Prof. Dr. med. Matthias Wilhelm ist Leitender Arzt und Zentrumsleiter in der Universitätsklinik für Kardiologie (Interdisziplinäres Zentrum für Sport- und Bewegungsmedizin) am Inselspital, Universitätsspital Bern. Was er zum Thema Sport bei Erkältung rät.
Herr Wilhelm, wie gefährlich ist Sport bei Fieber und Erkältung?
Sport ist bei einer fieberhaften Erkältung ein «No-Go». Der Körper muss schon gegen die Viren und Bakterien im Körper kämpfen, da braucht es keinen zusätzlichen Stress durch sportliche Aktivitäten.
Bei welchen Symptomen kann man noch Sport machen?
Als Faustregel: Wenn eine Erkältung auf den Nasen- und Rachenraum begrenzt ist (z.B. Halskratzen und Schnupfen) kann man mit moderater Aktivität (z.B. Joggen, keine Wettkämpfe) weitermachen. Wenn die Erkältung in den Brustbereich vordringt (z.B. Husten) oder man Fieber bekommt, sollte man so lange pausieren, bis man 3 Tage symptomfrei ist und anschliessend langsam das Training wieder aufnehmen.
Kann man eine Erkältung ausschwitzen?
Das macht der Körper mit dem Fieber selber. Das Schwitzen beim Sport würde nicht dazu beitragen.
Bei welchen Symptomen sollte man auf keinen Fall Sport machen?
Bei Husten mit Auswurf und Fieber.
Was passiert, wenn man trotz Erkältung Sport macht?
Das ist ganz unterschiedlich und kann mit einer Skitour bei hoher Lawinenwarnstufe verglichen werden. Es muss gar nichts passieren. Im schlimmsten Fall kann man aber eine Herzmuskelentzündung entwickeln. Das wäre dann wie der Lawinenabgang mit Verschüttung.
Wie entsteht eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis)?
Viren, die typischerweise eine Erkältung auslösen, zirkulieren auch im Blut und können sich im Herzmuskel einnisten. Die Immunantwort des Körpers besteht dann aus der Aktivierung von speziellen Antikörpern und Immunabwehrzellen (z.B. natürlichen «Killerzellen»), die versuchen, die Viren abzutöten. Intensive körperliche Aktivität behindert die natürliche Immunantwort. Die Symptome einer Myokarditis sind sehr unspezifisch. Häufig treten Luftnot, Druckgefühle im Brustkorb oder Herzstolpern/Herzrasen auf.
Wie gefährlich ist eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis)?
Bei ungünstigem Verlauf schafft es die Immunantwort des Körpers nicht, alle Viren aus den Herzmuskelzellen zu entfernen. Dann gehen sehr viele Herzmuskelzellen zugrunde und man entwickelt eine Herzmuskelerkrankung mit eingeschränkter Herzpumpleistung und Erweiterung der Herzkammern (dilatative Kardiomyopathie). Das führt dann zu einer dauerhaft eingeschränkten Leistungsfähigkeit. Die schlimmsten Folgen, Herztransplantation oder plötzlicher Herztod, sind zum Glück sehr selten.
Welche Altersgruppe ist besonders gefährdet?
Herzmuskelentzündungen können in allen Altersgruppen auftreten. Kinder entwickeln häufig schwerere Verlaufsformen.
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