Am Dienstagnachmittag um 14:15 Uhr ging in Crans-Montana VS eine Lawine auf die Skipiste «Kandahar» (Höhe Passage du Major) nieder. Die Schneemassen rissen mehrere Personen mit.
+++Update+++
Die Lawine war 840 Meter lang und 100 Meter breit. Die Skipiste wurde auf einer Länge von rund 400 Metern verschüttet, hiess es bei der Medienkonferenz der Kantonspolizei Wallis am Dienstagabend. Tote habe man bisher nicht gefunden. Die Polizei geht jedoch noch von vermissten Personen aus. Vier Personen wurden verletzt.
Die Walliser Behörden haben eine Untersuchung eröffnet. Es werde etwa untersucht, ob die Lawine durch eine Person oder wegen des Wetters ausgelöst wurde. Je nach Resultat wird entschieden, ob wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt wird.
244 Personen von Polizei, Militär und Medizin waren bislang im Einsatz - zudem acht Helikopter, acht Pistenraupen und zwölf Spürhunde.
Die Kantonspolizei Wallis richtete am frühen Abend eine Helpline für Angehörige von möglichen Verletzten ein: 0848 112 117
Der «weisse Tod» ereilt Jahr für Jahr unzählige Schneesportler – fast alle Opfer waren jeweils abseits der Pisten unterwegs. Im Interview mit dem TCS erklärt Benjamin Zweifel, Lawinenprognostiker vom WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF), wie man sich im Notfall verhalten sollte.
Herr Zweifel, der Trend zum Freeriden und Skitourengehen ist unaufhaltsam. Führte das Plus an Wintersportlern im Tiefschnee auch zu mehr Lawinenopfern?
Wir sehen keine Zunahme bei den Lawinenopfern. Das ist sicherlich eine erfreuliche Tatsache und heisst, dass die Prävention, das Verhalten der Leute und die Lawinenrettung auf guten Wegen sind.
Kann man auf gesicherten Pisten auch in Gefahr geraten?
Grundsätzlich ja. Lawinenunfälle auf gesicherten Verkehrswegen – und dazu zählen auch Pisten – sind aber sehr selten.
Wenn Skifahrer, Tourengänger oder Snowboarder noch rechtzeitig bemerken, dass sich auf einmal eine Lawine löst oder die Schneemassen heranrollen – können sie noch irgendetwas tun, um möglichst lebend aus der Situation herauszukommen?
Es gibt folgende Verhaltenshinweise: Versuchen wegzufahren, Ski und Stöcke loswerden, Kauerstellung und versuchen, sich ein Hohlraum vor dem Mund zu bewahren. Allerdings sind diese Tipps ziemlich hypothetisch, weil die Lawine sehr viel Krafteinwirkung hat und man de facto kaum handeln kann. Das Davonfahren ist noch am ehesten, was manchmal gelingt, dazu muss man aber sehr gut Ski- bzw. Snowboardfahren.
Es gibt viele Geschichten dazu, was man beachten soll – falls man verschüttet ist und noch bei Bewusstsein. Sich in die Hand spucken zum Beispiel, um zu merken, wo oben und unten ist und sich nicht versehentlich tiefer einzugraben. Was davon sind Mythen, was kann wirklich das Leben retten?
Dass man sich selber ausgraben kann ist sehr selten. In der Regel kann man sich überhaupt nicht bewegen. Wichtig ist: ruhig verhalten und an das Überleben glauben. Es gibt Hinweise, dass die Psyche viel ausmacht.
Wo kann man sich über die Lawinengefahr informieren?
Hier ein hilfreicher Link dazu: www.slf.ch
Hängt die Lawinengefahr auch von der Jahreszeit ab?
Ja. Früher ist man erst in den Frühjahrsmonaten (März bis Mai) auf Skitouren gegangen, weil man es im Hochwinter als zu gefährlich und zu schwierig zum Einschätzen empfunden hat. Das hat sich stark geändert. Die Frühlingsmonate sind aber nach wie vor die Monate, wo die Verhältnisse in der Regel am einfachsten zum Abschätzen sind. Die typische Frühlingssituation zeichnet sich aus durch sichere Verhältnisse am Morgen und einen Anstieg der Gefahr im Tagesverlauf.
Kann es auch passieren, dass die Gefahrenstufe falsch ausgegeben wird?
Ja, wir schreiben uns eine Trefferquote von rund 75 bis 80 % zu, allerdings ist das sehr schwer abzuschätzen.
Worauf sollte man immer achten, auch wenn die Warnstufe «gering» gilt?
Die «Safer Six»-Regeln sind immer wichtig:
- Sich über die Wetter- und Lawinensituation orientieren (www.slf.ch).
- Laufend die Verhältnisse, das Gelände und die beteiligten Personen neu beurteilen.
- Lawinenverschüttetensuchgerät LVS auf «Senden», Schaufel und Lawinensonde sind dabei.
- Frische Triebschneeansammlungen umgehen.
- Schlüsselstellen und extreme Steilhänge einzeln befahren.
- Erwärmung im Laufe des Tages beachten.
Für Anregungen und Inputs, können Sie uns gerne per Mail kontaktieren: med@tcs.ch