Wie sich Coronavirus auf unbehandelte orthopädische Krankheiten auswirkt

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Quelle: TCS MyMed

Dr. med. Marc Saudan ist spezialisiert in Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates. Der Hirslanden-Spezialist im Interview mit TCS MyMed.

Herr Saudan, als orthopädischer Chirurg können Sie bei Ihren Patienten eine unmittelbare Verbesserung erwirken, in den letzten Wochen waren Ihnen jedoch sprichwörtlich die Hände gebunden. Wie denken Sie heute darüber?
Die anfängliche Reaktion war angemessen. Wir mussten uns auf die Möglichkeit vorbereiten, genau wie unsere Nachbarn in Norditalien einen massiven Anstieg der Patientenzahlen zu erleben. Das bedeutet, dass sich Privatkliniken an den Gesundheitsbemühungen beteiligten, indem sie ihre Wahlbehandlungen unterbrachen, damit die öffentlichen Krankenhäuser ihre Aktivitäten zum Teil auf diese Kliniken verlagern konnten. In Genf gestaltete sich diese Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital sehr positiv, insbesondere in Bezug auf unsere Klinik und speziell im Bereich Orthopädie. Dort haben wir mit den Ärzten der orthopädischen Abteilung zusammengearbeitet, um orthopädische Notfälle unabhängig von der Versicherung in unserem Krankenhaus zu versorgen. Nachdem wir allerdings reagiert und alle Wahlbehandlungen eingestellt hatten, hätten wir meiner Ansicht nach unsere Tätigkeit etwas früher wieder aufnehmen können, besonders bei älteren Patienten, die aufgrund von Arthrose im Knie- oder Hüftgelenk unter extremen Schmerzen litten. Falls es zu einer weiteren Epidemiewelle kommt, müssen sich die Gesundheitsbehörden in diesem Punkt miteinander absprechen.

Was raten Sie Patienten, die sich noch immer nicht getrauen in die Sprechstunde zu kommen oder einen Eingriff vorzunehmen?
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt denke ich, dass die verschiedenen Arztpraxen und medizinischen Einrichtungen sehr gut organisiert sind, um die räumliche Distanz zu gewährleisten, so dass ein Arztbesuch oder die Durchführung einer geplanten Operation sicher ist. Insbesondere bei Patienten mit chronischen Erkrankungen sind regelmässige Nachuntersuchungen notwendig. In unserer Arztpraxis haben wir die Termine im Abstand von einer halben Stunde vergeben, damit sich die Patienten nicht direkt begegnen. Ausserdem haben wir die Stühle im Wartezimmer so aufgestellt, dass die Patienten nicht eng nebeneinandersitzen müssen.

Können unbehandelte orthopädische Krankheiten für den Patienten gefährlich werden?
Orthopädische Erkrankungen sind für den Patienten nicht direkt gefährlich. Deshalb können wir Operationen verschieben. Allerdings ist bei älteren Personen, die aufgrund von Schmerzen nicht mehr laufen können, ein Bewegungsmangel sehr schädlich für die Gesundheit.

Wie hat sich Ihre Arbeit in den letzten acht Wochen verändert?
Bei meiner ambulanten Arbeit geht es hauptsächlich um Probleme mit Arthrose im Knie- oder Hüftgelenk, die meist ältere Patienten betreffen. In den letzten acht Wochen hat sich die Zahl der Untersuchungen natürlich um mehr als 90 Prozent verringert: Aber wir haben trotzdem halbtags geöffnet, um telefonisch erreichbar zu sein. Was chirurgische Behandlungen angeht, wurden alle nicht dringenden Operationen verboten, was zu einem Rückgang der Operationen um 80 Prozent geführt hat.

Welche Herausforderungen stehen in nächster Zeit an?
Meiner Ansicht nach ist die grösste Herausforderung in naher Zukunft, den Menschen das Vertrauen zurückzugeben, dass sie zum Arzt oder unter die Leute gehen können. Man muss sagen, dass die intensive Berichterstattung in den Medien im Rahmen der Covid-Krise bei älteren Menschen grosse Angst ausgelöst hat, die man relativieren sollte. Aktuell stehen wir bei weniger als 2.000 Todesfällen, während Tabak in der Schweiz jährlich über 9.000 Menschen tötet. Am Ende der Krise wird eine interessante Frage sein, wie die unterschiedlichen Strategien bestimmter Länder wie Schweden abschliessend zu bewerten sind, damit wir erkennen können, mit welcher Haltung man der nächsten Epidemiewelle begegnen sollte.

Zurück zur Orthopädie, welche Sportart würden Sie den Gelenken zuliebe verbieten?
Alle Sportarten, die sich auf die Gelenke auswirken, wie Joggen oder das gerade sehr beliebte CrossFit, sind nicht gut für die Gelenke.

Und welche Sportart würden Sie jedem verschreiben?
Meinen Patienten empfehle ich meist Sportarten mit eher «gleitenden» Bewegungsabläufen wie Velofahren, Schwimmen, Training auf dem Crosstrainer und natürlich Walking. Man sollte beispielsweise einfach die Treppen nehmen, anstatt mit dem Aufzug zu fahren. Damit tut man bereits einiges für die Gesundheit.

Was tun Sie, damit Ihre eigenen Gelenke gesund bleiben?
Ich persönlich trainiere mindestens jeden zweiten Tag 40 Minuten auf dem Crosstrainer. Hierbei werden das Herz und zahlreiche Gelenke gestärkt, da diese ohne Belastung bewegt werden, und die Gelenkschmierung wird verbessert.

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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