm und was steckt hinter dem Namen?
GLA:D stellt eine Abkürzung dar, welche ausgeschrieben Good Life with Osteoarthritis Denmark bedeutet. Sinngemäss steht es für eine bessere Lebensqualität trotz Arthrose. Denmark bezieht sich auf die Herkunft der Therapieform. Das Ziel des Programms besteht darin, dass Menschen mit Knie- und Hüftarthrose eine nachhaltige Linderung der Beschwerden und eine bessere Funktionsfähigkeit erreichen. Ein weiteres sehr wichtiges Ziel ist ein besseres Selbstmanagement. Das heisst, dass die Patienten anschliessend selbst in der Lage sind, richtig mit ihren Beschwerden umzugehen.

Arthrose ist eine der häufigsten Erkrankungen in der Schweiz und weltweit. Unter welchen Symptome leiden die Betroffenen?
Das grösste Problem für die Patienten sind sicherlich die auftretenden Schmerzen. In den meisten Fällen kommt die Krankheit schleichend und beginnt mit Schmerzen bei Belastungen. Bei Knie- und Hüftarthrose zeigen sich die Symptome in der Regel beim Gehen. Häufig wird die Erkrankung erstmals durch Anlaufschmerzen, wenn man länger sass oder stand, ersichtlich. Nebst den Schmerzen ist ein häufig auftretender Nebeneffekt der Arthrose die Einschränkung der Beweglichkeit. Es ist möglich, dass die Betroffenen auch während der Nacht und in Ruhephasen unter Schmerzen leiden. Dies ist meist in einem bereits sehr ausgeprägten Stadium der Fall.

Können Sie ein konkretes Beispiel für Knie- oder Hüftarthrose machen?
Bei der Hüftarthrose zeigt sich dies beispielsweise durch Probleme beim Socken anziehen. Bei der Kniearthrose kann es dazu kommen, dass man das Bein, durch die Einschränkung in der Beweglichkeit, nicht mehr richtig durchstrecken kann, wodurch es zu Hink-Bewegungen kommt.

Die Therapie wird in verschiedene Einheiten gegliedert. Wie sehen diese aus?
Patienten und Patientinnen durchlaufen folgende Einheiten:

  • Drei Einzelsitzungen mit Eintrittsuntersuchung, funktionelle Tests und praktischer Einführung ins Übungsprogramm
  • Zwei Gruppensitzungen mit Beratung und Instruktion, zwölf Mal Gruppentherapie
  • Eine Einzelsitzung mit Austrittsuntersuchung


Was wird in der physiotherapeutischen Einzelsitzung mit Eintrittsuntersuchung genau gemacht?
Es wird eine Standortbestimmung der aktuellen Situation des Betroffenen gemacht. Das heisst, dass spezifische Fragebögen zu den Schmerzen und der Lebensqualität ausgefüllt werden. Zusätzlich wird hier auch die Arbeitsfähigkeit erfasst. Als Weiteres wird ein Funktionstest durchgeführt, bei dem die Lauffähigkeit – die Gehstrecke, das Tempo – erfasst wird. In diesem Einführungsteil erhält der Patient auch alle notwendigen und weiterführenden Informationen zum GLA:D-Schweiz-Programm sowie die erste praktische Einführung in die Übungen, damit die Patienten wissen, was sie erwartet.

Wie läuft die Gruppentherapie ab?
In der ersten Gruppentherapie-Woche gibt es zwei Patientenschulungen. Hier erhalten die Patienten, währen zwei Mal 60 Minuten, Informationen zum Thema Arthrose im Allgemeinen. Sie erfahren, was die neuromuskuläre Kontrolle bedeutet und wie sich beispielsweise die Gelenkstabilität verbessern kann. Sie werden geschult, wie sie die Übungen bewusst in ihr tägliches Leben integrieren können, so dass das langfristige Selbstmanagement umgesetzt werden kann. In den Übungstherapiesitzungen, welche zwei Mal pro Woche während sechs Wochen stattfinden, wird jeweils 60 Minuten trainiert. Den Start des Trainings bildet die Aufwärmphase. Anschliessend werden die spezifischen und individuell angepassten Übungen durchgeführt und zum Schluss mit einem Cool-Down beendet.

Werden die Übungen, welche in den Gruppentherapien erlernt werden, individuell auf jeden Patienten angepasst?
Die Übungsauswahl wird vom Programm vorgegeben, jedoch lassen sich die Übungen individuell anpassen. So können die Übungen einerseits nach dem Funktionsniveau und andererseits nach den Einschränkungen des Patienten ausgerichtet werden.

Wie wichtig ist der Austausch der Betroffenen in den Gruppentherapien?
Der Austausch bildet einen sehr wichtigen Punkt des ganzen Programms. Nebst dem Selbstmanagement, macht auch der Austausch mit den andern Patienten das Programm zu etwas Einzigartigem. Die Menschen lernen in den Gesprächen, dass sie nicht alleine sind mit ihren Beschwerden. Hinzu kommt auch der Motivationsgedanke, welcher im Team verstärkt wird. Anhand der ausgewerteten Daten hat sich gezeigt, dass nebst den Komponenten Schulung und Training, das Element Gruppe einen wesentlichen Beitrag zur Zielerreichung beigetragen hat. Optimal ist es, wenn sich die Patienten auch nach Abschluss der Therapie weiterhin treffen und sich gemeinsam bewegen.

Inwiefern verbessert sich die Lebensqualität durch die Teilnahme?
Der zentrale Punkt ist, dass sich die Kursteilnehmer anschliessend selbst managen können. Durch das erlernte Management, sollte eine Schmerzreduktion sowie eine Funktionssteigerung herbeigeführt werden. Ein weiteres Ziel ist es, dass durch die erreichte Schmerzreduktion auch eine Reduktion der Schmerzmitteleinnahme erfolgen kann. Es wird auch angestrebt, dass sich die Betroffenen weniger krankschreiben lassen müssen und so die Alltagsbewältigung einfacher wird. Damit die Ziele erreicht werden, ist es wichtig, dass die Teilnehmer nach Abschluss der Therapie das Programm selbst weiterverfolgen – nur so kann auch ein Langzeiterfolg angestrebt werden.

Wie müssen Betroffene vorgehen, damit sie an diesem Programm teilnehmen können?
Sie müssen über ihren Hausarzt oder ihren Orthopäden eine Verordnung für das GLA:D-Schweiz-Programm organisieren. Was auch essentiell ist, dass sich die Betroffenen ein Zeitfenster von zehn bis zwölf Wochen reservieren, da das gesamte Programm circa so lange dauert. Es ist optimal, wenn die Patienten keinen Termin verpassen.

Wird das Programm in der ganzen Schweiz angeboten und wo findet man den passenden Therapeuten / die passende Therapeutin?
Das Programm wird in der ganzen Schweiz an vielen verschiedenen Standorten angeboten. Alle zertifizierte Physiotherapeuten/innen finden Sie hier.

Werden die Behandlungskosten durch die Krankenkasse übernommen?
Ja, die Kosten werden in jedem Fall durch die Krankenkasse übernommen, da sich das Programm im Rahmen des Tarifvertrages befindet.

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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