Eigenbluttherapie – körpereigene Heilkräfte

Eigenbluttherapie


Therapie

Quelle: TCS MyMed


Was sich genau hinter der Bezeichnung «Eigenbluttherapie» verbirgt und wann sie ein möglicher Therapieansatz ist, erklärt Dr. med. Primoz Potocnik, Oberarzt mbF des Kantonspitals St. Gallen.

Herr Potocnik, was ist die Eigenbluttherapie und wie funktioniert sie?
Die Eigenbluttherapie ist eine lokale Infiltrationsbehandlung (Spritzenbehandlung) mit Bestandteilen aus dem eigenen Blut. Andere Bezeichnungen sind PRP (Platelet Rich Plasma) oder ACP (Autologes Conditioniertes Plasma). Dieses wird unmittelbar vor der Infiltration dem Patienten entnommen. In der Regel benötigt man etwa 15 ml Blut. Das Vollblut wird für 5 Minuten in eine Zentrifuge gelegt, wo der rote Blutfarbstoff vom gelben Blutplasma getrennt wird. Dabei ergeben sich etwa 5 bis 6 ml Plasma. Das Blutplasma ist reich an Blutplättchen und Blutfaktoren, welche lokal eine entzündungshemmende und regenerationsanregende Wirkung entfalten. Es wird anschliessend in das erkrankte Gewebe gespritzt. Dort kann es die Wirkung langsam entfalten. Meistens reicht eine einmalige Behandlung nicht aus; sie muss in der Regel in einem Intervall von mehreren Wochen wiederholt werden, um eine optimale Wirkung zu erzielen.

Für welche Erkrankungen oder Beschwerden wird die Eigenbluttherapie eingesetzt?
In erster Linie wird die Eigenbluttherapie genutzt, um Entzündungen im Bereich der Gelenke und Sehnen zu behandeln. Im gleichen Zusammenhang kann sie bei leichtgradiger Abnutzung der Gelenke (Arthrose) verwendet werden, insbesondere dann, wenn andere Medikamente, wie das Kortison, nicht in Frage kommen. Auch ausserhalb der Orthopädie und Rheumatologie kommt Eigenbluttherapie zum Einsatz. In der Ästhetik und Dermatologie, Gynäkologie, Ophthalmologie und Zahnheilkunde wird diese in verschiedenen Indikationsbereichen verwendet.

Welche Vorteile bietet die Eigenbluttherapie im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden?
Die häufigste Infiltrationstherapie in Gelenken besteht aus einem Gemisch aus lokalem Betäubungsmittel und Kortison. Beides sind sehr potente Medikamente mit in der Regel gutem Effekt. Dennoch besteht bei beiden Medikamenten eine gewisse Knorpelschädlichkeit. Aus diesem Grund werden diese nur einmalig oder nur bei bereits stark vorgeschädigten Gelenken verwendet. Im Bereich der Sehnen kann Kortison ebenfalls zu weiterer Gewebeschädigung führen, die ein Reissen der Sehne (typischerweise in der Achillessehne) verursachen kann. Da die Eigenbluttherapie aus körpereigenen Substanzen besteht und keine weiteren Medikamente beigemischt werden, ist dieser negative Effekt nicht bekannt. Die Wirkung ist zwar ähnlich wie die bei Kortison, tritt aber nicht gleich schnell auf.

Gibt es Risiken oder Nebenwirkungen?
Die Risiken erklären sich in erster Linie durch die mechanische Applikation des Plasmas. Durch das Durchstechen der Haut können theoretisch Keime in die Tiefe gebracht und ein Infekt erzeugt werden. Da die Infiltration unter sterilen Bedingungen geschieht, kommt eine Infektion nach der Infiltration äusserst selten vor. Auch kann die Spritzennadel in der Tiefe Schäden verursachen, aber auch diese Komplikation ist sehr selten. Kurzfristig kommen gelegentlich vermehrte Schmerzen, kleine Blutergüsse, Rötungen und Schwellungen vor.

Wie läuft eine typische Sitzung der Eigenbluttherapie ab?
Nach einem klärenden Gespräch und dem Unterzeichnen der Einwilligungserklärung werden dem Patienten aus einer Vene etwa 15 ml Blut entnommen. Dafür gibt es spezielle Einwegspritzen. Diese werden ca. 5 Minuten in der Zentrifuge behandelt, und anschliessend wird das von freiem Auge sichtbare Blutplasma aufgezogen. Nach der Desinfektion der Haut wird das Plasma mit einer sterilen Nadel in die gewünschte Stelle infiltriert und die Wunde verbunden. In der Regel kann der Patient danach uneingeschränkt Gehen und auch Autofahren. Das muss aber zuvor mit dem behandelnden Arzt besprochen werden, da es Ausnahmen geben kann.

Wie lange dauert es normalerweise, bis erste Verbesserungen nach einer Eigenbluttherapie spürbar sind?
Je nach Anwendungsgebiet und Patient kann die erste Wirkung bereits nach wenigen Tagen, erst nach mehreren Wochen oder sogar mehreren Behandlungen auftreten.

Wie oft sollte die Eigenbluttherapie durchgeführt werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen?
Der vollständige Effekt tritt selten bereits nach einer Behandlung auf. Wir empfehlen, zwei bis drei Behandlungen im Abstand von zwei bis vier Wochen durchzuführen, abhängig von der Indikation.

Gibt es bestimmte Personengruppen, für die die Eigenbluttherapie nicht geeignet ist?
Mögliche Kontraindikationen für diese Therapie sind schwere Blutgerinnungsstörungen, akute und chronische Infektionen im Infiltrationsbereich und weitere Erkrankungen, die durch die Nadelpenetration verschlimmert werden könnten, wie lokale Tumoren oder einige Hauterkrankungen.

Mit welchen Kosten muss der Patient / die Patientin rechnen und werden diese von der Krankenkasse übernommen?
Die Eigenbluttherapie ist keine Pflichtleistung im Rahmen der Grundversicherung bei Krankenkassen. Einige Krankenkassen können diese Behandlung im Rahmen der Zusatzversicherungen übernehmen, dazu benötigt man aber eine Kostengutsprache im Vorfeld. Beim Einholen der Kostengutsprache wird Ihnen der behandelnde Arzt behilflich sein, doch Sie können sich bereits selbst im Vorfeld bei Ihrer Krankenkasse erkundigen. Häufiger muss der Patient diese Kosten selber tragen. Sie variieren ein wenig zwischen den Behandlern, sollten sich aber pro Sitzung und je nach Aufwand etwa zwischen CHF 160.– und CHF 250.– ohne Röntgen und etwa CHF 300.– bis CHF 400.– befinden, wenn für die Infiltration eine bis mehrere Röntgenaufnahme nötig sein sollten.

Dr. med. Primoz Potocnik
Oberarzt mbF


Stv. Leiter Fuss- und Sprunggelenk
Facharzt FMH Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates
Facharzt FMH Chirurgie, Schwerpunkt Allgemeinchirurgie und Traumatologie


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