Dr. Patrick Ruchat: Aufgrund von COVID-19 sollten andere Erkrankungen nicht vergessen werden



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Quelle: TCS MyMed


TCS MyMed sprach mit Dr. PD Patrick Ruchat, unabhängiger Spezialist für Herz- und Gefässchirurgie an der Clinique Cecil in Lausanne.

Dr. Ruchat, führen Sie weiterhin Sprechstunden durch?
Der Umfang meiner Sprechstunden ist um 60 bis 80 Prozent zurückgegangen. Einige meiner Patienten, bei denen ein Eingriff geplant ist, betreue ich einmal pro Woche telefonisch. Circa 70 Prozent der geplanten Operationen wurden wegen der Gesundheitskrise aufgeschoben. Viele Patienten haben ihren Eingriff freiwillig verschoben, da sie befürchtet hatten, sich während des Spitalaufenthalts anzustecken.  Meine postoperativen Kontrollen hingegen führe ich weiterhin täglich in der Klinik durch. Zwei bis drei Patienten pro Woche benötigen eine Notoperation, denn bei schweren kardiovaskulären Erkrankungen muss sofort gehandelt werden. In den Spitälern wurden Massnahmen ergriffen, damit die notwendigen chirurgischen Eingriffe bei grösstmöglicher Sicherheit durchgeführt werden können. Daher werden auch alle Patienten vor der Spitalaufnahme auf COVID-19 getestet. Diese Anweisungen wurden von der Waadtländer Ärztegesellschaft (Société Vaudoise de Médecine) entwickelt und geprüft, damit die Vorgaben der Bundesverordnung eingehalten werden.

Welche Veränderungen aus medizinischer Sicht haben Sie seit der COVID-19-Krise festgestellt?
Ich habe den Eindruck, dass seit Beginn der COVID-19-Krise alle anderen Erkrankungen in Vergessenheit geraten sind!  Ich bemerke einen unbewussten Vertrauensverlust und Angst aufseiten der Patienten. Viele wollen aus Furcht, sich mit dem Coronavirus anzustecken, kein Spital mehr aufsuchen, auch wenn es um ganz andere Erkrankungen geht. Dies gibt Anlass zu grosser Besorgnis. Denn bei einem Infarkt sind die Verletzungen des Herzmuskels umso grösser und irreversibel, je länger man wartet. Wenn man leicht in Atemnot gerät oder an Atembeschwerden leidet, muss dies nicht unbedingt auf eine COVID-19-Infektion hindeuten. Das Problem kann ganz anderer Art und sogar schwerwiegender sein. Ursprünglich sollte jeder Patient sein eigener Arzt sein und selbst entscheiden, ob seine Symptome schwer oder unerheblich sind - das war ein Fehler.

Nutzen Sie auch die Telemedizin?
In meiner Disziplin fehlt der Telemedizin eine wichtige Dimension, und zwar das Berühren, Ertasten und Abhören. Dies ist für die Erstellung einer Diagnose sehr wichtig. Ausserdem können sich Herzerkrankungen verändern und es besteht ein grosses Risiko, dass diese Patienten nicht ausreichend beobachtet werden, zumal heute viele nur noch an COVID-19 denken. Aus diesem Grund setze ich meine Arbeit wie bisher fort, denn Herzerkrankungen treten häufig auf und ihre Behandlung ist oft dringend.

Was möchten Sie den Patienten in dieser COVID-19-Krise sagen?
Meine Botschaft ist einfach. Trotz dieser bisher einmaligen COVID-19-Krise sind die Schweizer Ärzte der medizinisch-chirurgischen Disziplinen weiterhin tätig, damit auch alle übrigen Erkrankungen in der Bevölkerung behandelt werden können. Oft muss dabei sehr schnell vorgegangen werden, um die besten therapeutischen Ergebnisse zu erzielen. Die Patienten sollten wieder Vertrauen in ihr Gesundheitssystem fassen. Sie können die Spitäler oder Kliniken wie Cecil jederzeit aufsuchen, denn hier wird alles getan, um sie zu schützen. Gehen Sie bei Problemen unbedingt zu einem Arzt. Die Angst vor einer Ansteckung ist ein schlechter Ratgeber. Viele Erkrankungen sind schwerwiegender als COVID-19 und müssen umgehend behandelt werden. Die Gesundheitsfachleute sind jederzeit für Sie da, um Sie zu untersuchen und optimal zu versorgen.

Die Anzeichen eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls richtig erkennen, Schweizerische Herzstiftung: https://www.swissheart.ch/de/startseite.html.

Verwenden Sie diese Informationen nicht als alleinige Grundlage für gesundheitsbezogene Entscheidungen. Fragen Sie bei gesundheitlichen Beschwerden Ihren Arzt oder Apotheker. Surfen im Internet ersetzt den Arztbesuch nicht.

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