Eine Gangstörung bezeichnet jede auffällige Veränderung des normalen Gehens. Synonyme sind unter anderem Gehstörung, Ganganomalie, Gangbildveränderung oder unsicherer Gang. Das Problem kann sich in verschiedenen Formen zeigen: verlangsamt, instabil, kleinschrittig, schlurfend oder asymmetrisch. Besonders im Alter sind Gangstörungen häufig, aber auch jüngere Menschen können betroffen sein.
- Definition
- Symptombild
- Ursachen – Welche Krankheiten können dahinterstecken?
- Begleitsymptome / Komplikationen
- Selbsthilfe & Erste-Hilfe-Massnahmen
- Notfall-/Alarmzeichen
- Wann zum Arzt und welcher Arzt ist zuständig?
- Abklärung beim Arzt (Diagnostik)
- Ärztliche Behandlung / Therapieoptionen
- Verlauf & Prognose
- Vorbeugung / Prävention
Definition
Eine Gangstörung ist keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptom. Sie zeigt sich durch eine Veränderung des gewohnten Bewegungsablaufs beim Gehen. Das kann sich z.B. durch Taumeln, Hinken, kleine Schritte oder Gleichgewichtsstörungen bemerkbar machen. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von orthopädischen Problemen bis hin zu neurologischen oder inneren Erkrankungen.
Wichtige Warnzeichen:
- Plötzliche Gangprobleme
- Lähmungen, Sprach-, Seh- oder Bewusstseinsstörungen
- Starke Schmerzen oder Fieber
- Plötzliche Blasen- oder Darmprobleme
Symptombild
Gangstörungen haben viele Gesichter. Typische Merkmale:
- Unsicheres, schwankendes oder langsames Gehen
- Humpeln, Schlurfen, Nachziehen eines Beines
- Kleinschrittigkeit, Steifheit oder breitbeiniger Gang
- Starthemmung oder plötzlicher Stillstand («Freezing»)
- Ausbleibendes Mitschwingen der Arme
Je nach Ursache kann das Gangbild sehr charakteristisch sein, z.B. der trippelnde Parkinson-Gang oder der watschelnde Gang bei Muskelschwäche. Auch der Verlauf – plötzlich, schleichend oder wiederkehrend – liefert Hinweise auf die Ursache.
Ursachen – Welche Krankheiten können dahinterstecken?
Die Ursachen einer Gangstörung können vielfältig sein. Häufig sind mehrere Faktoren beteiligt:
- Neurologisch: Schlaganfall, Parkinson, Multiple Sklerose, Normaldruckhydrozephalus, Nervenschäden (Polyneuropathie)
- Orthopädisch: Arthrose, Bandscheibenvorfälle, Fehlstellungen, Frakturen
- Internistisch: Durchblutungsstörungen (pAVK), Herzschwäche, Blutarmut
- Medikamente: Nebenwirkungen bestimmter Arzneimittel (z. B. Beruhigungsmittel, Blutdrucksenker)
- Psychisch: Angst, Depression, funktionelle Störungen
- Sinnesstörungen: Seh- oder Hörverlust, Gleichgewichtsprobleme
Begleitsymptome / Komplikationen
Typische Begleiterscheinungen sind Schwindel, Muskelschwäche, Gefühlsstörungen (Kribbeln, Taubheit), Schmerzen, Sehstörungen oder auch psychische Symptome wie Sturzangst. Die wichtigste Komplikation ist das erhöhte Sturzrisiko mit möglichen Folgen wie Knochenbrüchen, Kopfverletzungen oder dem Verlust der Selbstständigkeit.
Selbsthilfe & Erste-Hilfe-Massnahmen
Auch wenn die Behandlung ärztlich erfolgen muss, können Sie viel tun.
Sicher wohnen:
- Stolperfallen entfernen, gute Beleuchtung, Haltegriffe anbringen
- Rutschfeste Schuhe tragen
- Gehhilfen richtig verwenden
Körperlich aktiv bleiben:
- Gezieltes Gleichgewichts- und Muskeltraining
- Spaziergänge, Nordic Walking, Sturzprophylaxeprogramme
Gesund leben:
- Ausgewogene Ernährung, ausreichend trinken
- Alkohol und Rauchen vermeiden
- Medikamente regelmässig vom Arzt überprüfen lassen
Psychische Unterstützung:
- Bei Sturzangst oder Depression kann eine psychotherapeutische Begleitung helfen
Notfall-/Alarmzeichen
Rufen Sie den Notarzt (112), wenn:
- die Gangstörung plötzlich einsetzt
- gleichzeitig Sprach- oder Sehstörungen, Lähmungen oder Verwirrtheit auftreten
- starke Schmerzen, Schwindel oder Bewusstlosigkeit hinzukommen
- Blasen- oder Darmkontrolle plötzlich verloren geht
Diese Symptome deuten auf Notfälle wie Schlaganfall oder Rückenmarksschäden hin.
Wann zum Arzt und welcher Arzt ist zuständig?
Auch ohne Notfallzeichen sollte jede neu aufgetretene oder sich verschlechternde Gangstörung ärztlich abgeklärt werden, besonders bei wiederholtem Stolpern, Stürzen, Schwindel, Schmerzen oder anderen begleitenden Beschwerden.
Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt. Je nach Verdacht überweist er an:
- Neurologen: bei Verdacht auf Schlaganfall, Parkinson, MS
- Orthopäden: bei Gelenk- oder Wirbelsäulenproblemen
- Internisten: bei Herz-/Gefässerkrankungen, Diabetes
- HNO-Arzt: bei Gleichgewichtsproblemen
- Psychiater/Psychologen: bei psychogenen Ursachen
- Geriater: bei komplexen Fällen im höheren Alter
Abklärung beim Arzt (Diagnostik)
Der Arzt führt zunächst ein Gespräch zur Krankengeschichte, gefolgt von einer körperlichen Untersuchung. Dabei beobachtet er den Gang, testet Gleichgewicht, Reflexe, Gefühlsempfinden und Muskelkraft. Je nach Verdacht folgen Laboruntersuchungen, bildgebende Verfahren (z. B. MRT), Nervenmessungen oder eine Untersuchung des Gleichgewichtssystems.
Ärztliche Behandlung / Therapieoptionen
Die Therapie richtet sich nach der Ursache. Möglich sind Medikamente (z.B. bei Parkinson, MS oder Vitaminmangel), Operationen (z.B. bei Bandscheibenvorfällen oder Hirnwasserdruck), Physiotherapie, Ergotherapie, Schmerztherapie oder psychotherapeutische Begleitung. Ziel ist es, die Ursache zu behandeln und die Mobilität zu verbessern oder zu erhalten.
Verlauf & Prognose
Die Aussichten hängen stark von der Ursache ab. Orthopädische Ursachen lassen sich oft gut behandeln. Neurologische Erkrankungen verlaufen häufig chronisch, können aber durch gezielte Therapie stabilisiert werden. Wichtig ist eine frühzeitige Diagnose. Ohne Behandlung kann eine Gangstörung zu dauerhafter Einschränkung führen.
Vorbeugung / Prävention
Viele Gangstörungen lassen sich nicht komplett vermeiden – aber Sie können viel tun, um das Risiko zu senken:
- Regelmässige Bewegung: kräftigt Muskeln und fördert Gleichgewicht
- Gesunde Ernährung und ausreichend trinken
- Verzicht auf Nikotin und übermässigen Alkohol
- Regelmässige ärztliche Kontrollen: z.B. bei Diabetes, Bluthochdruck
- Sicheres Wohnumfeld: Sturzprophylaxe im Alltag
- Medikamente regelmässig überprüfen lassen
- Osteoporose behandeln: um Knochenbrüche zu vermeiden
- Impfungen: z.B. gegen Grippe und Pneumokokken, um Infekte mit Immobilität zu vermeiden