So wichtig und doch meist vernachlässigt – die Fussgesundheit

Podologie


Therapie

Quelle: TCS MyMed


Die Füsse leisten jeden Tag Grosses und dennoch werden sie in der täglichen Pflegeroutine oft nicht berücksichtigt. Frau Yvonne Siegenthaler-Matter vom Schweizerischen Podologen-Verband SPV erklärt, worauf man achten sollte und weshalb die richtige Pflege der Füsse und die Wahl des Schuhwerks essenziell sind.

Frau Siegenthaler-Matter, wie häufig sind Fussprobleme in der Schweiz?
In der Schweiz leiden rund 40 Prozent der Bevölkerung an Fussproblemen. Dies ist alarmierend, wenn man bedenkt, wie wichtig unsere Füsse sind. Täglich tragen sie uns durchs Leben. Ein Mensch geht dabei durchschnittlich fast viermal um die Erde, das sind 160 000 Kilometer oder etwa 270 Millionen Schritte. Sogar ein bequemer Büromensch setzt täglich rund 1 000 Mal einen Fuss vor den anderen. Leider danken wir das den Füssen viel zu wenig und schenken ihnen meist kaum Aufmerksamkeit.

Welche Probleme plagen Betroffene am häufigsten?
Häufige Auslöser für Fussbeschwerden sind Fehlstellungen. Unter anderem können Hammerzehen, ein Hallux valgus (eine Fehlstellung der grossen Zehe im Grundgelenk), ein Fersensporn oder andere Fussdeformitäten Schmerzen und Beschwerden verursachen. Aber auch eingewachsene Zehennägel, Hühneraugen oder übermässige Hornhaut können Fussprobleme verursachen.  

Welche verschiedenen Fussformen gibt es?
Die Fussform wird anhand der jeweiligen Zehenlänge und -geometrie eingeteilt. In Mitteleuropa sind die griechische, ägyptische und römische Fussform am meisten vertreten.

  • Griechische Fussform: Der zweite Zeh ist länger als die restlichen Zehen.
  • Ägyptische Fussform: Der grosse Zeh ist am längsten, während die restlichen Zehen in einer gleichmässigen Linie immer kürzer werden.
  • Römische Fussform: Die ersten drei Zehen sind gleich lang, die letzten beiden etwas kürzer.   

Während sich die Fussformen auf die Längen der Zehen beziehen, gibt es auch verschiedene Fusstypen, wie den gesunden, normalen Fuss sowie Fussfehlstellungen oder -deformitäten. Dazu gehören beispielsweise Spreiz-, Senk-, Hohl- oder Knickfüsse.

Worauf sollte man achten, wenn man neue Schuhe kauft?
Leider passen Modebewusstsein und Fussgesundheit nicht immer zusammen, was erhebliche gesundheitliche Folgen haben kann. Sind die Schuhe zu klein oder zu gross, zu weit oder zu eng, beeinflussen sie das Wohlbefinden und die Gesundheit massgeblich. Die Zehen brauchen Freiraum, die Ferse hingegen sollte fest umschlossen sein. Die Schuhe sollten sich nach den Füssen richten, nicht umgekehrt. 

Lohnt sich die Investition in gutes Schuhwerk?
Ja, es lohnt sich, in qualitativ hochwertige Schuhe zu investieren. Denn bei diesen wird darauf geachtet, dass der Ballenbereich gut gepolstert ist und die Statik des Absatzes für ein gutes Fussgefühl sorgt. Kaufen Sie Schuhe, die den ganzen Tag über getragen werden sollen, nach Möglichkeit am Nachmittag. Im Laufe des Tages schwellen die Füsse nämlich an.

Wie sieht es beim Kauf von High Heels aus?
Beim Kauf von High Heels sollte darauf geachtet werden, dass die Zehen genügend Platz zum Abrollen haben. Der Schuh muss am Ballen und an der Ferse festsitzen. Die Ferse darf nicht wackeln, sonst kann man leicht umknicken.

Und bei den beliebten Sneakers?
Bei den trendigen Sneakers sollte besonders auf die Sohle geachtet werden. Sie sollte rutschfest, druckstossfest und wasserdicht sein sowie einen guten Halt bieten. Günstige Modelle sind meist aus Kunststoff hergestellt, was ein klarer Nachteil für das Schuhklima bedeutet. Auch bei Sneakers aus Leder gibt es Qualitätsunterschiede. Das beste Leder nützt nichts, wenn es schlecht verarbeitet wurde. Aus podologischer Sicht empfiehlt sich auch, wenn immer möglich auf ein gutes Fussbett zu achten.

Probieren Sie beim Schuhkauf immer beide Schuhe an, nehmen Sie sich Zeit und seien Sie anspruchsvoll. Lassen Sie sich beim Kauf von einer professionellen Schuhberatung unterstützen.
Yvonne Siegenthaler-Matter, Schweizerischer Podologen-Verband SPV

Oftmals wird die Fusshygiene vernachlässigt. Wie pflegt man seine Füsse richtig und was sind die Folgen einer unzureichenden Hygiene?
Das stimmt leider. Meistens sind die Füsse in Socken und Schuhen verborgen und entziehen sich damit unserem Blickfeld. Solange sie keine Probleme oder Schmerzen verursachen, strafen wir sie oft mit Nichtbeachtung. Man sollte ihnen jedoch durchaus genügend Aufmerksamkeit schenken, beispielsweise mit regelmässiger Pflege in Form von Fussbädern und täglichem Eincremen. Waschen Sie Ihre Füsse stets gründlich. Beim Duschen reicht es nicht aus, einfach nur Wasser und Seife über die Füsse laufen zu lassen.

An den Füssen befinden sich besonders viele Schweissdrüsen. Durch das Tragen von geschlossenen Schuhen und das Schwitzen können sich Bakterien vermehren, was Fussgeruch begünstigt. Daher sollte man die Füsse einseifen und danach gut abspülen. Das Trocknen der Zehenzwischenräume nach dem Duschen und Baden ist ebenfalls wichtig für gesunde Füsse. Eine unzureichende Hygiene kann zudem zu Fuss- oder Nagelpilz sowie Ekzemen führen.  

Diabetiker:innen sollten der Fusspflege einen höheren Stellenwert einräumen. Wieso ist das so?
Um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden, ist bei Diabetiker:innen eine sorgfältige Kontrolle und Pflege der Füsse essenziell. Da die sensiblen Nerven beim diabetischen Fuss geschädigt sind, ist das Schmerzempfinden vermindert. Durch krankheitsbedingte physiologische Veränderungen sind die Füsse von Diabetiker:innen besonders anfällig für Verletzungen und Infektionen. Es gibt keine harmlosen Wunden und Verletzungen, denn ein charakteristisches Merkmal des diabetischen Fusses ist das vermehrte Auftreten von schlecht heilenden, infizierenden Wunden, die im schlimmsten Fall Weichteile und Knochen angreifen können. In besonders schwerwiegenden Fällen kann dies sogar zu Amputationen führen. Eine regelmässige professionelle Fusspflege ist absolut wichtig. 

Wie gesund ist es, wenn man barfuss geht?
Barfussgehen auf Wiesen, weichen Waldböden oder im Sand kann unseren Füssen, die fast immer in Schuhen stecken, durchaus helfen. Die Greiffunktion der Zehen wird beim Barfussgehen, zum Beispiel auf Naturböden, sozusagen auf Schritt und Tritt gefordert und gefördert. Zudem aktiviert es die Muskulatur, stimuliert die Durchblutung, regt das Immunsystem an und fördert die Koordination. Vorsicht ist hier jedoch bei Diabetiker:innen oder anderen Risikopatient:innen geboten.

Welche Folgen kann das regelmässige Tragen hoher Schuhe haben?
Schlecht sitzende Schuhe mit hohen Absätzen und einem schmalen Vorfussbereich können zu Hammerzehen führen. Im Gegensatz zum Hallux valgus sind Hammerzehen seltener genetisch bedingt. Auch Hühneraugen und Schwielen sind Probleme, die durch zu hohe und zu enge Schuhe auftreten können. Sie entstehen durch eine dauerhaft zu hohe Druckbelastung und Reibung. Eingewachsene Zehennägel entstehen in den meisten Fällen durch falsches Schneiden der Nägel. Dieser Prozess wird jedoch begünstigt, wenn die betroffene Person häufig enges und hohes Schuhwerk trägt. Der Nagel und das Nagelbett werden dadurch zusätzlich gegeneinander gedrückt. 

Zusätzlich wird empfohlen, die Füsse mit Gymnastik fit zu halten. Wie wichtig ist das und welche Übungen sollte man machen?
Da wir meist Schuhe tragen und auf flachen Böden gehen, wird die Fussmuskulatur einseitig beansprucht und abgeschwächt. Um auf funktionsfähige, kräftige und gesunde Füsse zählen zu können, lohnt sich regelmässige Fussgymnastik. Sie verbessert die Haltung und die Koordination, schützt vor Verletzungen und beugt Schmerzen, Knie- und Rückenbeschwerden vor. Die Fussmuskulatur wird gestärkt und die Bänder werden entlastet.

Bestenfalls integriert man Übungen in den Alltag, indem man zum Beispiel während des Zähneputzens von den Fersen auf die Zehen wippt oder umgekehrt oder sich dabei auf die Zehenspitzen stellt. Zudem kann man versuchen, möglichst weit vorne auf den Fussballen, möglichst weit hinten auf den Fersen oder auf den Aussenkanten der Füsse zu gehen. Versuchen Sie, mit den Zehen einen Gegenstand wie zum Beispiel einen Stift oder ein Tuch hochzuheben oder spreizen Sie die Zehen mehrmals so weit wie möglich auseinander. Dies sind nur einige Übungen, um die Füsse und den Bewegungsapparat fit zu halten.       


Gibt es weitere Massnahmen, die Sie zur Vorbeugung von Fussbeschwerden empfehlen?
Das Wichtigste für weiche und geschmeidige Füsse ist die regelmässige Pflege. Cremen Sie Ihre Füsse täglich ein. Neben Fusscremes, -bädern und -peelings können auch Ölmassagen mit Oliven- oder Mandelölen helfen, die Haut an den Füssen gepflegt und fein zu halten. Tragen Sie nicht zu viel Hornhaut ab. Bei der Anwendung eines Bimssteins oder eines Hornhauthobels ist Vorsicht geboten. Wird zu viel abgetragen, können gesunde und intakte Hautschichten verletzt werden und die Haut trocknet noch mehr aus.

Damit die Nägel nicht einwachsen, sollten sie gerade und nicht zu kurz geschnitten werden. Genauso wichtig ist das Tragen von guten und fussgerechten Schuhen.
 Bei Problemen wie Hühneraugen, eingewachsenen Nägeln oder übermässiger Hornhaut empfiehlt sich ein Besuch bei einer Podologin oder einem Podologen. Die Füsse von Risikopatient:innen wie Diabetiker:innen oder Rheumapatient:innen gehören in professionelle Hände.

Was sind Ihre Empfehlungen für Menschen, die beruflich viel stehen oder gehen müssen, um ihre Fussgesundheit zu erhalten? 
Tragen Sie alltagstaugliches, bequemes Schuhwerk mit flachen Absätzen und einer guten Passform, sodass die Zehen ausreichend Platz für Bewegung haben. Eine gute Ballen- und Fersendämpfung ist ebenfalls wichtig. Damit lassen sich Verspannungen und Gelenkverschleiss vorbeugen. Achten Sie darauf, dass Sie atmungsaktive Schuhe tragen. Hochwertige Lederschuhe sorgen für trockene Füsse und den Austausch zwischen warmer Luft im Schuh und frischer Aussenluft.

Anstelle von synthetischen Socken (Nylonsocken) tragen Sie besser Baumwollsocken. Diese transportieren den Schweiss nach aussen und mildern so die Feuchtigkeit im Schuh. Wechseln Sie Socken und Strümpfe täglich. Puder und Fussdeo-Sprays können helfen, unangenehme Fussgerüche zu vermeiden.
Wechseln Sie die Schuhe idealerweise täglich. Wenn fortwährend dasselbe Paar Schuhe getragen wird, verschleisst es schneller, da die Feuchtigkeit nicht entweichen kann.

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Podologie ist für viele zu Unrecht noch immer ein Fremdwort. Podologie bedeutet «nicht ärztliche Heilkunde am Fuss». Die Bezeichnung leitet sich vom griechischen «podos» für «Fuss» und «logos» für «Lehre» ab. Die Aufklärungsarbeit in Sachen Fussgesundheit ist den Podologinnen und Podologen ein grosses Anliegen. Nach einer eingehenden Anamnese, wie wir sie auch von der Medizin her kennen, berät und behandelt die Podologin oder der Podologe ein breites Spektrum an Fussbeschwerden.


Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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