Dr. med. Sibylle Fässler Waber, Fachärztin FMH Gynäkologie und Geburtshilfe des Spitals Emmental, zum Thema Wechseljahre.
Frau Fässler Waber, was sind die Wechseljahre?
Wechseljahre sind die Jahre nach der letzten Periode auch Menopause genannt (Menos = der Monat). Umgangssprachlich sprechen wir, auch von der Abänderung. Viele Frauen kommen ab dem 50. Lebensjahr in die Wechseljahre, sie beginnen aber oft schon ab 40 Jahren.
Sind nur Frauen davon betroffen?
Wenn wir von der Definition ausgehen, dass es die Jahre nach der letzten Periode sind, oder auch vom Begriff Menopause ausgehen, so sind ausschliesslich Frauen betroffen. Bei den Männern kann es durch die Abnahme des Testosterons, was ja gleichzeitig ein Vorläufer des Östrogens ist, auch zu leichten Wechseljahresbeschwerden kommen. Diese sind aber längst nicht so ausgeprägt wie bei den Frauen und werden nicht therapiert.
Welche Beschwerden und Symptome sind typisch?
Es kommt initial häufig zu längeren Blutungen, Zwischenblutungen oder auch stärkeren Blutungen. Diese Beschwerden sind typisch für einen Hormonmangel und zwar für den Gelbkörperhormonmangel. Später, wenn es auch zum Abfall des Östrogens kommt, so kommen typischerweise Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Scheidentrockenheit bis hin zu wiederkehrenden Harnwegsinfekten, trockene Schleimhäute und Hitzewallungen dazu.
Wann sollte man zum Arzt?
Grundsätzlich sind alle Frauen in regelmässiger gynäkologischer Kontrolle. Häufig sprechen die Frauen ab einem gewissen Alter wegen typischer Symptome vor. Dann gibt es auch Frauen, ungefähr ein Drittel, die schwere Symptome haben (keinen Schlaf mehr finden oder depressiv werden) und diese Frauen sollten unbedingt rechtzeitig Fachhilfe aufsuchen. Bevor zum Beispiel eine veritable Depression vorhanden ist oder allenfalls die Blase geschädigt ist aufgrund immer wiederkehrenden Harnwegsinfekten.
Ab welchem Alter kommt man in die Wechseljahre?
Früher hat man pauschal gesagt, dass die Frauen ab 50 in die Wechseljahre kommen. In meiner langjährigen Tätigkeit habe ich aber selber festgestellt, dass das Alter, wann die Wechseljahre eintreten, immer ein bisschen zunimmt. Mittlerweile habe ich auch Frauen, die über 55 Jahre alt sind und immer noch regelmässig die Menstruation haben und auch nachweislich Eisprünge stattfinden. Zudem ist es so, dass ab 50 wohl die Eierstockfunktion nachlässt aber nie ganz aufhört. So kann es durchaus sein, dass eine Frau einmal ein halbes Jahr lang keine Periode mehr hat und dann plötzlich wieder regelmässig die Periode auftritt. Die nachlassende Eierstockfunktion tritt aber häufig schon früher auf, so um die 45 Jahre, wo es dann zu Blutungsunregelmässigkeiten kommen kann.
Wie lange befindet man sich in den Wechseljahren?
Grundsätzlich sind es die Jahre nach der letzten Periode und demzufolge befinden wir uns ab Erliegen der Eierstockfunktion für immer in den Wechseljahren. Meiner Erfahrung nach produzieren aber die Eierstöcke weiterhin etwas Östrogen, so dass es auch bei einer 75-jährigen Frau, bei welcher die Eierstöcke aus medizinischen Gründen entfernt werden müssen, noch einmal zu Wallungen kommen kann. In der Regel ist es aber um die 80 Jahre so, dass die Frauen in das Senium eintreten und keine Wechseljahresbeschwerden mehr haben.
Wie behandelt man Wechseljahresbeschwerden?
Grundsätzlich werden nur Beschwerden behandelt, die die Frauen stören. Nur ein Drittel leidet unter schweren Wechseljahresbeschwerden, ein Drittel hat leichte und ein Drittel hat gar keine Beschwerden. Frauen mit leichten oder keinen Beschwerden werden in der Regel gar nicht behandelt beziehungsweise holen sich die Frauen gerne Hilfe in der Apotheke oder in den Drogerien und versuchen allerlei pflanzliche Medikamente aus. So kann eine Traubensilberkerze die Wallungen lindern und den Schlaf verbessern, Salbei hilft gegen das Schwitzen, Akupunktur hilft gegen Wallungen und allgemeine Wechseljahresbeschwerden wie Einschlafstörungen. Bei nur störender Scheidentrockenheit können lokal Hormone angewendet werden, die nur in der Scheide wirksam sind.
Und wie behandelt man Frauen mit starken Beschwerden?
Hat eine Frau massive Beschwerden, kann nicht mehr schlafen und ist so auch in der beruflichen Tätigkeit zunehmend eingeschränkt, so werden natürliche bioidentische Hormone eingesetzt. Eine Hormonersatztherapie ist sehr individuell abgestimmt und kann sehr genau dosiert und dem täglichen Bedarf angepasst werden. Vor dem Start einer Therapie ist eine gründliche Untersuchung der Frau inklusive Ultraschall und einer Basis-Mammographie nötig.
Beinvenenthrombosen und Lungenembolien. Man liest immer wieder von Nebenwirkungen der Hormonersatztherapie. Was sagen Sie dazu?
Mit der modernen Hormonersatztherapie werden die natürlichen Östrogene über die Haut appliziert. Damit sind Nebenwirkungen wie Beinvenenthrombosen und Lungenembolien praktisch nicht mehr vorkommend. Inzwischen wissen wir sogar, dass wir solche Therapien bei Frauen anwenden können, die bereits eine Thrombose hatten, bei zum Beispiel familiärer Thrombophilie. Eine weitere vermeintliche Nebenwirkung geistert immer noch in den Köpfen der Frauen herum und das ist die Gewichtszunahme. Es ist aber in den Wechseljahren so, dass wir weniger Energieumsatz haben und weniger Energie verbrauchen. Deshalb muss zu Beginn der Wechseljahre die Ernährung komplett umgestellt werden und circa 25 Prozent weniger Kalorien zugeführt werden sollten. Oder aber es wird entsprechend viel mehr Sport getrieben. Wenn diese Tatsachen nicht akzeptiert und umgesetzt werden, kommt es zu einer unweigerlichen Gewichtszunahme. Diese Gewichtszunahme kommt also nicht wegen der Einnahme von natürlichen Östrogenen zustande, sondern von der Abnahme und den fehlenden eigenen Hormonen. Mit den natürlichen Östrogenen wird wieder ein Gleichgewicht hergestellt und die Gewichtskontrolle gelingt viel besser.
Wie steht die Hormonersatztherapie im Zusammenhang mit Brustkrebs?
Der Brustkrebs ist ein Dauerthema, wenn man von einer Hormonersatztherapie spricht. Inzwischen konnte nachgewiesen werden, dass mit dem Gebrauch von natürlichen Östrogenen das Brustkrebsrisiko nicht ansteigt. Sicherlich braucht es eine Erklärung, warum eine Mammographie vor dem Einsatz einer Hormonersatztherapie trotzdem nötig ist. Tatsache ist, dass ein grosser Teil der Krebsarten in der Brust von Hormonen abhängig sind. Ist nun also ein Brustkrebs im Frühstadium vorhanden und wir geben ohne eine Basis-Mammographie Östrogene, so können wir ein Wachstum des Tumors fördern. Aus diesem Grund wollen wir eine Basis-Mammographie machen, um allfällig früh vorhandene, kleine Brustkrebse zu entdecken.
Was gibt es bei der Hormonersatztherapie noch zu beachten?
Die meisten Frauen, die noch eine Gebärmutter haben, brauchen noch ein natürliches Gestagen, ein Gelbkörperhormon. Dieses Gelbkörperhormon dient ebenfalls zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden vor allem zum Beispiel von Muskel- und Gelenkschmerzen. Gleichzeitig ist es aber auch ein Schutz für die Gebärmutter, denn wenn nur Östrogene auf diese treffen, wird wieder eine Schleimhaut wachsen und die Frauen beginnen wieder zu menstruieren. Dies ist eine Nebenwirkung, die wir unbedingt verhindern müssen, kann es doch bei unsachgemässer Anwendung von alleinigen Östrogenen im schlimmsten Fall zu einem Gebärmutterkrebs kommen. Mit anderen Worten, eine Hormonersatztherapie gehört unbedingt in Fachhände. Bei richtiger Anwendung und unter fachärztlicher Kontrolle ist eine Hormonersatztherapie heute sicher und bedenkenlos anzuwenden.
Wie ist der Verlauf der Wechseljahre?
Wie bereits oben erwähnt, beginnen die Wechseljahre ab 40. Dabei findet der Eisprung nicht mehr regelmässig statt. Wenn kein Eisprung stattfindet, so hat es auch kein Gelbkörperhormon und gleichzeitig bleibt das Östrogen, welches Mitte Zyklus am höchsten ist, auf einem hohen Level bestehen und fällt nicht mehr ab. Dies kann zu folgenden Beschwerden fühlen: Das Östrogen lässt die Brüste anschwellen und der Bauch ist gebläht und die Frauen fühlen sich schwanger. Zudem wächst die Schleimhaut in der Gebärmutter etwas mehr und es kann zu stärkeren Blutungen kommen.
Tritt die Blutungsstörung bei allen Frauen auf?
Nicht alle Frauen haben diese Blutungsstörungen, bei vielen beginnen die Wechseljahre ganz ohne Symptome. Irgendwann ist auch dieses Stadium vorbei und es findet kein Eisprung mehr statt, weil kein Östrogen mehr produziert wird. Das ist dann der Moment, wo die Frauen immer seltener eine Periode haben, bis diese ganz ausfällt. Es kann sein, dass nach einem halben Jahr wieder eine Periode auftritt, dann wieder ein paar Monate Ruhe ist und sie wieder auftritt. Das kann sich so zwei bis drei Jahre hinziehen.
Gibt es Möglichkeiten, die einsetzenden Wechseljahre hinauszuzögern?
Nein. Diese Möglichkeit gibt es nicht. Mit einem gesunden Lebensstil, sprich gesundem Essen, einem normalen Gewicht und weniger Alkohol, können die Beschwerden oft etwas gelindert werden. Hat eine Frau aber schwere Wechseljahresbeschwerden, so bringt sie auch mit viel Sport und bei schlankem Habitus keine einzige Wallung zum Erliegen.
Für Anregungen und Inputs, können Sie uns gerne per Mail kontaktieren: med@tcs.ch