Seit 15 Jahren bietet die Ruedi Lüthy Foundation im südlichen Afrika Hilfe für Menschen mit HIV/AIDS. Sie hat mit der Newlands Clinic in Harare/Simbabwe ein umfassendes ambulantes Angebot aufgebaut. Stefan Zimmerli ist als Berner Infektologe seit einem Jahr medizinischer Leiter der Klinik. Zurück aus Harare, schildert er seine Eindrücke und Erfahrungen.
Die Newlands Clinic besteht seit 15 Jahren. Was konnte sie in dieser Zeit erreichen?
PD Dr. med. Stefan Zimmerli: Wir betreuen heute über 6000 Patientinnen und Patienten. Wir behandeln sie gut und wir behandeln sie gratis. Sehr vielen Menschen konnten wir nicht nur das Leben, sondern auch die Würde und die Freude am Leben zurückgeben. Es geht also um mehr als «nur» darum, die HIV-Infektion zu behandeln und die Gesundheit zu verbessern. Wir wissen z. B., dass die Betroffenen die Medikamente absetzen, wenn sie Hunger leiden. Deshalb sorgen wir für Nahrungsmittelhilfe und schulen die Menschen im Maisanbau, damit sie weniger von unserer Hilfe abhängig sind. Wir zahlen den Kindern das Schulgeld und wir haben ein Berufsbildungsprogramm für rund 70 Jugendliche pro Jahr. Unser Ansatz geht über die Betreuung der einzelnen Patientinnen und Patienten hinaus.
Sie sind medizinischer Leiter der Newlands Clinic. Was sind Ihre Aufgaben?
Ich habe die medizinische Gesamtverantwortung für die Klinik. Meine Aufgabe ist es, die sehr hohe Behandlungsqualität, die wir erreicht haben, aufrechtzuerhalten. Ich achte auf die Ausbildung und darauf, ob es Lücken gibt, die wir schliessen müssen. Ich berate die Ärztinnen und Ärzte und das Pflegepersonal im klinischen Alltag und werde bei komplizierten oder unklaren Fällen hinzugezogen. Qualitätssicherung, Ausbildung und klinische Beratung – das sind meine Hauptaufgaben.
Eine Studie hat den Erfolg der HIV-Behandlung von über 600 Langzeitpatientinnen und -patienten an der Newlands Clinic während zehn Jahren untersucht. Die Resultate sind vergleichbar mit denjenigen in der Schweiz. Was ist das Geheimnis dieses Erfolgs?
Ich glaube, das Schlüsselwort ist die «Comprehensive Care», die umfassende Betreuung. Wir kennen unsere Patientinnen und Patienten. Wir kümmern uns um sie, was auch bedeutet, dass wir mithelfen, ihre Lebensumstände zu verbessern. Im Prinzip ist es eine Hausarzt-Betreuung im klassischen Sinn: der Arzt, der seinen Patienten kennt und ihn über längere Zeit begleitet. Diese Art von Beziehung haben unsere Mitarbeitenden zu ihren Patientinnen und Patienten. Gerade bei Jugendlichen ist es schwierig, einen guten Therapieerfolg zu erzielen. Wir schaffen das mit verschiedensten Mitteln. Es gibt Jugendliche, die der Sozialarbeiterin ein WhatsApp-Video schicken müssen, wenn sie ihre Medikamente nehmen. Andere werden sehr eng begleitet und kommen jeden Tag in die Klinik.
Sie waren im letzten Jahr insgesamt drei Monate in Simbabwe und kommen eben von dort zurück. Welches sind die prägendsten Eindrücke, die Sie jeweils mitnehmen?
Es sind vielfältige Eindrücke. Da sind zum einen die unvorstellbar schwierigen Umstände, unter denen die Menschen, die wir betreuen, leben müssen. Die Kinder beispielsweise, die bei einem entfernten Verwandten untergebracht sind und spüren müssen, dass sie nicht erwünscht sind. Sie haben nur wenig Nahrung, leben in beengten Verhältnissen und können z. B. auch das Transportgeld nicht aufbringen, um zur Behandlung in die Klinik zu kommen. Zum andern ist es die Stimmung in der Klinik, die mich immer wieder aufs Neue beeindruckt. Fröhlich und familiär. Die Menschen, die zu uns kommen, wirken gelöst und zufrieden. Sie freuen sich, ihre betreuende «Nurse» wiederzusehen, und man hat den Eindruck, dass es ihnen gut geht – zumindest hier und jetzt.
Quelle und mehr Infos: www.inselgruppe.ch
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