Warum sich Lawinenprognostiker viel Schnee wünschen



Sport & Bewegung

Quelle: TCS Info Feed


Im Interview mit dem TCS erklärt Benjamin Zweifel, Lawinenprognostiker vom WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF), ob es diesen Winter in den Bergen gefährlich wird.

Herr Zweifel, der Sommer 2018 war auch in den Bergen enorm heiss, muss man deshalb mit mehr Lawinen rechnen für diese Wintersaison?
Nein, entscheidend für die Lawinensituation im kommenden Winter ist der Schneedeckenaufbau, der sich ab dem Herbst entwickelt. Der Sommer hat darauf keinen Einfluss. Wir als Schneefans hoffen natürlich, dass der ganze Niederschlag, welcher diesen Sommer ausblieb, im Winter in Form von Schnee kommt. Deshalb könnte es vielleicht einen schneereichen Winter geben. Oft zeigen schneereiche Winter einen günstigen Schneedeckenaufbau und daher auch eine eher geringfügige Lawinengefahr. Das ist aber schlussendlich alles Spekulation. Wir lassen uns überraschen.

Welche Faktoren begünstigen Lawinen?
Neuschnee und Wind führen zu einer erhöhten Lawinengefahr. Während lang anhaltenden Schönwetterphasen können sich zudem Schneeschichten wie z.B. Oberflächenreif bilden, die dann, wenn sie eingeschneit werden, für Tage oder gar Wochen eine kritische Schwachschicht in der Schneedecke darstellen. Dann ereignen sich oft viele Lawinenunfälle.

Woran kann man in den Bergen erkennen, ob eine Gegend gefährlich ist?
Eine erste Erkennung der Gefahr sollte zu Hause stattfinden, indem man das Lawinenbulletin bzw. den Lawinenlagebericht liest. Vor Ort kann man aber die Gefahr auch erkennen, beispielsweise durch frische Lawinenabgänge, Triebschneeansammlungen, Rissbildungen in der Schneedecke oder die berüchtigten „Wummgeräusche“. Wie es so schön heisst: „Bei Wumm kehr um“.

Wie können Skifahrer, Snowboarder und Tourengänger, die im freien Gelände unterwegs sind, Unfälle vermeiden?
Wichtig sind eben eine gute Vorbereitung und die Tour entsprechend den aktuellen Lawinenverhältnissen anzupassen. Eine Lawinenerfassung ist immer lebensgefährlich und deshalb gilt es, sie mit allen Mitteln zu vermeiden. Um das fundiert tun zu können, braucht es schon einiges an Ausbildung, Wissen und Erfahrung. Wer diese Fertigkeiten nicht besitzt, kann sich einem Bergführer anschliessen.

Woran erkennt man den Triebschnee?
Dazu empfiehlt sich der Besuch eines Lawinenkurses. Dort schult man sein Auge auf die Erkennung von gefährlichen Triebschneeansammlungen.

Inzwischen sind viele Urlauber mit teuren Lawinenrucksäcken unterwegs, die über eingebaute Airbags verfügen. Sind solche Rucksäcke hilfreich?
Standardausrüstung neben der Piste ist ein Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (LVS), eine Lawinenschaufel und eine Lawinensonde. Diese drei Utensilien sollte jeder Freerider oder Tourenfahrer dabei haben. Auch der Lawinenairbag ist ein gutes Hilfsmittel. Aber diese Geräte sind für den Notfall und keine Lebensversicherung. Wenn jemand mit der Lawine über ein Felsband abstürzt oder gegen einen Baum gedrückt wird, nützen diese Geräte nichts. Die wichtigsten Faktoren sind eine gute Vorbereitung, Ausbildung und das Vermeiden von Lawinen.

Sie sind Lawinenforscher, was fasziniert an dieser Tätigkeit?
Der Lawinenabgang ist ein sehr spektakuläres Ereignis. Es fasziniert mich, flösst aber auch Respekt ein. Der Umgang mit dem Lawinenrisiko ist das schwierigste Themengebiet im Bergsport und stellt uns vor grosse Herausforderungen. Die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten war aber gewaltig und ich bin überzeugt, wir können auch in Zukunft noch viel über Lawinen lernen. Und wenn wir weise handeln, sind wir vielleicht auch in der Lage, unser Risiko in den Bergen weiter zu vermindern.

Das WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF (bis 2008 Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung) in Davos im Kanton Graubünden ist ein interdisziplinär ausgerichtetes Forschungs- und Dienstleistungszentrum und gehört zur Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaftund und damit zum ETH-Bereich.

Es ist im Ortsteil Davos Dorf an der Flüelastrasse untergebracht und beschäftigt 130 Mitarbeitende. Das ehemalige Institutsgebäude auf dem Weissfluhjoch steht der Forschung nach wie vor zur Verfügung. Bereits im Jahr 1931 wurde in Bern die Eidgenössische Schnee- und Lawinenforschungskommission gegründet.

Mehr Infos: www.slf.ch

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