1. August: Schützen Sie Ihr Gehör

1. August


Notfallratgeber

Quelle: TCS MyMed


Der 1. August ist in der Schweiz ein beliebter Feiertag, der meistens mit buntem und lautem Feuerwerk gefeiert wird. Wie gefährlich diese Knaller für unser Gehör sein können und wie Sie Ihr Gehör schützen, erklären die Experten von Pro Audito Schweiz im Interview.

Kann es durch die Feuerwerkskörper zu einem Knalltrauma kommen?

Feuerwerkskörper gehören zu den verbreiteten Ursachen für Knalltraumata, und 25 Prozent der Verletzungen durch Feuerwerk betreffen das Gehör. Knalle aller Art sind besonders schädlich, weil sich das Gehör wegen deren plötzlichen Auftretens nicht darauf einstellen kann. Da sich lärmbedingte Hörschäden im Laufe des Lebens aufsummieren, können auch seltene Ereignisse, z. B. eine exzessive Schallbelastung nur einmal im Jahr oder nur alle zwei Jahre einmal, zu einer Entwicklung von Schwerhörigkeit beitragen.

Was genau ist ein Knalltrauma überhaupt und wie wird es definiert?
Knalltraumata entstehen, wenn das Gehör plötzlich Pegelspitzen von 140 bis 190 Dezibel ausgesetzt wird. Knallkörper können kurzzeitig eine Lautstärke von 160 dB haben. Andere typische Ursachen sind das Abfeuern einer Handfeuerwaffe oder eines Gewehrs. Zur Orientierung: Eine Motorkettensäge hat eine Lautstärke von 110 dB, ein Pistolenschuss 160 dB, und die Schmerzschwelle liegt bei ungefähr 125 dB. Das Schallereignis kommt unerwartet, sodass die Schutzmechanismen des Ohres nicht aktiviert werden. Durch die Einwirkung starken Lärms werden die Haarzellen des Innenohres geschädigt. Sie sind sehr verletzlich und werden geschädigt oder sterben ganz ab. Zudem werden auch die Fasern der Hörnerven in Mitleidenschaft gezogen.

Was sind die Symptome?
Knalltraumata können Schmerz, vorübergehende Taubheit oder Ohrgeräusche auslösen. Das Trommelfell bleibt jedoch intakt. Es ist aber auch möglich, dass keine Symptome auftreten und das Knalltraum nicht erkannt und dadurch nicht ernst genommen wird. Die abnehmende Empfindlichkeit der Haarzellen macht sich durch das Gefühl, man habe Watte in den Ohren, bemerkbar, und die Schädigung des Innenohrs führt zu einer Schallempfindungsschwerhörigkeit. Ein Schwindelgefühl kann die anderen Symptome begleiten. Auch ein unbemerkter Hörverlust, verursacht durch lärmbedingte Nervenschäden, kann auftreten. Diese sind im üblichen Tonaudiogramm in der stillen Umgebung der Testkabine nicht zuverlässig zu erkennen. Weil Betroffene aber Sprache schlechter verstehen, werden Privat- und Berufsleben beeinträchtigt.

Wie kommt es durch Lärm zur Schädigung unseres Gehörs?
Bei sehr hohen Lautstärken wie bei Knallern und Explosionen sind es die hohen Pegelspitzen, die den Schaden verursachen. Demgegenüber besteht beispielsweise bei lauten Konzerten die Gefahr im sogenannten Lärmexpositionspegel. Dieser ergibt sich aus dem Schallpegel und der Belastungsdauer. Das Gehör ist durch Schall, den wir als angenehm empfinden, genauso gefährdet wie zum Beispiel durch Industrielärm.

Bildlich gesehen ist ein Knalltrauma für das Ohr wie ein Steinschlag für die Autoscheibe. Mit zunehmender Geschwindigkeit wird die Scheibe durch den Fahrtwind immer mehr belastet, was sie lang aushält. Eine kurze, starke Spitzenbelastung, zum Beispiel durch einen Steinschlag, führt dagegen schlagartig zu bleibenden Schäden.

Das Knalltrauma gehört zu den sogenannten akustischen Traumata. Welche weiteren Traumata gibt es, die in diese Kategorie fallen?
Die Unterteilung der Lärmtraumata erfolgt in Abhängigkeit von Intensität und Dauer des einwirkenden Schallpegels. In der Fachliteratur werden neben dem Knalltrauma auch das Explosionstrauma, das akute Lärmtrauma, der akustische Unfall und das chronische Lärmtrauma beschrieben.

  • Explosionstrauma: Die Schalldruckwelle (mehr als drei Millisekunden) führt zu einer Schädigung der Haarzellen mit einer Verletzung des Trommelfells. Selten geht damit auch eine Luxation der Gehörknöchelchenkette einher. Somit kann zusätzlich eine Schallleitungsschwerhörigkeit vorliegen. Eine typische Ursache dafür ist ein Airbag-Knall.
  • Akutes Lärmtrauma: Entsteht durch kurzzeitige Einwirkung von Lärm über mehrere Sekunden bis Minuten mit einem Pegel zwischen 130 bis 160 dB. Es kann beispielsweise durch ein Düsenge­triebe ausgelöst werden und führt zu einem Innenohrschaden.
  • Chronisches Lärmtrauma: Hierbei handelt es sich um eine Lärmschwerhörigkeit, die durch anhaltende Einwirkung von Lärm, zum Beispiel am Arbeitsplatz, verursacht wird.
     

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es, um ein Knalltrauma zu behandeln?
Die einfachste Behandlung ist das Vorbeugen. Wir sollten uns bewusst sein, dass Lärm gesundheitsschädigend ist, auch wenn er nur über wenige Millisekunden anhält. Wir sollten Lärm meiden und uns allenfalls davor schützen. Ist es zu einem Knalltrauma gekommen, empfiehlt Pro Audito schnellstmögliche Abklärungen beim Ohrenarzt. Er wird eine medikamentöse Behandlung prüfen. Bei einem bleibenden Hörschaden sind Hörgeräte angezeigt. Falls der Hörschaden mit einem Tinnitus einhergeht, kommen auch Hörgeräte mit integriertem Tinnitus-Noiser infrage. Damit werden die störenden Geräusche überlagert, und sie werden somit erträglicher.

Braucht es eine spezielle Behandlung, wenn der Hörschaden mit einem Tinnitus einhergeht?
Bei der Behandlung eines Tinnitus empfehlen wir, den Rat ausgewiesener Fachkräfte einzuholen. Zu den anerkannten Therapien gehört beispielsweise das Tinnitus-Counselling mit möglichen Interventionen zur Verbesserung der tinnitusspezifischen Belastung. Aufgepasst: Wir hören regelmässig von neuen Behandlungsmöglichkeiten, deren Wirksamkeit noch nicht wissenschaftlich belegt ist. Pro Audito Schweiz empfiehlt Behandlungen innerhalb etablierter Leitlinien. Auch offensichtliche Massnahmen wie Schutz vor erneuter Lärmbelastung sowie Ruhe für das geschädigten Gehör sind wichtig.

Kann sich ein geschädigtes Gehör vollständig regenerieren?
Knalltraumata haben die Schädigung der Haarzellen zur Folge. Weder Operationen noch Medikamente können Haarzellen wieder zum Leben erwecken.

Was passiert, wenn man sich nach so einem Ereignis nicht von einem Arzt untersuchen und behandeln lässt?
Es ist grundsätzlich falsch zu denken, man könne sein Gehör auch mal überstrapazieren, weil ein Arzt es dann schon richten wird. Im Zentrum sollte das Vermeiden von Knalltraumata und aller Lärmtraumata liegen. Die Folgen von bleibendem Hörschaden oder Tinnitus sind einschneidend, belastend und kostspielig. Sie mindern zudem die Lebensqualität. Die oben erwähnten Folgen von Knalltraumata können sich auch später zeigen.

Wie sollte man sein Gehör am 1. August schützen, um Schäden zu vermeiden?
Grundsätzlich können Abstand und Gehörschutz das Risiko von Gehörschäden durch den Knall von Feuerwerkskörpern verringern. Für Erwachsene bedeutet ein zusätzlicher Abstand von 15 bis 20 Meter ein Schutz fürs Gehör. Kinder sollten sich 50 bis 60 Meter entfernen. Auch Tiere sollten geschützt werden. Eine zweite Vorsichtsmassnahme sind Ohrstöpsel.

Die WHO empfiehlt Erwachsenen, sich nicht höheren Geräuschpegeln als 140 dB (Spitzenbelastung) auszusetzen. Die Spitzenbelastung für Kinder liegt bei 120 dB. Kleinkinder sollten der Lärmbelastung eines Feuerwerks nicht ausgesetzt werden.

Pro Audito Schweiz ist die führende Anlaufstelle für die 1,3 Millionen Menschen mit Schwerhörigkeit in der Schweiz. Die unabhängige Nonprofitorganisation verhilft schwerhörigen Menschen mit professionellen Dienstleistungen und sozial-politischem Engagement zu besserer Lebensqualität.

Der Dachverband hat gemeinsam mit 25 regionalen Vereinen den direkten Draht zu betroffenen Menschen jeden Alters. Pro Audito Schweiz bietet Unterstützung für den Alltag – von Hör- und Technologieberatung, bis hin zu Lippenlese- und Hörtrainings. Pro Audito arbeitet eng mit Fachpersonen zusammen und setzt sich in der Politik und Öffentlichkeit für die Rechte und Chancen der Menschen mit Schwerhörigkeit ein.


Quelle und in Zusammenarbeit mit Pro Audito Schweiz.

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