Inkontinenz (Blasenschwäche, Stuhlschwäche)

Quelle: TCS MyMed

Inkontinenz bedeutet, dass Urin oder Stuhl ungewollt und unkontrolliert abgeht. Sie betrifft Millionen Menschen, insbesondere Frauen und ältere Menschen. Die Formen reichen von gelegentlichem Urinverlust beim Husten bis hin zu vollständigem Kontrollverlust über Blase oder Darm. Inkontinenz ist kein Schicksal, sondern ein Symptom mit vielfältigen Ursachen und meist guten Behandlungsmöglichkeiten.

Definition

Inkontinenz beschreibt den unfreiwilligen Verlust von Urin (Harninkontinenz) oder Stuhl (Stuhlinkontinenz). Der Körper kann seine Ausscheidungen nicht mehr kontrollieren – sei es durch eine gestörte Speicherfunktion, ein Problem mit dem Verschlussmechanismus oder eine Kombination aus beidem. Oft liegt die Ursache nicht in einer «schwachen Blase» oder einem «schwachen Darm», sondern in einem komplexen Zusammenspiel aus Nerven, Muskeln und Organen.

Symptombild

Harninkontinenz kann sich unterschiedlich äussern:

  • Belastungsinkontinenz: Urinverlust bei Druck (z.B. Husten, Heben).
  • Dranginkontinenz: Plötzlicher, starker Harndrang mit Urinverlust.
  • Mischform: Kombination aus Belastungs- und Dranginkontinenz.
  • Überlaufinkontinenz: Blase überfüllt, ständiges Tröpfeln.
  • Reflexinkontinenz: Blase entleert sich ohne Harndrang.
  • Funktionelle Inkontinenz: Patient erreicht Toilette nicht rechtzeitig (z. B. bei Demenz).

Stuhlinkontinenz:

  • Verlust von Winden, flüssigem oder festem Stuhl
  • Schweregrade reichen von gelegentlichem Stuhlschmieren bis vollständigem Kontrollverlust
  • Typisch: plötzlicher Drang, Verschmutzung der Unterwäsche

Inkontinenz kann plötzlich oder schleichend einsetzen und vorübergehend oder dauerhaft bestehen.

Ursachen – Welche Krankheiten können dahinterstecken?

Mögliche Ursachen:

  • Beckenbodenschwäche (z. B. nach Geburten, in den Wechseljahren)
  • Neurologische Erkrankungen (z. B. Multiple Sklerose, Parkinson, Schlaganfall)
  • Operationen oder Verletzungen im Beckenbereich
  • Prostatavergrösserung, Harnröhrenenge, Blasenentzündung
  • Chronische Verstopfung, Darmerkrankungen, Rektumvorfall
  • Diabetes, Demenz, Adipositas, Alkoholkonsum
  • Medikamente, die die Wahrnehmung oder Muskelkontrolle beeinflussen

Oft liegen mehrere Ursachen gleichzeitig vor. Eine gründliche Abklärung ist entscheidend.

Begleitsymptome / Komplikationen

Inkontinenz kann zu Hautreizungen führen, insbesondere wenn die Haut längere Zeit mit Urin oder Stuhl in Kontakt kommt. Es drohen Entzündungen, Juckreiz und wunde Stellen. Wiederholte Harnwegsinfekte, Schlafstörungen durch nächtlichen Harndrang und ein erhöhtes Sturzrisiko bei älteren Menschen sind weitere mögliche Folgen. Auch die Psyche leidet oft stark – viele Betroffene ziehen sich zurück, schämen sich oder entwickeln depressive Verstimmungen.

Selbsthilfe & Erste-Hilfe-Massnahmen

Tipps zur Selbsthilfe:

  • Beckenbodenübungen (mit Anleitung)
  • Blasentraining (z. B. Harndrang hinauszögern)
  • Regelmässige Toilettengänge, richtige Trinkmenge (1,5–2,5 l/Tag)
  • Ballaststoffreiche, ausgewogene Kost gegen Verstopfung
  • Hautpflege: Schonende Reinigung, pH-neutrale Lotionen, Hautschutzcremes
  • Verzicht auf Reizstoffe wie Koffein, Alkohol, Nikotin
  • Verwendung von Inkontinenzprodukten
  • Offenheit gegenüber Vertrauenspersonen, psychologische Beratung

Sofort-Hilfe bei Unfällen:

  • Haut schnell und sanft reinigen
  • Kleidung wechseln, Haut trocknen und schützen

Notfall-/Alarmzeichen

Unbedingt ärztliche Hilfe (112 oder Notaufnahme) rufen bei:

  • Plötzlichem Harnverhalt mit Schmerzen
  • Starken Bauchschmerzen, Blähungen, Übelkeit (Darmverschluss?)
  • Plötzlicher Lähmung, Gefühllosigkeit in Beinen oder im Intimbereich
  • Sichtbarem Blut im Urin oder Stuhl
  • Fieber + neu aufgetretener Inkontinenz

Wann zum Arzt und welcher Arzt ist zuständig?

Wenn die Inkontinenz neu auftritt, sich verschlechtert oder belastend ist, sollten Sie zum Arzt gehen. Auch gelegentliche «Unfälle» sollten nicht ignoriert werden. Ansprechpartner ist zunächst der Hausarzt. Je nach Ursache sind Fachärzte für Urologie, Gynäkologie, Neurologie oder Proktologie zuständig.

Abklärung beim Arzt (Diagnostik)

  • Gespräch (Anamnese), Miktions- oder Stuhltagebuch
  • Körperliche Untersuchung, Beckenbodenfunktion
  • Urin-/Stuhluntersuchung, Ultraschall
  • Urodynamik, Blasenspiegelung, Darmspiegelung je nach Befund
  • Bildgebung (z. B. MRT, CT bei neurologischem Verdacht)

Ärztliche Behandlung / Therapieoptionen

Je nach Ursache kommen verschiedene Therapien infrage:

  • Beckenbodentraining, ggf. mit Biofeedback oder Elektrostimulation
  • Blasentraining, Toilettenmanagement
  • Medikamente (z. B. gegen Dranginkontinenz)
  • Pessar, Inkontinenztampons
  • Operationen bei anatomischen Problemen (z. B. Bandoperation, Schrittmacher)
  • Botox-Injektionen in die Blase (bei starker Überaktivität)
  • Hilfe bei Stuhlinkontinenz: Analtraining, Analtampons, Irrigation
  • Begleittherapie: Psychologische Beratung, Sozialberatung

Verlauf & Prognose

Die Prognose hängt von der Ursache ab. Vorübergehende Inkontinenz bessert sich oft nach Behandlung der Auslöser. Bei chronischen Formen ist oft eine dauerhafte Therapie oder ein angepasstes Alltagsmanagement nötig. Viele Betroffene erleben eine deutliche Besserung, wenn die Therapie individuell abgestimmt wird.

Vorbeugung / Prävention

  • Beckenboden gezielt trainieren (auch vorbeugend!)
  • Gesunde Lebensweise: Bewegung, Gewichtsnormalisierung, ballaststoffreiche Kost
  • Ausreichend trinken, Reizstoffe meiden
  • Toilettentraining bei Kindern behutsam, keine "Sauberkeitserziehung" mit Druck
  • Frühzeitige Behandlung von Erkrankungen, die Inkontinenz begünstigen können
  • Aufklärung und Enttabuisierung

Fazit: Inkontinenz ist zwar weit verbreitet, aber kein Schicksal. Sprechen Sie offen mit Ihrem Arzt – es gibt viele Möglichkeiten, die Beschwerden zu lindern und wieder mehr Lebensqualität zu gewinnen.

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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